Kaum irgendeine Beschäftigung liefert mit so konstanter Regelmäßigkeit beliebte Underdog-Geschichten wie der Sport bei weltweiten Turnieren. . Egal ob Skispringer Eddie the Eagle oder die jamaikanische Bob-Mannschaft, oder auch die lässige jamaikanische Fußballnationalmannschaft. Bei der Fußbnall-euro 2016 in Frankreich sorgte das Team aus Island nicht nur für eine beispielhafte Teamhaltung sondern auch für eine Welle von Sympathieebkundungen. Nun zeichnet eine Doku den weg der Isländer zu dem Turnier nach. „Wie ein Vulkan“ ist keine filmische Offenbarung, aber eine launige Spotdoku, die Anfang April bei Mindjazz für den Hausgebrauch erschienen ist.
Wir alle lieben Außenseiter und Underdogs, wenn sie gegen alle Wetten Erfolge feiern und dazu noch sympathisch rüberkommen. Island hat gerade einmal etwas mehr Einwohner als die Schleswig-holsteinische Landeshauptstadt Kiel und nimmt unter den skandinavischen Staaten wegen seiner relativen Abgeschiedenheit auch noch einmal einen Sonderstatus ein. Normalerweise verbindet man mit Island raue, nordische Natur mit Vulkanen und Geysiren, als Musikfan kennt man die elfengleiche Björk und weiß um die Qualitäten der überschaubaren, aber niveauvollen Musikszene, gerade im Songwriter und experimentellen Pop-Bereich. Auch in filmischer Hinsicht gelingt dem kleinen Land die eine oder andere Filmperle wie jüngst die hochgelobte Thrillerserie „Trapped- Gefangen auf Island“ von Baltasar Kormakur oder auch der Arthaus-Erfolg „Von Menschen und Pferden“.
In Sachen Mannschaftssport konnte Island bislang als Handball-Nation einigen Erfolg verbuchen. Aber in dem Land, indem die dem Ringen ähnliche Individualsportart Glima zur Volksbelustigung gehört, wird wie überall auf dem Globus auch gekickt. In der Vergangenheit allerdings ohne großen Erfolg. Allerdings nicht bei den Frauen, was gerne vergessen wird, wo die Nationalmannschaft durchaus zu den internationalen Top-Teams gehört auch im Fußball. Wer in Island Fußball-Profi werden will, muss zusehen, dass er im Ausland einen Verein findet, das Niveau der eigenen Liga ist nicht eben konkurrenzfähig.
Die Nationalmannschaft Islands verpasste 2014 nur ganz knapp in der Relegation die Teilnahme bei der WM in Brasilien. Doch die isländischen Kicker waren auf den Geschmack gekommen. Mit der Neuverpflichtung des schwedischen Trainers Lars Lagerbäck hatte sich die Mannschaft das Ziel gesetzt an der Europameisterschaft in Frankreich teilzunehmen. Diese Qualifikationsrunde hat der Dokumentarfilmer Saevar Gudmundsson (nach isländischer Schreibweise Sævar Guðmundsson) mit diversen Kamerateams begleitet, was dem Trainer zu Beginn auch einen launigen Kommentar abringt.
Der filmische wie sportliche Einsatz hat sich gelohnt: Die Einblicke hinter die Kulissen und die jeweils aus lizenzrechtlichen Gründen nur kurzen Spielimpressionen geben nicht nur die sportlichen Stationen der Qualifikationsrunde wieder, sondern zeigen auch, was den Erfolg der Mannschaft ausmacht. Neu oder überraschend ist das freilich nicht. Einer der Spieler fast die veränderte Mentalität der Mannschaft folgendermaßen zusammen: „Früher war es ok, nicht zu verlieren, jetzt wollen wir gewinnen.“
Das ist wie jeder, der sich mit Leistungssport befasst, vor allem eine Sache von Taktik, Disziplin und Entschiedenheit. Und so wie es die Doku vermittelt hat die isländische Fußball-Nationalmannschaft inklusive des Betreuerstabs zu diesem Zeitpunkt alles gut zusammen. Hinzu kommt, eine Generation von Spielern, die auch über die notwendigen technischen und sportlichen Fähigkeiten verfügt, um im internationalen Vergleich mithalten zu können.Die Doku stellt die Spieler der erfolgreichen Mannschaft vor, präsentiert sympathische Interviews und erstaunliches Material aus den Heimarchiven, um eine unterhaltsame Sport-Doku abzuliefern.
Erstaunlich dabei wirkt, dass der damalige Co-Trainer und heute Hauptverantwortliche Heimir Hallgrímsson, sogar während der Qualifikationsrunde seiner hauptberuflichen Arbeit als Zahnarzt nachgegangen ist. In Island kann eben keiner als Trainer leben. Dabei kommen in der schwach besiedelten Nation 30mal mehr ausgebildete Trainer auf einen Spieler als in allen anderen Ländern. Kein Wunder also, bemerkt da einer mit gewisser Ernsthaftigkeit, dass die isländischen Fußball-Profis so gut geworden seien.
Aber es sind auch diese feierfreudigen Fans, die den isländischen Fußball bei der EM in Frankreich so sympathisch präsentiert haben. Auch sie kommen in „Wie ein Vulkan“ zu ihrer Würdigung. ‚Im 30minütigen bonusmaterial gibt es für Fußballbegeisterte noch Einiges zu entdecken und so ist die Doku eine runde Sache geworden, die allerdings nicht ganz 90 Minuten dauert. Für das Label Mindjazz ist „Wie ein Vulkan“ nach „Trainer!“ und „Tom Meets Zizou“ der eine weitere Fußball-Doku. Die Filme hängen zwar inhaltlich nicht zusammen, beleuchten aber sich ergänzenden Geschichten um das Thema Soccer.
Etwas schade ist es, dass das Abschneiden der Mannschaft bei der EM-Endrunde nicht mehr in der Doku enthalten ist. Immerhin schaffte es die Mannschaft nach einem sensationellen und verdienten Sieg gegen England bis ins Viertelfinale. Aber wer die Marketing-Mechanismen des modernen Profi-Fußballs kennt und um die Summen weiß, die für Lizenzen ausgegeben werden, wird sich kaum wundern, dass diese kleine sympathische Doku keine Uefa-Bilder zeigen kann.
Mit der sympathischen Doku „Wie ein Vuklan – Der Aufstieg des Isländischen Fußballs“ erfindet Regisseur Saevar Gudmundsson das Genre nicht neu, liefert aber eine sehr unterhaltsame Fußball-Doku ab.
Film-Wertung: (6 / 10)
Wie ein Vulkan – Aufstieg des isländischen Fußballs
OT: Jökullinn logar
Genre: Dokumentarfilm, fußball,
Länge: 85 min., IS, 2016
Regie: Saevar Gudmundsson (Sævar Guðmundsson)
Extras: ca. 30 min. Deleted Scenes, Trailershow
FSK: ohne Altersbeschränkung
Vertrieb: Mindjazz, AL!VE
DVD-VÖ: 07.04.2017