Tupac Shakur war fraglos ein einflussreicher und erfolgreicher Musiker. Ende 2016 wurde der Rapper in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen. Dabei wurde Tupac schon vor 20 Jahren im Alter von 25 Jahren erschossen. Die Umstände seines Todes bleiben nach wie vor rätselhaft, was auch an der Fehde mit Rapper Notorious B.I.G. liegt, der später ebenfalls erschossen wurde. Nun kommt mit „All Eyez On Me“ ein Biopic in die Kinos, das Tupac Shakur ein filmisches Denkmal setzt. Leider kein gänzlich gelungenes Filmvergnügen.
Weil „All Eyez On Me“, das Biopic über Tupac Shakur mit 140 Minuten recht lang ausgefallen ist, wird zumindest die Besprechung für meine Verhältnisse eher knapp.
1995 muss der inzwischen sehr erfolgreiche Rapper Tupac Shakur (Demtrius shipp Jr.) eine Haftstrafe absitzen, weil er wegen sexueller Belästigung verurteilt wurde. Noch während er im Knast sitzt, stürmt sein drittes Album „Me Against The world“ an die Spitze der Billbord-Charts. Tupac nutzt den Zwangsaufenthalt, um ein ausführliches TV-Interview zu geben. Der Film von Benny Boom nutzt dieses Interview als Aufhänger, um das Leben und vor allem die frühen Jahre des Rappers chronologisch abzuarbeiten. In Rückblenden werden der Einfluss der politisch aktiven Mutter, deren Drogensucht, der Umzug von New York nach Oakland, die ersten Schritte als Musiker, und das Ankommen im Starrummel thematisiert und in Szene gesetzt.
Später dann, als Tupac aus dem Gefängnis kommt und bei dem Label Death Row einen Vertrag unterschrieben hat, nimmt sich der Film noch Zeit, das legendäre Konzert im House of Blues nachzustellen und die Fehde mit dem New Yorker Hip Hopper Christopher Wallace alias Notorious B.I.G. abzudecken, die sich entwickelte, nachdem Tupac bei einem geplanten Besuch in B.I.G.s Studio angeschossen wurde. Und auch die Todesschüsse auf dem Strip in Las Vegas dürfen in „All Eyez On Me“ nicht fehlen.
Nachdem George Tillman Jr. bereits 2009 ein Biopic über „Notorious B.I.G“. gedreht hat, in dem wie auch in „All Eyez On Me“ Jamal Woolard den Rapper verkörpert (Anthony Mackie spielte seinerzeit Tupac) und 2015 mit „Straight Outta Comtpon“ die Geburtsstunde der Gangsta Rapper N.W.A. von der Westküste auf der Leinwand abgefeiert wurde, vervollständigt „All Eyez on Me“ die filmisch-biografische Aufarbeitung dessen, was in den Neunziger Jahren in Sachen Gangsta Rap und Hip Hop so von Belang war.
Ein packendes Portrait ist „All Eyez on Me“, Betitelt nach dem posthum bei Death Row Records erschienenen Tupac-Album allerdings nicht geworden. Zwar gibt es allerlei Motive und Stationen, die den Weg des Künstlers säumen, aber letztlich arbeitet das Script von Jeremy Heft, Eddie Gonzales und Steve Bagatourian nur an der Oberfläche der bekannten Tatsachen. Das mag auch daran liegen, dass Haft und Gonzales den Job vor allem bekamen, weil sie schon zusammen für die TV-Serien „Gang Related“ und Empire“ geschrieben haben. Dass Regisseur Benny Boom ein erfolgreicher Regisseur von Musikvideos ist, im Drama-Bereich aber wenig Erfahrung hat, mag zusätzlich dazu geführt haben, dass den Charakteren etwas Tiefe fehlt und dem Zuschauer wenig Einsichten in das Innenleben des Stars gegönnt werden.
Tupac Shakur, der während seiner Karriere immer wieder zu polarisieren verstand und der sich mal als böser Junge und mal als sozial und politisch engagierter Afroamerikaner zeigte, hat einiges mitgemacht, und doch bleiben sowohl die politische Verfolgung, die seine Kindheit prägte und auch das Gangwesen in Oakland seltsam diffuse soziale Phänomene. Hier fehlt der Kontext, der Zeitgeist, der für dramaturgische Spannung und Einordnung sorgt.
„All Eyez on Me“ macht den Fehler, den viele Filmbiografien machen (auch die von „Notorious B.I.G.“): Man will auf keinen Fall etwas auslassen, es könnte ja wichtig sein, und so entsteht ein zwar geschäftiges, aber auch schon beinahe dokumentarisch undramatisches Bild des Portraitierten. Über dem Musiker und Künstler, erfährt man relativ wenig, außer, dass Tupac etliche Projekte am Start hatte und auch als Schauspieler erfolgreich war (u.a. „Gridlock‘d“). Was aber den Charme seiner Music und die Botschaften seiner Texte anbelangt, hält sich „All Eyez on Me“ seltsam zurück und setzt statt dessen auf recht typische Bilder der damaligen Gangsta Rap Szene mit leichtbekleideten Damen und Kerlen, die mit ihrem Reichtum protzen. Immerhin legt Tupac Darsteller Demetrius Shipp Jr. ein beachtliches Schauspieldebut hin und die Konzertszenen sind auch richtig stimmungsvoll ausgefallen.
Auch nach 140 Minuten ist der Zuschauer dem Künstler und Menschen Tupac Shakur nicht wirklich näher gekommen. „All Eyez On Me“ ist zwar viel unterhaltsamer als ein Wikipedia-Artikel, geht aber inhaltlich selten darüber hinaus.
Film-Wertung: (6 / 10)
All Eyez On Me
OT: All Eyez On Me
Genre: Biopic, Draman, Musikfilm, Hip Hop
Länge: 140 Minuten, USA, 2017
Regie: Benny Boom
Darsteller: Demetrius Shipp Jr., Danai Gurira, Kat Graham, Dominic L. Santana, Jamal Woolard
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Constantin
Kinostart: 15.06.2017