Wenn sich die Band Gong Wah mit „The Healing Volume“ zurückmeldet, sorgt das erstmal für Verwirrung, denn weder ist durch Lautstärke Heilung zu erwarten, noch ist die melodische Rock- und Pop-Musik im Lärm zu verorten. Die Band selbst sagt „Fuzz Wave“ dazu. Vielleicht muss da Experten-Übersetzungswissen rausgekramt werden, schließlich kann „Volume“ auch Ausmaß, Umfang oder Buch bedeuten. Album Nummero Drei mag also inhaltlich einen therapeutischen Ansatz haben. Die tanzbare Musik hebt auf jeden Fall die Laune. Zu erstehen in gängigen Formaten bei Tonzonen Records ab dem 11. April 2025.
Üblicherweise ist der Verlust der Rhythmus-Abteilung für eine Band schon ein ziemlicher Umbruch. Das mag für die geneigte Hörerschaft oft nicht so wirken, weil Gesang und Soloinstrumente als Trademarks und Melodie-Zulieferer ja noch vorhanden sind, aber der Rhythmus und die tiefen Töne halten das Musizieren zusammen. Gong Wah haben sich seit ihrem letzten Album „A Second“ (2021) zu einem Trio verkleinert.
Gesundgeschrumpft könnte mensch meinen, denn ich las bei Tonzonen, das Gong Wah 2017 auch als Duo gestartet und schnell zum Trio ergänzt wurde, eben von jenen nun verbleibenden Musikern Thorsten Dohle, Felix Will und Inga Nelke. Seinerzeit habe es erste Guerilla Gigs gegeben -mit Beats und Klongs vom Band.
„I don’t wanna know whats going outside
Zurück zu den Wurzeln also? Wahrscheinlicher scheint mir, dass die kreative Präsenz als Dreifaltigkeit für die Musikerinnnen einfach stimmiger funktioniert. Ich bin nun, jenseits kurzen Vergleichshörens, nicht weiter mit dem Schaffen von Gong Wah vertraut, maße mir daher auch kein Statement zur musikalischen Entwicklung an, aber wer Ohren hat, mag Unterschiede feststellen.
Ich gestehe, dass ich mit der Musikbezeichnung Fuzz Wave so hinreißend gar nichts anfangen kann. Das sind zwei Buzzwords oder Sound-Elemente, die zu freiem Assoziieren anregen. In meinem Heavy Metal zerfressenen Kleinhirn kommt da experimentelle Sixties Psychedlic ums Eck. Ist aber bei Gong Wah nicht der Fall.
Everything is safe ‚cause i’m on my own
„The Healing Volume“ präsentiert überwiegend melodischen Rock mit Ausflügen in die New Wave der Achtziger. 10 Songs in 32 Minuten. Eingerahmt in Lächeln – „Smile (Can’t Wait to live another day)“ und „Innocent Smile“ – alsdann verfolgt von „Paranoia“. Das Ganze mit tanzbarer melodischer Ausrichtung, die Wert legt auf einprägsame Refrains und flotte Rhythmen. Und nein, ich kann keine Drum Machine ausmachen. Es scheint, als hätten sich Dohle und Will hinter Bass und Schlagzeug geklemmt. Im bandeigenen Chestnut Tree Studio haben auch alle drei Gong Wahs an den Synthies gespielt.
Das als Video/ Single ausgekoppelte „Smile“ hat für mich ganz eindeutig Parallelen zu der Band Juli, die einst „Die perfekte Welle“ besangen. Das liegt nicht nur an der gesanglichen Nähe von Inga Nelke zu Eva Briegel, sondern auch an der Songstruktur. Aber poppiger Rock ist poppiger Rock. Die Synthies türmen in Hintergrund das melodische Motiv aufeinander.
I’m lying on the carpet and feel very light
„What Love Means“ kommt mit industriellerem Beat und getragenerem Tempo düster wavig daher und auch die Effekte auf der Stimme sorgen für Achtziger Vibes. „Savage“ hat Cure Anleihen und bleibt ebenfalls im Ohr.
„Inside“ ist vielleicht einer meiner persönlichen Highlights, denn ich mag den vertrackten und treibenden Rhythmus. Der lockende Gesang tut ein übriges zum twangigen Gitarrenmotiv. Dreh mal die Klimaanlange hoch.
„Emily“ zeigt eine ganz andere Seite der Band. Der Song ist ebenfalls als Video/Single ausgekoppelt und kommt sehr charmant als reduzierter Songwriterinnen-Girlpop daher. Ich mag das. Ebenso wie den folgenden getragenen Song „Ashes“ der mit mehrstimmigen Vocals beginnt und auch gesanglich in Richtung der Balladen der isländischen Songwriterin Emiliana Torrini („Jungle Drum“) winkt.
Because i’m alone
„Hallowed Ground“ beackert dann wieder New Wave Territorium und „We Are Friends“ haut in eine derberer Achtziger Kerbe, die mit Monotonie in die zweite Hälfte aufbricht. „Innocent Smile“ zieht das Tempo wieder an und ist mit sehr eingängigem und überzeugenden Refrain ein weiterer Hit. Vor allem, wenn die Synthies zum Refrain hin aufdrehen. Abschließend gibt’s mit „Paranoia“ eine düstere und reduzierte Ballade, die dafür sorgt, den Adrenalinpegel wieder runterzuregeln.
Mit „The Healing Volume“ legen die Kölner Gong Wah ein überzeugendes und abwechslungsreiches modernes Synthie-Rock Album ab. Die Stilikonen der 80er werden nicht verleugnet, aber die zum Trio geschrumpfte Band ist sich ihrer Kompetenzen bewusst und schafft ihre eigenen Sounds. Das kommt zeitgemäß und melodisch rüber. Schöne Scheibe.
Gong Wah – The Healing Volume
Genre: Fuzz Wave, Synthie Rock, New Wave, Pop Rock
Länge: 32 Minuten, 10 Songs, D, 2025
Interpret: Gong Wah
Label: Tonzonen Records
Vertrieb: Cargo
Format: CD, digital, Vinyl
VÖ: 11.04.2025
Gong Wah Homepage
Bandcampseite von Gong Wah
Healing Volume bei Tonzonen Records
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