So ein bisschen nostalgisch kommt das Debut-Album der Band Wildflower schon daher. „The Cure“ präsentiert „Musik zum Genießen“, die sich in der Komfortzone klassischen Album oriented Rock (AOR) zuhause fühlt und poppige baladeske und folkige Elemente einfließen lässt. Weil sich die Band aus erfahrenen Musiker:innen während der Covid19-Pandemie formierte, darf die Hörerschaft die Musik wohl durchaus als Heilung verstehen.
Die Wildblume an sich ist je oft eher unscheinbarer als ihre hübsch gezüchteten Gartenschwestern. Und doch hat dieses Bild einer Waldlichtung oder einer Bergwiese etwas Idyllisches, das die Sehnsucht nach der „Natur“ anspricht. Das mag sich auch in musikalischer Folklore niederschlagen, wenn sie denn Trost spendet.
Musikalisch freilich hat der amerikanische Barde Tom Petty mit der Band „The Heartbreakers“ anno 1994 eine Wildblumen-Sammlung veröffentlicht, die in der Folge auch zur Benennung einer amerikanischen Cover-Band geführt hat. Mit jener Band „The Wildflowers“ sind „Wildflower“ aus der Gegend von Stuttart keinesfalls zu verwechseln.
Die Band besteht aus gestandenen Musiker:innen und hat sich laut Eigenauskunft während der Pandemie zusammengetan. Außer dem Album-Opener „Get a Little Closer“ sind die Kompositionen von Keyborder und Pianist Jean-Pierre Barraqué und die Texte von Sängerin Biggi Binder. Und tatsächlich hört mensch dem Album auch an, dass viele Kompositionen als Klavierbegleitung für Stimme entstanden sind, die dann ein Band-Arrangement bekommen haben.
„Good Vibrations Flow“
Das kennt die Hörerschaft aus der Klassik oder der Folklore und im erweiterten Rock-Bereich ist üblicherweise die elektrische Gitarre sound-bestimmend. „Bei Wildflowers“ ist das nicht der Fall. Die Instrumente fügen sich als Begleitband für die Stimme, die zu gefallen weiß. Insgesamt entsteht so eins ehr harmonischer und ausgewogener Bandsound mit einem Repertoire, das vorwiegend im getragene Midtempo-Bereich liegt.
Tatsächlich kommt mir das Album zu ruhig und zu glatt produziert vor. die Songstrukturen sind bekannt und die Liedlänge Radiotauglich gehalten. Die Texte wirken bisweilen etwas nah am Rock- und Pop-Klischee und es bleibt die Vermutung, dass mehr Eigenheit der Band gut zu Gesicht stehen würde.
„The Cure“ beginnt mit dem funky Stampfer „“Get a little Closer“ der auch Dynamik verbreitet und ins Mitgrooven bringt, inclusive klassischen Funk-Orgel und Backing Vox. „Childhood Days“ schlägt balladeske Töne an und ist melodiöse und nostalgisch. Schunkelpop würde ich meinen. Titelsong „The Cure“ präsentiert rockigere Keyboards und erinnert an Tom Petty beziehungsweise Eagly Eye Cherry, ist aber zurückgelehnter.
„Blue“ beginnt mit Piano und Stimme und entwickelt sich zu entspanntem balladesken Po. „Galway“ entführt anschließend mit Flöten- und Dudelsack-Einsprengseln in die Soundwelten poppigen Irisch Folks. „With Open Eyes“ würde die zweite Vinyl-Seite eröffnen, wenn solches veröffentlicht würde und ist dementsprechend wieder rockiger angelegt. Hier kommt eine Güterzug-Rhythmik zum Tragen und bisweilen zieht das Fahrttempo etwas an.
„Carefuly Opened Eyes“
„The Way“ kommt mir beinahe vor wie 70er Jahre britischer Prog-Rock. Das ist vor allem eine Soundfrage, denn die Ballade fügt sich in den Gesamteindruck des Albums. Auch „“Broken Wings“ mag mich ein wenig an Marillion zu Fish-Zeiten erinnern. „Here in your Arms“ ist wieder eine Piano-Ballade und das Format begleiteter Gesang funktioniert überzeugend. Abschließend kommt „Last Best Place“ nochmal ein wenig auf Touren. Der Hammond Orgelsound und der Rhythmus rocken im Midtempo dem Sonnenuntergang über der Blumenwiese entgegen.
So wie alter nicht vor Torheit schützt, so macht musikalisches Können noch kein mitreißendes Album. Die 10 Songs auf „The Cure“ sind allesamt wohl ausformuliert und charmant vorgetragen, allein das Mitreißende fehlt dem Rezensenten. Viele musikalische Wege wurden bereits anderweitig beschritten. Flagich auch, ob ohne Bandcamp und Musikvideo heutzutage noch eine Fanbase zu entwickeln ist.
Hinzu kommt, dass im ausgewogenen und wohltemperierten Sound einige Kanten und Eigenheiten weggebügelt werden. Das ist insofern schade, als dass ein wenig mehr Mut zum Kontrollverlust den gefälligen Songs eine weitere Dimension verliehen hatte. Aber das bleibt Geschmackssache. Am besten selbst ein Ohr riskieren.
Wildflowers legen mit ihrem Debütalbum „The Cure“ ein routiniertes, poppiges Rockalbum ab. Insgesamt sind die Songs eher weniger Flott als vielmehr getragen. Das ist schon schön und auch fein vorgetragen, aber auch in Sachen Sound zu glatt, ausgewogen und gefällig, um mich persönlich wirklich vom Hocker zu reißen. Die Band spielt unnötig auf Sicherheit. Rosen haben schließlich auch Dornen.
Wildflower – The Cure
Genre: Rock, AOR, Pop
Länge: 39:28 Minuten, 10 Songs, D, 2025
Interpret: Wildflower
Label: Eigenvertrieb
Fromat: CD, Digital
VÖ: 09.05.2025
Wildflower Besetzung
Bass – Rolf Kersting
Gesang – Biggi Binder
Gitarre – Steve Mushrush
Keys – Jean-Pierre Barraqué
Schlagzeug – Thomas Keltsch