Pädagogisch wertvoll im #sommerkino25 mit „Bad Moms“ von 2016. Erziehung ist beileibe keine leichte Sache. Nach wie vor ist es in den allermeisten Gesellschaften so, dass die Hauptarbeit dabei bei den Müttern liegt. Insofern also naheliegend, dass sich eine US-amerikanische Komödie nun die Anforderungen der an moderne Mütter gehörig auf die Schippe nimmt. „Bad Moms“ ist dabei aber auch ein klares, wenn auch derbes Statement gegen den Drang zur Perfektion.
Amy (Mila Kunis) ist eine berufstätige Mutter. Direkt nach der High-School ist sie schwanger geworden und hat geheiratet. Jetzt hat die Frau anfang dreißig alle Hände voll zu tun, ihren Kids den Start ins Leben so perfekt wie möglich zu gestalten; und gleichzeitig noch Halbtags zu arbeiten. Während Amy täglich ihrem Multi-Tasking-Stress hinterherhechelt, hat sich Gatte Mike auf dem Versorgerposten bequem eingerichtet. Er i st im Alltag nicht wirklich eine Hilfe und hat sich eine Man-Cave eingerichtet. Als Amy ihn dann beim Online-Sex erwischt, hat sie die Nase voll.
Sie schmeißt den Ehemann raus! Und an nächsten Tag läuft das Fass Alltag auch direkt katastrophal über. Kranker Hund, verpasstes Business-Meeting, versetzte Kinder und so weiter. Als dann die Elternsprecherin Gwendolyn (Christina Applegate) auch noch ein außerplanmäßiges Elterntreffen ansetzt wegen eines Kuchenbasars, ist für Amy Schluss mit lustig. Zusammen mit der schüchternen Hausfrau Kiki (Kristen Bell) und der Alleinerziehenden Carla (Kathryn Hahn) gibt sie sich gehörig die Kante und lässt die ganze Supermutter-Nummer von da an schleifen.
Perfektion ist Sache der Götter
Plötzlich müssen ihre Kids sich selbständig die Pausenstullen schmieren und sehen wie sie in der Schule zurechtkommen. Ihr nerdiger Chef ist total irritiert, dass Amy auf ihren Arbeitszeiten besteht. Und Gwendolyn passt es überhaupt nicht, dass sie Gegenwind bekommt. Das lässt sie an Amys Kindern aus. Amy reagiert und kandidiert ihrerseits als Vorsitzende des Elternrates.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis das Phänomen der Helikopter- und Tigermütter auch als Komödien-Thema taugt. Und die „Hangover“-Autoren John Lucas und Scott Moore, die in „Bad Moms“ nach „21 & Over“ zum zweiten Mal auch Regie führen, haben das Thema mit all seinen Facetten in eine Komödie gepackt, die man von dem Duo auch erwartet hätte. Es geht zotig zu. Sex und Alkohol sind wichtige Bestandteile des humoristischen Konzepts. Das hätte auch nach hinten losgehen können, funktioniert aber vor allem aufgrund des großartigen Frauenensembles erstaunlich gut.
Auf der einen Seite die schlimmen Mütter Mila Kunis mit ihren beiden Sidekicks Kristen Bell und Kathryn Hahn. Auf der anderen das Trio der perfekt spießigen Mütter Christina Applegate, Annie Mumolo und Jada Pinkett Smith. Der Zickenkrieg zieht sich als roter Faden durch die Handlung. Daran aufgereiht die ganzen einzelnen Probleme, die Mütter so haben können. Bei allem Drang zum Besäufnis und der fast verzweifelten Suche nach einem (beschnittenen) One-Night-Stand für Amy, steckt in den Szenen doch viel alltägliches Drama. Amy leidet als berufstätige Mutter selbstverständlich an Sex-Defizit!
Der eigene psychologische und auch öffentliche Druck eine möglichst perfekte Mutter zu sein, tut ein Übriges. Dem hält „Bad Moms“ quasi einen Aufruf entgegen, es auch mal locker anzugehen. Ach ja, der Traumprinz, in diesem Fall den verwitwete alleinerziehenden Charmebolzen Jay Hernandez, darf selbstredend auch nicht fehlen.
Zickenkrieg und Helikopter-Mütter
Das Schema der Komödie ist nicht neu und der kalkulierte „Tabubruch“ steht wie etwa auch bei „Bad Teacher“ schon im Titel. Man nehme gesellschaftliche Erwartungen an eine bestimmt Bevölkerungsgruppe und hebele sie mit absichtlichem und überzeichneten Danebenbenehmen aus. Dermaßen karikiert, lässt sich aus der vermeintlichen gesellschaftlichen Norm dann doch wieder das „Gute“ herausfiltern und die Protagonisten (bzw. –innen) bekennen sich ja schlussendlich im Grunde auch dazu.
Vielleicht lässt diese Quintessenz von Bad Moms & Co. den Schluss zu, dass die us-amerikanische Gesellschaft (und nicht nur diese) viel stärker in ihren Konventionen und Verhaltensschemata verhaftet ist, als das Individuum immer annimmt? Also keine neue Botschaft. Aber eine Komödie mit großer Frauenpower! Und mit einigen wirklich gelungenen Dialogen und tollen Szenen, die am Ende auch noch die Hauptdarstellerinnen und ihre echten Mütter im Dialog zeigen. Frau kann sich bei der Erziehung Mühe geben, der Rest bleibt Hoffnung.
Die amerikanische Komödie „Bad Moms“ revolutioniert das Genre nicht, punktet aber mit aktuellen und wichtigem Thema, derbem Charme und einer tollen, sehenswerten Frauenriege. Aufgeben ist was für Väter. Immerhin fortsetzungswürdig.
Bad Moms
OT: Bad Moms
Genre: Komödie
Länge: 100 Minuten, USA, 2016
Regie: Jon Lucas, Scott Moore
Schauspiel: Mila Kunis, Christina Applegate, Kristen Bell, Jada Pinkett Smith, Cathryn Hahn.
FSK: ab 6 Jahren
Verleih: Tobis
Kinostart: 22.09.2016
DVD-VÖ: 20.01.2017