Erwachsene und Eltern jugendlicher Kids wussten schon immer, dass Jungs in dem Alter eigentlich nur vor dem Spielebildschirm sitzen, sozial verwahrlosen und daddeln bis der Arzt kommt. So geht es auch Jan, der für das Abi lernen sollte, sich aber viel lieber als Krieger Fenris in der „Schlacht um Utgart“ austobt. Bis jemand seinen Games-Account hackt und ihn kurz vor dem legendären jährlichen Turnier der Besten aus der Spielewelt kickt. In „Offline – Das Leben ist kein Bonuslevel“ zeigt sich auf temporeiche und lustige Art, dass das echte Leben irgendwann schon von ganz alleine auf einen zukommt.
Jan (Moritz Jahn) hat zwar mit seiner Mutter abgesprochen, dass er die Zeit zum Gamen irgendwie einschränkt, aber das ist momentan einfach nicht drin. In der Games-welt der „Schlacht von Utgart“ steht das jährliche Turnier der Besten bevor und Jan ist mit seinem Avatar Fenris schon auf Spielelevel 69. Er hat sogar zusammen mit seinem Verbündeten, einem Troll, Chancen, das Turnier zu gewinnen. Da bleibt Kumpel Deniz (Ugur Ekeroglu) allerdings auf der Strecke, obwohl er eigentlich gehofft hatte, mit Fenris zusammen in den Online-Kampf zu ziehen.
Aber das bleibt alles Zukunftsmusik. Jans Account wird geheckt und er hat drei Tage vor Turnierbeginn, keine Möglichkeit mehr zu spielen. Kurzentschlossen und ziemlich panisch packt er seine Klamotten, faselt Mutti gegenüber was von Lerngruppe und macht sich auf die Socken zu der Spielefirma, um da vor Ort zu klären, warum er rausgeflogen ist. Doch Pustekuchen, das interessiert hier niemanden. Aber die pfiffige Karo (Mala Emde) mit ihren blauen Haaren und dem punkigen Outfit ist ebenfalls aus der Schlacht um Utgart geflogen und weiß sich zu helfen – und Jan gleich mit.
Karo geht Jan schon ziemlich auf den Senkel, da hilft es auch nicht, dass sich herausstellt, ausgerechnet das Mädchen ist der Troll, mit dem Fenris verbündet ist. Trotzdem gehen die beiden gemeinsam auf die Suche nach demjenigen, der sie aus der Spielewelt gekegelt hat. Aber es ist gar nicht so einfach in der realen Welt dem Avatar Loki auf die Spur zu kommen.
Man muss sich als erwachsener Zuschauer erst einmal an die Games-Optik der Fantasywelt gewöhnen, die Florian Schnells Spielfilmdebüt „Offline – Das Leben ist kein Bonuslevel“ als Stilmittel einsetzt, um eine richtig gelungene Jugendgeschichte zu inszenieren. Dabei stehen Spaß und flottes Erzähltempo im Vordergrund und der pädagogische Zeigefinger bleibt einfach mal in der Hosentasche stecken. Sehr gelungen ist auch das Spieledesign, das sich zwar an üblichen und erfolgreichen Fantasy-Games orientiert, aber extra für den Film entwickelt wurde.
Es ist nicht leicht, die Auswirkungen von Computern, Social Media und Games auf unseren Alltag in einem Spielfilm zu verarbeiten und die Thematik nicht nur als Aufhänger für Genrekino zu benutzen, wie das jüngst mit einigen Horrorfilmen der Fall war (z.B. „Unknown User“). Mit „Ben X“ hatte Regisseur Nic Balthasar 2007 recht beeindruckend seinen eigenen hochgelobten Jugendroman verfilmt und die Themen Mobbing und Gaming zu einem packenden Drama verschmolzen.
„Offline – Das Leben ist kein Bonuslevel“ geht da viel verspielter und lebenslustiger an die Sache heran. In wie weit der Jugendslang authentisch ist, kann ich nicht beurteilen, aber ich habe schon Filme gesehen, in denen die Floskeln, die jugendlich frech wirken sollten, wesentlich peinlicher rüberkamen und in denen Die Erzählperspektive, obwohl anders gedacht, dann doch eine erwachsene war. In „Offline“ bleiben Kamera und Story auf Augenhöhe mit ihren jugendlichen Protagonisten. Und trotz aller Computerspiel-thematik geht es um Freundschaft, erste Liebe und den Thrill, selbst ein Abenteuer zu erleben und sich nicht nur in virtuellen Welten zu bewegen.
Das die Erwachsenen dabei eher klamaukig rüberkommen ist ein typisches Stilmittel des Jugendfilms, aber der Bösewicht hätte schon ein wenig bedrohlicher ausfallen dürfen. Die rollenspielenden Dorfbewohner allerdings sorgen für einige lustige Momente. Und die drei jugendlichen Hauptdarsteller haben als Darsteller schon einige Erfahrung und Routine angesammelt. Moritz Jahn als schüchterner Nerd Jan war schon früh in der Serie „Die Pfefferkörner“ zu sehen, Ugur Ekeroglu als Kumpel Deniz war erst jüngst in der Filmfassung von „Allein gegen die Zeit“ zu sehen und Mala Emde spielte nicht nur „Anne Frank“ in der TV-Adaption „Meine Tochter Anne Frank“ von 2015, sondern auch in diversen TV-Serien.
Vor allem aber sorgt die sehr gelungenen Vermischung von Spieloptik und realer Action dafür, dass der Zuschauer schnell in die Welt eintauchen kann und sich mit den Charakteren identifiziert. Und so kann man quasi im Live-Stream mitverfolgen, wie Jan seine realen Probleme zu lösen versucht, in dem er auf Wissen von den Computerspielen zurückgreift. Vielleiht sorgt diese Herangehensweise von „Offline“ auch dafür, dass Eltern sich besser in die jugendlichen Kinder hineinversetzen können, aber vor allem ist „Offline“ ein ziemlich unterhaltsamer und spaßiger Jugend-Actioner geworden.
Trotz anfänglichen Kalaueralarms und Erwachsenen, die kein Mensch ernst nehmen kann, entwickelt sich „Offline – Das Leben ist klein Bonuslevel“ zu einer actionreichen und witzigen Mischung aus Jugendabenteuer und Coming of Age Komödie. Die Verschmelzung von Games-Universum und Realität sieht nicht nur schick aus, sondern macht ordentlich Spaß.
Film-Wertung: (7,5 / 10)
Offline – Das Leben ist kein Bonuslevel
Genre: Abenteuer, Komödie, Jugendfilm
Länge: 91 Minuten, D, 2016
Regisseur: Florian Schnell
Darsteller: Moritz Jahn, Mala Emde, Ugur Ekeroglu
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Little Dream Entertainment
Kinostart: 23.02.2017