Juke Cove – Tempest: Album Review

Ein Sturm zieht auf! Doch die Freund:innen schweren Rocks müssen keinen Unterstand suchen, sondern sollten das Unwetter begrüßen, das Juke Cove aus Leipzig auf ihrem aktuellen Album „Tempest“ heraufbeschwören. Angesichts aktueller Hochwasserlagen vielleicht nicht mein bester Texteinstieg, aber das Stoner Doom Trio legte schon Anfang Mai 2024 den Tonträger vor, der hier zur Huldigung kommt. wie der Vorgänger „Remedy“ ist Tempest“ gleichfalls beim findigen Label Interstellar Smoke Label als CD und Vinyl erschienen.

Manchmal, so wie im vorliegenden Fall, tut es mir wirklich leid, dass ich das Album nicht zum Veröffentlichungstermin vorgestellt habe. Das ist ja für die Künstler:innen wichtig, dass sie flott Feedback kriegen und dass der Tonträger Fahrt aufnimmt. Möglicherweise hat da neben dem konstanten Zeitmangel auch die eher absehbare Erwartungshaltung des Rezensenten hineingespielt. Immerhin würde der Vorgänger „Remedy“ auf diesen Seiten vorgestellt und für solide befunden.

Und dennoch war es eine mittelschwere Überraschung, als ich mich in dem aktuellen Album „Tempest“ verloren habe. Zunächst war ich soundtechnisch etwas irritiert, weil das Album „nur“ in digitaler Form vorlag, folglich nicht über die Hi-Fi-Anlage lief, sondern aus den Notebook-Lautsprechern plärrte. (Ja, weiß ich selbst, dass der Sound nix taugt.) als fix die Kopfhörer raus und es entfaltete sich ein ganz anderer Klangkosmos.

Hamersongs und Supersound

Der Sound ist hinreißend, klar und wuchtig. Die Aufnahmen wurden im heimischen Leipzig im Studio von Arvid Siftler gemacht und später dann von Haldor Grunberg (Satanic Audio) gemischt und das Ergebnis ist fulminant. So muss ein schwer rockendes Trio klingen. Alle drei Instrumente sind klar und prägnant im Gesamtsound auszumachen.

Gitarre und Gesang von Mateusz Pietrzela stehen quasi notgedrungen in Vordergrund, weil sie Aushängeschilder des Bandsounds sind und von den meisten Leuten als erstens wahrgenommen werden. Aber das alles ist nichts ohne Rhythmus-Sektion und Schlagzeuger Maxim Balobin und Bassist Dima Ogorodnov spielen irrwitzig gut zusammen. Selten habe ich einen so klaren Becken Sound gehört wie auf „Tempest“. Das ist schon eine Kunst für sich, damit nicht den ganzen Bandmix zu verkloppen.

Vergleichbar vielleicht mit dem „The Obsessed“-Schlagwerker zu „The Church within“-Zeiten, Greg Rogers. oder dem „Pride & Joy“-Schmied Brian Tichy, die live beide reingehauen haben wie nix Gutes und so eine Schlagzahl hingelegt haben, die für nackenbrechendes Rocken unerreicht geblieben sind.

Basser Dima füllt im Soundgefüge von Juke Cove bei weitem nicht nur die Soundlücken, sondern setzt mit seinen furiosen und prägnanten Bassläufen Wegmarken und Orientierung in den instrumentalen Spaziergängen. Wobei die Gitarre durchaus selbst schwer rifft und eine eigene Wucht entfaltet.

Auf den Bühnen geschmiedet

Das Trio internationaler Herkunft ist in Leipzig beheimatet und musiziert seit 2018 zusammen, daraus resultiert nun der dritte Tonträger und die Band ist (abgesehen von den Covid-19 Jahren, regelmäßig und ausgedehnt auf den Bühnen des Kontinents zu hause. Das zahlt sich aus. Waren anfangs noch die krautrockigen und space-rockigen Jams im doomigen Gesamtsound präsenter, stehen auf „Tempest“ alle Zeichen auf Rock.

Sicherlich ist in den heavy Rock noch Raum für ausgedehnte Instrumentalabfahrten und längere Songs, die vielschichtige Teile unterschiedlicher Stile verbinden, aber grundsätzlich haben Juke Cove noch nie so fett gerockt wie auf „Tempest“. Das steht der Band sehr gut zu Gesicht. Und ich höre da ein großes Selbstbewusstsein, dass sich das Trio in den letzten Jahren seit „Remedy“ erspielt hat.

Mensch muss sich erst einmal trauen, ein Album mit 100 Sekunden instrumentalen Warmlaufens einzuleiten, bevor es beim Opener „The Path“ endlich abgeht. Da folgt die musikalische Form dem Inhalt: nach einer Phase der Orientierungslosigkeit wird der Weg sichtbar. Der Gesang bleibt weitgehend verhalten. Weiter geht’s mit einem Knall. Der verhallt, bis „Hypnosis“ mit einem fetten mantraartigen Basslauf einsetzt und sich wild steigert. Hinreißendes Fuzz-Solo inklusive.

„Confined“ hat in eine ähnliche Kerbe, rockt charismatisch los und kommt in der Mitte zum Flower Power teil. sehr melodischer Gesang dazu und da ist fast ein Hit zu hören. „Wait“ wurde bereits als Video/Single ausgekoppelt und kommt mit melodisch verspielten instrumentalen Landschaften rüber. Sehr schöne Dynamik zwischen den einzelnen Songparts und ein feines Video. Der Gesang kommt wieder relativ klar und ohne Effekte rüber.

Im Sturmlauf nach Xanadu

Der Titelsong „Tempest“ beginnt atmosphärisch mit präsentem Bass und verhaltenem Schlagzeug. Die Gitarre macht die sich auftürmenden Wolken klar und nach 2:30 Minuten gibt’s auch Gesang. Nach etwa 5:30 Minuten zieht das Unwetter weiter und die Stimmung klärt sich noch 2 Minuten lang auf. „Glow“ ist ein fetter Bolzer, der mit Wucht und Power in den Moshpit zieht wie ein Maelstrom. Inclusive ruhigerem Teil und Dynamik.

Und dann kommt die Überraschung des Albums. „Burst“ ist genau das, was der Titel beschreit: Ein Ausbruch an schneller hard rockender und street punkiger Wut. Schnell und auf den Punkt. Keine Spielereien, keine mäandernden Parts, kein Schnickschnack, nur auf die Zwölf. Jede heavy rockende Band sollte so einen Song im Repertoire haben. Besser kann mensch die Chose live nicht auf den Punkt bringen. Das Schweizer Armeemesser unter den Livesongs. Als Opener, um das Set zu beenden, oder als Zugabe. quasi quick and to the pointless.

Zum Abschluss eines außergewöhnlichen und sehr eigenständigen Albums zeigt und belebt „Xanadu“ nicht nur die Residenz Kublai Khans, sondern noch einmal alle Qualitäten, die das Stoner Doom Trio Juke Cove zu bieten hat. Mittendrin rockts gehörig, dann wird’s wieder elegisch und trudelt schön aus. Epic!

Wenn “Remedy“ international für Nominierungen in die Heavy Underground Charts gereicht hat, ist „Tempest“ das Meisterstück des Leipziger Trios Juke Cove. Das großartige dritte Album, das der Band zum Durchbruch verhelfen sollte. Was auch immer das in diesen Tagen bedeuten mag. „Tempest“ ist ein großartiges Stoner Doom Album, das die Entwicklung der Band furios unterstreicht und definitiv komplett geil klingt. Soundtechnisch aufs Wesentliche reduziert und musikalisch voll auf der Höhe des Genres. Sehr sehr empfehlenswert und definitiv ein Anwärter für meine Jahresbestenliste.

Album-Wertung: 9 out of 10 stars (9 / 10)

Juke Cove: Tempest
Genre: Stoner Rock, Doom Rock,
Länge: 44 Minuten, 8 Songs, D, 2024
Interpret: Juke Cove
Format: CD, digital, Vinyl
Label: Interstellar Smoke
VÖ: 03.05.2024

Juke Cove bei Bandcamp
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