„Who watches the Watchmen?“ lautet ein kinobezogen gerade (2009) hochaktuelles Graffitto, denn damit läutet Zach Snider den „Watchmen“-Film ein. Irritierend genug, das Motto jüngst auch in der Debatte um die elektronische Patientenkarte wiederzufinden.
Na ja, eigentlich weniger verwunderlich, denn zum einen stammt das Originalzitat vom römischen Satiren-Dichter Juvenal (ca. 60 bis 128 n.C.), zum anderen ist das Motto als Statement gegen den Überwachungsstaat schon lange in aller Munde. Dennoch war ich zuerst irritiert, als ich das Plakat mit dem markigen Spruch während eines TV-Experteninterviews im Hintergrund entdeckte. Punktgenaues Product-Placement könnte man vermuten.
Auch ein anderes Sprachphänomen ist mir in Verquickung mit einem aktuellen Film aufgefallen: Wortschöpfungen die aus zwei eins machen und dann etwas Neues bedeuten. So wie Christlamisten. Das bezeichnet im neudeutschen Sprachgebrauch fundamentalistische Glaubensfanatiker jeglicher Couleur, die im Wesentlichen ihre Hardliner-Ansichten gemeinsam haben.
„Make my Day.“
Die bald anlaufende Komödie „Religulous“ folgt bei der Titelfindung demselben Prinzip. Zusammengesetzt aus religious (religiös) und ridiculous (lächerlich) verweist die Wortkreation auf die Absurdität des Glaubens, der auch Gegenstand des Films ist. Beiden Kreationen kann ich etwas abgewinnen, wenn aber ein bekannter Krankenversicherer mit einem Tarif wirbt, der stabilexibel ist, ist mein Fass voll. Das grenzt an puren Unsinn. Und Volksverdummung.
Gleiches gilt übrigens auch für diverse Autofirmen. Die Branche vermittelt ja gerne Lifestyle. Und nun „Vernunft ist der neue Punk“, angelehnt an das Neo-Folk Motto „Silence ist the new loud“. Ja so geht‘s, wenn das Kreative in kommerzielle Bahnen gerät, auf die schiefe Bahn sozusagen. Das was einmal funktioniert wird zum Gestaltungsprinzip erhoben und mit dem Nachahmen verschwindet der Witz. So ging es einer ganzen Serie von „Sponti-Sprüchen“. Was einst ein subversives Credo war wird zum ultimativen Kaufanreiz.
Die Zeit der markigen Sprüche ist längst vorbei! Ist doch alles retro!
„Make my Day“, „Hasta la Vista, Baby“ und viel Spaß im Kino.
(ursprünglich veröffentlicht auf cinetrend.de am 05.03.2009)
