
#Filmadvent, Überraschung 5: Traum und Realität, Fantasie und Leben und Bühnestück vermischen sich in Eugenio Zanettis leichtfüßiger argentinischer Romanze. Als Leitmotiv für sein Regiedebut hat sich der seit Jahrzehnten erfolgreiche Theater- und Opernregisseur, der auch als Artdirector beim Film eine lange Schaffensliste vorweisen kann, Shakespeares Komödie „Ein Sommernachtstraum“ vorgenommen. Vor allem visuell weiß „Amapola“ zu überzeugen.
Die junge Amapola wächst wohlbehütet auf und vertraut dem Fluß ein Geschenk an, auf dass dieser ihr einst eine Liebe zurückgeben möge. Auf einer Insel nahe Buenos Aires betreiben ihre Eltern ein Opernhaus mit angeschlossenem Hotel, in dem quasi im Familienbetrieb eine Opernaufführung von Shakespeares „Sommernachtstraum“ aufgeführt wird. Das Leben und die Liebeleien sind ausgelassen.
Ein Jahrzehnt später kehrt Amapola (Camilla Belle) als junge Frau und ausgebildete Sängerin zurück. Ihre Ausbildungsreise hat sie in Begleitung ihrer Großmutter (Geraldine Chaplin) um die halbe Welt geführt. Dann kommt auch ein junger amerikanischer Fotograf an (François Arnaud), in dem Amapola sofort das Geschenk des Flusses erkennt. Doch bei allem Idyll hat die junge Frau auch Visionen von zerstörerischen zukünftigen Geschehnissen. Und Während der Sommernachtstraum auf die Bühne gebracht wird, gibt es in Liebes- und Familienangelegenheiten allerlei Klärungsbedarf.
Visionen einer Bedrohung
Eugenio Zanetti, der auch das Drehbuch zu seiner ersten Filmregie schrieb, variiert nicht nur Shakespeares Stück um die Liebe zwischen Hippolyta und Theseus, den Elfenkönig Oberon und den listigen Puck, sondern bringt auch die südamerikanische Erzähltradition des magischen Realismus mit nach „Amapola“, wie nicht nur die Protagonistin und Erzählerin, sondern auch das elterliche Haus benannt ist. Dazu kommt noch ein bisschen Mambo und argentinische Lebensfreude und fertig ist der wunderhübsch und sommerlich leichte Ringelreihen.
Allerdings macht der Regisseur seinen Zuschauern auch nicht allzu leicht, sich zu orientieren: munter werden hier die Ebenen vermengt und wechseln von Traum zu Realität, auf die Bühne und ins reale Leben. Chronologisch gibt es drei Fixpunkte: Zu Beginn des Filmes, als Amapola zehn Jahre alt ist, ist gerade Eva Peron gestorben (1952), dann wird die Militärdiktatur in den Sechzigern erwähnt und schließlich, während einer weiteren Vision von Amapola ist der Falklandkrieg gerade im Gange (1982).
Shakespeare trifft auf Magischen Realismus
Gerade diese eingespielten Fixpunkte der argentinischen Geschichte wirken aber überstrapaziert und nehmen der zeitlosen magischen Romanze ihre Leichtigkeit. Was als Gegengewicht zur Lebensfreude auf dem Inselidyll konzipiert ist, wirkt eher als Störfaktor.
Gerade im bühnenhaft überzogenen Agieren der Figuren während des gesamten Films liegt aber der eigentliche Charme von Zanettis „Amapola“. Hier kommt das verspielte durch und der musicalhaft eingestreute spontane Mambo wirkt weniger grotesk als vielmehr charmant und beschwingt. So auch die Romanze zwischen Amapola und Luke, dessen Anwesenheit in Südamerika allerdings wieder politisch begründet wird. Er ist vor der Einberufung zum Vietnamkrieg geflohen. Dennoch wirken viele der Charaktere zu komödiantisch angelegt, um wirklich mit ihnen zu fühlen.
Musikalisch, in Sachen Ausstattung und auch in Hinblick auf die Variation von „Shakespeares „Sommernachtstraum“ ist Eugenio Zanettis „Amapola“ opulent ausgefallen und kann weitgehend überzeugen. Inhaltlich ist die musikalische Romanze deutlich überladen und wirkt auf der Leinwand zu bühnenhaft.
Amapola – Eine Sommernachtsliebe
OT: Amapola
Genre: Romanze, Drama
Länge: 85 Minuten, ARG, 2014
Regie: Eugenio Zanetti
Schauspiel: Camille Belle, Gewraldine Chaplin, Francois Arnaud,
FSK: ab 6 Jahren
Verleih: 20th Century Fox
Kinostart: 18.06.2015
DVD-VÖ: Nicht in Deutschland
