Im Schatten der Träume: Die Lieder von Jary und Balz

Die Ohrwürmer von Zarah Leander sind weithin bekannt und bleiben auch immer gleich im Gedächtnis. Viele der Kompositionen und Worte stammen von dem Komponisten Michael Jary und dem Texter Bruno Balz. Die beiden gelten als das erfolgreichste Autorenduo der deutschen Unterhaltungsmusik. Ihre Geschichte erzählt die Doku „Im Schatten der Träume“ von Filmmacher Martin Witz als kommentierte Zeitreise. Zu sehen in der Edition Salzgeber und in Kino ab dem 6. Februar 2025.

„Davon geht die Welt nicht unter“ heißt es in einem Schlager aus dem 1942 in Deutschland gedrehten Film „Die große Liebe“. Gesungen von Zarah Leander, die außerdem noch „Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehen“ vorträgt. Die Filmmusiken und populären Lieder stammen von Jary und Balz.

Der Film „Die große Liebe“ wird im Nachhinein als Durchhaltepropaganda der Nationalsozialisten angesehen. Der Krieg lief schon nicht mehr so, wie sich Hitler und Konsorten das wünschten und die Bevölkerung bekam davon Notiz. Es geht um einen Soldaten, der sich ein eine Sängerin verliebt. Im Luftschutzkeller kommt man sich näher, aber es reihen sich Missverständnisse aneinander, bis der Soldat in den Krieg muss. Doch alles wendet sich für die junge Leibe zum Guten und das Paar blickt hoffnungsfroh in die Zukunft.

Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern

Das musikalische Trio fühlte sich damit verkannt, einen Durchhaltefilm gedreht zu haben. Schließlich seien die Texte der Lieder sowohl für als auch gegen das Regime zu interpretieren. Gerade diese Offenheit sein eine subversive Art des Protestes gewesen. Auch habe man, wie der eine oder andere Experte in „Im Schatten der Träume“ betont, im Dritten Reich bis dato selten soviel Lebens- und Kriegsrealität auf der Leinwand gesehen wie in „Der große Liebe“.

Keine Angst, keine Angst, Rosmarie!

Das mag ebenso zutreffen wie die Einschätzung, man könne niemandem vorwerfen, dass er keinen Widerstand geleistet habe. Immerhin hatte Bruno Balz als offen homosexueller Mann schon einige Gefahren auszustehen. Michael Jary wurde bei der Aufführung seiner Abschlussarbeit an der Universität von Störenfrieden als polnischer Jude diffamiert. Beides nicht zutreffend, aber doch nicht karrierefördernd.

Wir lassen uns das Leben nicht verbittern

Und dennoch hat dieses Duo arbeitsam und auch freundschaftlich zueinander gefunden und die Karriere der schwedischen Ikone Zarah Leander maßgeblich befeuert. An einer Stelle der Doku wird argumentiert, das der deutsche Film vor allem eines sein musste – erfolgreich. Und wenn dazu dieses Musikduo nötig ist, dann, kann man mit dieser Begründung auch schon mal den schwulen Kollegen aus dem Gefängnis holen.

Keine Angst, keine Angst, Rosmarie! (aus „Paradies der Junggesellen“)

Wobei Musikhistoriker und Musiker Götz Alsmann den einen oder anderen launigen Kommentar auf das Filmpublikum loslässt. Etwa die These, dass die Nazis überhaupt nicht wüssten, was Jazz und Swing, die verboten waren, überhaupt ausmache. Viele der zeitgenössischen Erfolgslieder seien eigentlich deutscher Swing.

Filmmacher Martin Witz („The Substance – Albert Hoffmans LSD“) ist im Filmbereich auch als Soundingenieur- und Editor erfolgreich und nähert sich seinem musikalischen Thema chronologisch den Biografien der Protagonisten folgend und unter Verwendung von zeitgenössischen Filmausschnitten. Dazu gesellen sich Gesprächspartner wie Micaela Jary, die Tochter des Komponisten, Film-Experte Rainer Rother, Schulen-Aktivist Manfred Herzer, Musikhistoriker und Swing-Experte Götz Alsmann und andere.

„Im Schatten der Träume“ ist in der leichten Unterhaltsamkeit gehalten, die auch die Film-Operetten mit den beliebten Schlagern auszeichnetet. Das mag bisweilen etwas unkritisch wirken, aber es blickt doch hinter den Erfolg der Musik von Jary und Balz. Es scheint dem Regisseur vor allem um die Wirkmächtigkeit der Musik zu gehen und nicht um die Gesinnungsprüfung der Beteiligten, die auch in der Bundesrepublik noch bis in die 1960er Jahre Erfolge mit Filmmusik und Schlagern feierten. Dass ist unterhaltsam und inspiriert durchaus sich selbst einen Eindruck zu verschaffen.

Bewertung: 3.5 von 5.

Im Schatten der Träume
OT: Im Schatten der Träume
Genre: Doku, Zeitgeschichte, Musik,
Länge: 90 Minuten, D/ CH, 2024
Regie: Martin Witz
Mitwirkende: Götz Alsmann, Micaela Jary, Claudia Wick, Rainer Rother
FSK: ab 12 Jahren
Verleih: Edition Salzgeber
Kinostart: 06.02.2025

Filmseite bei der Edition Salzgeber
Wikipedia-Eintrag Michael Jary
Bruno Balz bei Wikipedia

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