Des Teufels Bad: Hüfttief im Schlick

Mitte des 18. Jahrhunderts heiratet eine junge Frau in Miederösterreich in eine Fischersfamilie. Doch das erhoffte Lebensglück bleibt aus. In einer finsteren ländlichen Szene kriecht das Grauen aus allen Poren der Lichtlosigkeit. Das österreichische Regie-Duo Veronika Franz und Severin Fiala erzählen einen eindrücklich bedrückenden und ziemlich gruseligen Historienfilm. Das mag mach eine:r für Folk Horror halten, aber dafür ist das Drama zu vielschichtig. Bei der Berlinale im Februar 2024 gab es für die Kameraarbeit eine Auszeichnung. Nun kommt „Des Teufels Bad“ mit einer wagemutigen Anja Plaschg in der Hauptrolle in die Kinos.

Agnes (Anja Plaschg) freut sich auf die Hochzeit mit Wolf (David Scheid). Dessen Familie hat in einem Nachbartal einen Karpfenteich und gilt als wohlhabend. Mit ihrer Mutter und dem Bruder macht sich Agnes auf den Weg zur Hochzeitsfeier. Doch ihr Gatte scheint sie kaum wahrzunehmen.

Wolf hat ein Haus für das junge Paar gefunden, damit sie nicht bei der Mutter wohnen müssen. Wolfs Mutter (Maria Hofstätter) aber hilft beim Einrichten und gibt der jungen Braut Anweisungen zur Haushaltsführung. Neben der schweren körperlichen Arbeit in den Karpfenteichen, die Agnes nicht gewohnt ist, erwartet Wolf von ihr Essen auf den Tisch zu bringen. Erwartet wird von dem Paar auch bald ein Kind, doch Wolf macht keine Anstalten sich Agnes zu nähern.

Immer stärker kommt sich die junge Frau verloren vor, weiß nicht, was an ihr nicht funktioniert. Die Entfremdung und die Schwermut werden auch nicht besser, als der Bader Agnes einen Faden in den Nacken näht, an dem die Teufelsneigung ausgeleitet werden soll.

Bei den Karpfenteichen

Dem gruselig finsteren historischen Drama „Des Teufels Bad“ steht der Prolog einer Kindesmörderin voran, die sich selbst anzeigt und deren bizarres Mahnmal am Rand des Tales steht, in das Agnes hinein heiratet. Am Ende gibt es noch eine historische Feststellung um das Gesehene einzuordnen.

Eigentlich aber braucht es keine Begleitung um in das karge ländliche Niederösterreich des Jahres 1750 einzutauchen. Ein wenig erinnert die düstere Stimmung an den österreichischen Western „Das finstere Tal“ (2014), gelegentlich fühlt sich der Genrefan möglicherweise versetzt in eine ähnlich bedrohliche Stimmung, wie sie Robert Eggers „The Witch“ (2015) hervorgerufen hat. Allerdings geht es in „Des Teufels Bad“ keineswegs mit dem Teufel zu. Auch wenn dieser und sein himmlischer Gegenspieler das Weltbild der frommen Talbewohner komplett diktieren.

Kleine Totemtiere

Und dennoch ist die gottesfürchtige Agnes in dieser pragmatischen Dorfgemeinschaft, die von der Karpfenzucht beherrscht wird, gerade wegen ihrer Religiosität so andersartig. So zugezogen, dass es bisweilen den Kommentar herausfordert, der Sohn der Gänglin hätte sich eine hiesige Frau suchen sollen. Und überhaupt, Nachwuchs sei ja auch nicht in Sicht.

Alles geht seinen schlammig, kaltfeuchten Gang, doch Agnes wird von ihrer Umwelt zunehmend alleingelassen und ignoriert. Aus dieser verfahrenen, eiseskalten Einsamkeit scheint es kein Entrinnen zu geben.

Das Grauen und das Drama entwickeln sich in „Des Teufels Bad“ wie in den wenigen anderen Filmen des Regie-Duos Veronika Franz und Severin Fiala (Ich seh, ich seh“, „The Lodge“) mit gemächlichem Schritt, gerade so, wie die Unausweichlichkeit einer Strafe sich nicht eilen muss, denn sie ist aus sich heraus mächtig, also rechtens.

Gerade draus ergibt sich die faszinierend morbide Fülle der Beobachtung. Wenn nichts geschieht hat das Publikum Gelegenheit den Menschen in die Augen und die Seele zu sehen, hat Muße Details wahrzunehmen, die zarter aufzeigen, wie das Leben funktioniert.

So liebevoll Agnes kleine Dinge aus der Natur als Talismane sammelt, so achtlos fegt Wolf sie vom Fensterbank. So freudig sich Agnes auf die gottgewollte Ehe vorbereitet, so trinkfest prostet Wolf beim Fest dem feschen Nachbarn zu. Es gibt viel zu entdecken in den ruhigen, wohlkomponierten und winterkargen Bildern, die von Kameramann Martin Gschlacht („Revanche“, „Ich seh, ich seh“) stilsicher eingefangen werden.

Gottverlassen

Es dauert eine Weile, bis das Hauptthema des Films ansprechbar wird, und das ist durchaus gewollt. Zudem aber gelingt es „Des Teufels Bad“ auch einen erstaunlich realistisch wirkenden Blick auf ein finsteres Zeitalter zu werfen. Die Filmmacherinnen haben ausgiebig recherchiert und waren doch erleichtert, als eine Historikerin zusammenfasste, dass es so wenig Quellen zum einfachen Leben in Niederösterreich um die dargestellte Zeit gäbe. Der Film solle doch einfach darstellen, was sich richtig anfühlt.

Und obwohl sich „Des Teufels Bad“ inhaltlich grundsätzlich falsch anfühlt, sieht vieles stimmig aus. Zudem lässt sich thematisch etliches auch in die Gegenwart übertragen. In gesellschaftlichem Zusammenhang „funktionieren“ zu müssen, war und ist zu allen Zeiten eine vorhandene Erwartungshaltung.

Wirklich zum Leben erwacht „Des Teufels Bad“ aber durch die furiose Darstellung der Agnes. Die Musikerin Anja Plaschg, hat als Soap&Skin auch den Soundtrack beigesteuert, verleiht der Agnes jedoch vor allem jene Unschuld, die eines Gotteslamms würdig ist. Der Rest ist in dem faszinierende, aber düsteren und nicht immer leicht zu ertragenen historischen Drama „Des Teufels Bad“ zu bestaunen.

Trostlosigkeit und Gefühlskälte führen zu Einsamkeit und Depression. Die Ausweglosigkeit eines Lebens, das nicht funktioniert, ist heute ebenso wie damals anno 1750 eine schwierige Angelegenheit. „Des Teufels Bad“ findet dafür finstere und stimmige Bilder und macht so auch auf ein historisches Phänomen aufmerksam, das heute bizarr erscheint. Stimmungsmäßig ist „Des Teufels Bad“ immer wieder nahe am Gruselfilm, doch der Schwerpunkt Dramas ist eine psychologische Herausforderung. Sicherlich einer der Eindrücklichsten Filme des Jahres.

Film-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

Des Teufels Bad
OT: Des Teufels Bad
Genre: Historie, Horror, Drama,
Länge: 121 Minuten, A, 2024
Regie: Veronika Franz, Severin Fiala,
Schauspiel: Anja Plaschg, David Scheid, Marie Hofstätter
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Plaion Pictures
Kinostart: 14.11.2024

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