Ansichten am Donnerstag # 55: 2011 – Das Jahr im Film

Angesichts der jüngst verteilten Golden Globes 2012 fiel mir wieder siedend heiß ein, dass ich ja auch noch meine persönliche Best of 2011 zusammenstellen wollte. Geht demnächst los, aber vorher noch ein paar allgemeinere Gedanken zu dem abgelaufenen Filmjahr.

Ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung wie viele Filme 2011 über deutsche Kinoleinwände geflackert sind, auch die Unmenge an DVD- und Blu-ray-Premieren habe ich nicht protokolliert. Aber obwohl ich mir redlich Mühe gegeben habe, habe ich – als Profi – höchstes einen kleinen Bruchteil davon gesehen und war mehr als beschäftigt.

Der Segen der filmischen Globalisierung ist gleichzeitig ihr größter Nachteil: Filme aus aller Welt drängen auf den Markt und konkurrieren um die Kinos und die zahlungskräftigen Zuschauer. Sicher, es sind Perlen dabei, aber auch genauso viel Ausschuss. Der allergrößte Teil allerdings ist (mehr oder minder) solides Mittelmaß: Unterhaltungsware mit ein wenig Anspruch, die keinem wehtut, konsumierbar ist und gefällig unterhält, ohne den Durchschnittszuschauer – wer auch immer das ist – zu überfordern.

2011 im Kino ein Resume

So etwas zu produzieren, ist ebenso legitim wie es zu mögen. Nur wird’s auf Dauer einfach langweilig. Die Erfolgsformeln für die großen Blockbuster scheinen gefunden und in wechselnden Anteilen CGI-Elemente, Genre-Mixup und schauspielerische Star-Power zu beinhalten. Im Normalfall kommt noch eine Story dazu, die bereits in einem anderen Medium großen Erfolg hatte.

Aus meiner Sicht, war 2011 kein überragendes Filmjahr, nicht einmal ein gutes, sondern einfach nur ein vollgestopftes. Franchise hin oder her, 3D vor und fantastische Action zurück, mein Haupteinwand bezüglich der Spielfilme ist und bleibt, dass die Charaktere zunehmend oberflächlicher werden und die Geschichten immer platter, absehbarer und schematischer werden.

Sicher gibt es Ausnahmen, aber wenn die Vorlage nichts hergibt, können auch gestandenen Stars oder Charaktermimen den Kahn nicht vor dem Sinken retten. Und so komme ich immer häufiger mit einem Gefühl aus dem Kino, gut aber eigentlich substanzlos unterhalten worden zu sein.

Der deutsche Film hat sich in dieser Hinsicht im vergangenen Jahr auch nicht mit Ruhm bekleckert. Etliche Produktionen besaßen gerade mal TV-Format (nichts gegen das Fernsehen) und waren mit der großen Leinwand schlicht überfordert. Von der Zweitverwertung von TV-Events für den Home Entertainment-Sektor mal ganz zu schweigen.

Auch die inzwischen zur Unsitte ausgewachsene Dokumentarfilm-Welle hat mir wenig erbauliche Kinoaufenthalte beschert. Keine Frage, ich bin ein großer Fan von Dokus und es hat seinen Charme, eine gute Doku auch auf der Leinwand zu sehen, aber nicht jedes biografische Portrait einer vermeintlich wichtigen Gestalt muss zwangsweise einen Kinostart vermelden können.

Fan-Service statt Kunst

Gerade im Bereich der Rock-Doku scheint es Mode zu sein, die Bandhistorie filmisch aufarbeiten zu lassen. Vielfach ist das leider nur für die eigenen Fans interessant und der Allgemeinheit nicht zu empfehlen. Außerdem laufen die Dokus dann sowieso wieder nur in ausgewählten Programmkinos der Republik und bleiben einem Großteil der Öffentlichkeit somit unzugänglich. Und die meisten Dokus sind schlicht auch für’s Fernsehen produziert und haben im Kino wenig zu suchen.

Aber es gab auch positive Impulse: Der britische Film erlebte, zumindest bei mir, ein Revival: Viele meiner persönlichen Highlights 2011 kamen aus Groß-Britannien. Außerdem ist Film als Kunstform einfach nicht totzukriegen und hat sich auch nach diversen Kommerzialisierungswellen nicht in Luft aufgelöst.

Experimentelles und risikobereites Filmen versteckt sich zwar gut, lebt aber glücklicherweise nach wie vor.
Das Magische am Kino ist und bleibt, nach einem großartigen Film tief berührt aus dem Saal zu wanken. Und ja, auch das gab es im Filmjahr 2011.

Viel Spaß im Kino.

(ursprünglich veröffentlicht bei Cinetrend.de, 18.01.2012)