Nestor Burma – Stress um die Strapse: Wäsche lüften

Der Pariser Privatdetektiv Nestor Burma wollte eigentlich mit Sekretärin Helene einen Lottogewinn feiern. Doch dann sitzt ein alter Juwelier vor der Tür und hat einen Auftrag. Kurz darauf ist der Mann verstorben. Und Nestor und Helene sind im 9. Arrondissement und im Nachtleben der französischen Hauptstadt unterwegs. „Stress um die Straße“ ist eine kolorierte Neuauflage in größerem Format, die bei den Comic-Krimi-Experten Schreiber & Leser Anfang August veröffentlicht wurde.

Wie schon erwähnt, stand eigentlich Feiern auf dem Programm. Aber wer kann sich schon leisten einen Klienten wegzuschicken? Zumal der im Paris Mitte der 1950er Jahre von Edelsteinen erzählt und nur wissen will, ob ein Szene-Chinese in die Sache mit den russischen Tänzerinnen verwickelt ist. Nun denn, dann gehen Helene und Nestor eben chinesisch Essen.

Beim Herumschnüffeln im Chang Pu wird Nestor Burma erwischt und muss sich handfest den Ausweg erraufen. Im Weglaufen nimmt er eine Blondinenleiche im Schrank wahr. Immerhin hat der Detektiv einen Werbezettel für ein Bordell gefunden. Doch der stellt sich als Fälschung eines Etablissements in Shanghai heraus, dass schon seit Ende der 1930er geschlossen ist. Nestor und Helene recherchieren weiter und hören von einer Russischen Offizierswitwe, die in zwischen in Paris Dessous herstellt. Bei der Modenschau übernimmt Helene die Ermittlungen vor Ort.

Im Bistro am Place Vintimielle

Mit einigem Entsetzen habe ich festgestellt, dass die großartigen Kriminalromane von Leo Malet aktuell und wohl schon länger nicht in Deutschland aufgelegt werden. Der französische Autor hat dutzende Krimis aus dem Noir Genre um seinen unangepassten Detektiv verfasst. Einige davon spielen explizit in einem Pariser Stadtteil, einem so genannten Arrondissement. So auch „Stress um die Strapse“ der im Original „Boulevard …Ossement“ betitelt ist und 1957 veröffentlicht wurde.

In Frankreich gehört Nestor Burma zum Kulturgut. Der anarchische Detektiv wurde in Serie verfilmt und von Comic-Meister Jaques Tardi auch in Graphic Novel Form adaptiert. Tardi hat sechs Geschichten adaptiert. Der Verlag Casterman hat die Tradition mit anderen Kreativen ab 2010 wieder aufgenommen. So erschien „Stress um die Strapse“ ursprünglich 2013 und wurde von Nicolas Barral in Bildform gebracht. Bei Scheiber & Leser war der Titel – wie andere aus der Reihe -auch auf deutsch zu bekommen.

Aktuell kriegen die Nestor Burma-Adaptionen ein koloriertes Make-Over und kommen in Farbe und größerem Format neu in den Handel. „Stress um die Strapse“ ist dabei einer der ersten Titel, die Verlagsseite gibt da weitere Auskunft.

Abend in der Rue Mogador. Revier der Bordsteinschwalben.

Comic-Künstler Nic Barral bleibt in seiner Bildsprache nahe an dem, was Tardi als Standard für die ikonische Figur gesetzt hat. das markante Kinn und die obligatorische Pfeife gehören einfach dazu. Und auch die Straßen und Ort im Paris der 1950er Jahre sind eine wahre Freude im Bild. Hier werden einmal mehr Zeitgeist und Atmosphäre auf filmreife Weise kreiert. Eine kleine Besonderheit ist Helenes Ermittlung, denn sie übernimmt dann auch die Erzählung.

Die vertrackte Geschichte in „Stress um die Strapse“ zählt nicht unbedingt zu meinen Leo Malet Highlights und möglicherweise fehlt es bisweilen etwas an Spannung und Dynamik, aber das liegt an der Romanvorlage, nicht an der Comic-Umsetzung. Wie immer bei den „Stadtteil-Ermittlungen“ beziehungsweise den „Neuen Mysterien von Paris“ gibt es am Ende einen kommentierten Anhang mit literarischem Stadtteil-Rundgang.

Ein Wiedersehen bzw. –Wiederlesen mit Nestor Burma ist schon immer sehr schön und weckt Fernweh in die Stadt an der Seine, ferne Zeiten und das vielbeschworene „Savoir vivre“. Wissen wie man lebt…mit oder ohne Lottogewinn. À bientôt, Nestor.

Bewertung: 7 von 10.

Nestor Burma – Stress um die Strapse
Genre: Krimi, Comic
Szenario & Zeinungen : Nicolas Barral
Vorlage: Gleichnamige Roman von Leo Malet (OT: Boulevard …Ossement)
Comic-Charaktere nach Tardi
Farben: Nicolas Barral & Philippe de Fuente
Übersetzung: Resl Rebiersch
ISBN: 978-3-96582-222-1
Verlag: Schreiber & Leser, Hardcover, 88 Seiten

Stress um die Strapse bei Schreiber & Leser

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