Bei brutstatt.de wurde „Nächster Halt: Fruitvale Station“ zum Kinostart kurz vorgestellt. Anlässlich des Kinostarts von Cooglers aktuellem Film „Blood & Sinners“ hier eine ausführlicher Vorstellung des Dramas von 2014, die zum Kinostart an anderer Stelle erscheinen war. „Nächster Halt: Fruitvale Station“ beruht auf wahren Begebenheiten. Der Tötung eines jungen Afroamerikaners durch die Polizei, die seinerzeit 2009 zu massiven Protesten führte.
Silvester hat Mutti Geburtstag. Und auch wenn es bei dem 22jährigen Oscar Grant (Michael B. Jordan) gerade überhaupt nicht rund läuft, vergisst er seine Mutter Wanda (Octavia Spencer) nicht. Oscar hat mit seiner Freundin Sophina (Melonie Diaz) zusammen eine Tochter, Tatiana (Ariana Neil). Doch der Haussegen hängt häufig schief, weil Oscar in der Vergangenheit mit Marihuana gedealt hat und dafür auch schon im Gefängnis saß.
Er gibt sich zwar Mühe, seinen Lebensunterhalt legal zu verdienen, doch den Job im Supermarkt hat er gerade verloren und die Miete ist fällig. Außerdem steht Wandas Geburtstagsparty an und seine Schwester pumpt ihn auch noch an. Da fällt es schwer konsequent zu bleiben und nicht in alte Gewohnheiten zu verfallen. Doch Oscar will sich ändern…
Am Neujahrsmorgen 2009 wird an einer U-Bahnstation ein junger Afroamerikaner, der sich mit Freunden auf dem Rückweg vom Feuerwerk in San Francisco befindet, von Sicherheitskräften der Bay Area Verkehrsbetriebe getötet. Der Vorfall führte zu massiven öffentlichen Protesten, Demonstrationen und Ausschreitungen. Der junge Filmmacher Ryan Coogler hat daraus nun ein intensives Drama gemacht, welches die letzten 24 Stunden des jungen Mannes nachvollzieht.
Feuerwerk über der Bay Area
„Nächster Halt: Fruitvale Station“ ist ein beeindruckender Film, der von Anfang an keinen Zweifel daran lässt, dass es nicht gut ausgehen wird. Neben der beeindruckend unaufdringlichen, aber düsteren Musik von Ludwig Göransson, die die alltäglichen Szenen in Oscars Leben unterlegt, ist es vor allem der Vorgriff auf besagten Zwischenfall mit tödlichem Ausgang, festgehalten von Handy-Kameras, der die Stimmung in Ryan Cooglers („Black Panther“) Debutfilm bestimmt.
Der Film folgt akribisch der Rekonstruktion jener letzten 24 Stunden im Leben von Oscar Grant. Das Drama nimmt an der dramaturgisch richtigen Stelle einen Rückblick Oscars Inhaftierung im Jahr zuvor. Durch diesen erzählerischen Kniff kann die Geschichte glaubhaft machen, dass der junge Mann auf dem Weg in ein neues Leben ist. Es dauert auch nicht lange, bis der von Michael B. Jordan grandios dargestellte Oscar sich als sympatischer, mitfühlender und hilfsbereiter Mensch erweist.
Zwar hat der Protagonist durchaus seine Schwächen aber im Grunde ist Oscar ein netter Kerl. Umso abrupter stürzen die am Ende folgenden Ereignisse mit ihrer Willkür und absurden Zufälligkeit auf Oscar und den Zuschauer ein. Und auch daran lässt „Nächster Halt: Fruitvale Station“ zu keinen Zeitpunkt einen Zweifel aufkommen: Oscar ist in dieser Situation ein unschuldiges Opfer des brutalen, weil völlig überforderten Security-Personals.
Als Film ist „Nächster Halt: Fruitvale Station“ auch deshalb so intensiv, weil die Kameraarbeit von Rachel Morrison wirklich grandios ist. Das beinahe Dokumentarische des Drehbuchs findet seine Entsprechung in den Kameraperspektiven, die sehr auf die Perspektive Oscars bezogen sind, ihm folgen oder auch tatsächlich seinen Blickwinkel einnehmen. Ebenso wirkt auch die Bildqualität bewusst handgemacht, ohne dabei je den dramaturgischen Faden zu überspannen oder zu verleugnen, dass es sich um ein Drama handelt.
Der tödliche Weg nach Hause
Für einen Erstling ist der Film mehr als beachtlich, doch die dramatische Aufarbeitung eines für die amerikanische Gesellschaft so gravierenden Ereignisses wirft auch fragen jenseits der Filmkunst auf. Die Tötung Grants hat zu massiven Empörungen geführt, die sich auch in gewalttätigen Unruhen Ausdruck verschafften wie seinerzeit auch die Polizeigewalt gegen Rodney King zu Ausschreitungen führte.
„Nächster Halt: Fruitvale Station“ weist im Abspann darauf hin, dass die Sicherheitskräfte und der Verantwortliche bei der BART Police (Bay Area Rapid Transit) entlassen wurden. Ebenso wurde der schießende Sicherheitsmann vor Gericht gestellt und verurteilt, allerdings aufgrund fahrlässiger Tötung, da er behauptete, die Waffe mit dem Elektroschocker verwechselt zu haben. Nach elf Monaten war der Mann wieder frei.
Das kam und kommt vielen, auch und gerade, Afroamerikanern unangemessen vor. Damit muss sich eine Gesellschaft auseinander setzen. Aber auch mit solchen Phänomen wie Zivilcourage, öffentliche Sicherheit und Autoritätsmissbrauch. „Fruitvale Station“ liefert einen Anlass.
Auch wenn die Ereignisse im Grunde bekannt sind, ist „Nächster Halt: Fruitvale Station“ ein beklemmendes und intensives Drama, in jeder Hinsicht zu überzeugen weiß.
Nächste Halt. Fruitvale Station
OT: Fruitvale Station
Genre: Drama, Biografie
Länge: 85 Minuten, USA, 2013
Regie: Ryan Coogler
Schauspiel: Michael B. Jordan, Melonie Diaz, Ocvtavia Spencer, Chad Michael Murray,
FSK: ab 12 Jahren
Verleih: DCM / Leonine
Kinostart: 01.05.2014
DVD-& BD-VÖ: 02.10.2014