Während Hollywood-Star Keanu Reeves vornehmlich mit Actionrollen zu überzeugen weiß, sucht der Darsteller dennoch immer wieder auch nach anderen Rollen. In Courtney Hunts Gerichtsdrama „The Whole Truth – Lügenspiel“, das nun bei Eurovideo als DVD-Premiere erscheint, mimt Keanu Reeves einen Kleinstadtanwalt, der einen scheinbar aussichtslosen Mordfall zu verteidigen hat. Das Problem: Sein Mandant spricht nicht.
Strafverteidiger Richard Ramsey (Keanu Reeves) steht vor einer schier unmöglichen Aufgabe, er soll den Sohn seiner Freundin Loretta (Renée Zellweger) verteidigen, der seinen Vater mit einem Messer umgebracht hat. Das Opfer ist Ramseys Freund und Mentor Boone Lassiter (Jim Belushi). Doch dessen nun wegen vorsätzlichen Mordes angeklagter, minderjähriger Sohn Mike (Gabriel Basso) hat seit der Tat kein Wort mehr gesprochen; auch nicht mit seinem Verteidiger.
Als der Prozess beginnt, steht Ramsey mit leeren Händen und scheinbar ohne Assistenten da. Denn die junge Anwältin Janelle (Gugu Mbatha-Raw) hat sich verspätet und beobachtet den Prozessauftakt vom Zuschauerraum aus. Auch im weiteren Verlauf der Anklage redet Mike kein Wort und so langsam macht sich Janelle ihre Gedanken angesichts der Gelassenheit, mit der Ramsey die Situation hinnimmt. Doch dann nimmt der Prozess eine erstaunliche Wende.
Eine der ersten Lektionen, die der Provinzanwalt Ramsey seine Assistentin lehrt, ist, dass alle Zeugen lügen. Unter dieser Prämisse entwickelt Drehbuchautor Nicolas Kazan („Genug“, „Dämon“) ein Verwirrspiel um die Wahrheit, das seine Wirkung vor allem in der häppchenweisen Mitteilung immer neuer Details und Variationen des Tathergangs an den Zuschauer entfaltet. Das ist solide gescriptet, wenn auch nicht eben sonderlich originell.
Regisseurin Courtney Hunt, die mit ihrem Debüt „Frozen River“ 2008 direkt für einen Oscar nominiert war, inszeniert den Prozess mit vielen Rückblenden. Auch das ist solides Handwerk und bekommt seine psychologische Spannung aus der eingangs gestellten Prämisse, dass auch der Zuschauer nichts glauben kann, denn alle Zeugen und Rückblenden könnten schließlich unwahr sein.
Gerüchteweise hat „The Wohle Truth“ eine recht holprige Entstehungsphase mit zahlreichen Planungsänderungen hinter sich. Drehbuchautor Kazan, der seit „Genug“ 2002 kein Script mehr verfasst hat, geht vielleicht deshalb bei der Konstruktion der Story auf Nummer sicher. Anders als etwa „Der Mandant“ oder „Zwielicht“ (1996), die neben einem recht packenden Prozess auch schillernde Charaktere zu bieten hatten, blieben die Figuren in „The Wohle Truth“ ein bisschen blass. Zwar ahnt man im Verlauf des Films, dass hier noch etwas im Gange ist, aber sehr viel Hintergrundinfos zu den Gestalten gibt es nicht. Auch im Vergleich zu den stets aufwändig umgesetzten Verfilmungen der John Grisham Romane, die immer im juristischen Umfeld spielen, kann „The Wohle Truth“ nicht ganz mithalten. Dazu fehlt es an Ambiente, Lokalkolorit und Spannung. Aber das bedeutet keinesfalls, dass „Lügenspiel“ nicht unterhaltsam ausgefallen ist.
Die Besetzung in „The Whole Truth“ ist mit Renée Zellweger, Jim Belushi und Keanu Reeves sehr namhaft ausgefallen, kann das Gerichtsdrama aber letztlich auch nicht zu einem herausragenden Vertreter des Genres machen. Für einen gelungenen Fernsehabend auf der Couch reicht das aber allemal aus.
Film-Wertung: (6 / 10)
Lügenspiel – The Whole Truth
OT: The Whole Truth
Genre: Drama, Gerichtsfilm
Länge: ca. 90 Minuten, USA 2015
Regie: Courtney Hunt
Darsteller: Keanu Reeves, Renée Zellweger, Gugu Mbatha-Raw, Gabriel Basso, Jim Belushi,
Extras: Interviews mit den Darstellern
FSK: ab 12 Jahre
Vertrieb: Eurovideo
DVD- & BD-VÖ: 06.04.2017