Into the Forrest – Wenn die Zivilisation stirbt

Trotz des kleinen Zwischenhochs, das dem Science-Fiction-Film gerade zuteil wird, hat es die kanadische Produktion „Into The Forrest“ nicht in die hiesigen Kinos geschafft. Dabei hat die Romanverfilmung mit Ellen Page und Evan Rachel Wood durchaus eine namhafte Besetzung aufzuweisen. Und auch das Thema klingt zeimlich interessant: Nach einem Stromausfall müssen sich die Schwestern Nell und Eve alleine durchschlagen. Ein Film über die Wagnisse des Überlebens, der nun als Home Entertainment Premiere bei Capelight auf Blu-ray und DVD erscheint.

An der kanadischen Westküste fällt der Strom aus. Niemand weiß warum, aber alle hoffen, dass der Schaden schnell behoben wird. Doch die Energieversorgung kommt nicht wieder. Zusammen mit ihrem Vater (Callum Keith Rennie) leben die beiden Mädchen Nell (Ellen Page) und Eve (Evan Rachel Wood) sowieso schon abgeschieden im Wald.Glücklicher Weise gibt es einen Generator. Doch plötzlich wird die simple Autofahrt in die nahegelegene Stadt zu einem grundsätzlichen Luxus. Wer weiß schon, ob es noch Treibstoff gibt?

Doch sowohl Eve, die Balletttänzerin werden will, als auch Nell, die für ihre Aufnahmeprüfung am College lernt und deren Freund Eli (Max Minghella) in der Stadt wohnt, wollen dorthin. Der Stromausfall hat die Leute schon zu Hamsterkäufen angeregt. Immerhin gibt es noch ein  paar Vorräte und gut gerüstet, macht sich die Familie auf den Rückweg.

Der Strom kommt aber auch nach Wochen nicht zurück. Die Familie schlägt sich aber halbwegs autark auch ohne Energieversorgung ganz gut durch. Als dann bei einem Sägeunfall der Vater stirbt, sind die beiden Schwestern nun ganz auf sich allein gestellt und müssen auch noch mit dem Verlust umgehen.

Das Thema „Überleben“ in dem Science-Fiction-Drama von Regisseurin Patrizia Roezema („Mansfield Park“) ist nicht unbedingt neu. Aber die Dystopie nach dem gleichnamigen Roman von Jean Hegland, der 2002 auf Deutsch unter dem Titel „Die Lichtung“ im Fischer Taschenbuch Verlag erschienen ist, wirkt durch ihren emanzipatorischen, ja beinahe feministischen Ansatz. Es macht schon einen Unterschied, dass es hier zwei Schwestern sind, die um ihr Überleben ringen müssen.

Das ist dann auch das eigentlich Faszinierende an dieser Survival-Story, die ohne Horrorelemente auskommt. Mit fortschreitender Filmdauer offenbart „Into the Forest“ allerdings auch einige weniger gelungene Aspekte. Etwa die Gleichförmigkeit der Jahreszeit. Obwohl etliche Monate ins Land ziehen und ständig vom nahenden Winter geredet wird, auf den frau sich vorbereiten müsse, bleibt im Film eben dieser Winter konstant aus. Das mag auch eine Budget-Entscheidung gewesen sein, ist aber auch eine störende Abwesenheit.

Auch der stete Verfall des Hauses, um das sich die beiden Mädchen so gar nicht kümmern, ist wenig nachvollziehbar und scheint eher dem Tenor der Story über die (erzwungene) Abkehr von der Zivilisation zu folgen, der sich ja schon im Titel andeutet. Verharmlost oder idealisiert wird diese Entwicklung zurück zur Natur in „Into the Forest“ allerdings absolut nicht.

Dabei zeigt die filmische Adaption, dass futuristische Szenarien nicht immer aufwändig technisch umgesetzt werden müssen. Stattdessen reichen wenige Details, um klarzustellen, dass die Geschichte in naher Zukunft spielt. Die wesentliche Handlung aber thematisiert sowieso unsere Abhängigkeit von der Zivilisation und den damit zwangsweise verbundenen Verlust von Fähigkeiten, die das bloße Überleben in der Wildnis sichern. Wissen das unnütz geworden war, wird wieder notwendig, wenn die Konserven und Nahrungsmittel verbraucht sind.

Es gehört zu den sehr gelungenen und angenehm unaufgeregt inszenierten Elementen von „Into The Forest“, diese Entwicklung und den Lernprozess der Schwestern  auch realistisch nachvollziehen zu können. Egal, ob es die Unkenntnis essbarer Waldpflanzen ist, oder die mit der Jagd verbunden Brutalität, die dann auch im einer recht blutigen Wildschwein-Schlachtung endet, während der Nell mit blutverschmierten Handschuhen im Fachbuch nachlesen muss, was zu tun ist.

Das Verhältnis der beiden Schwestern untereinander ändert sich ganz im Sinne einer Geschichte über das Erwachsenwerden im Laufe des Geschehens. Während die charakterlich recht unterschiedlichen Mädchen zunächst noch jede ihr Ding weiter verfolgen, wird immer deutlicher, dass  sie nur zusammen überleben können. Auch durch den Verlust des Vaters wächst der Zusammenhalt. Nur Elis überraschendes Auftauchen stellt die Geschwistersolidarität einmal auf die Probe. Ellen Page („Juno“) und Evan Rachel Wood („Westworld“, „King of California“) tragen den Film mit ihren starken Performances. Eigentlich sind die beiden, die auf Dreißig zugehen, zu alt für die Rollen, aber aufgrund ihres jugendlichen Charmes nimmt man beiden die gerade erwachsenen Charaktere ab.

Wer „Survival-Action“ erwartet, ist hier definitiv verkehrt. Unterm Strich ist „Into the Forest“ ein kluge und ruhig erzähltes dystopisches Drama,  das gerade von seinem emanzipatorischen Aspekt und den beiden tollen Darstellerinnen lebt.

Film-Wertung:7 out of 10 stars (7 / 10)

Into the Forest
OT: Into the Forest
Genre: Drama, Science-Fiction
Länge: 97 Minuten, CAN, 2016
Regie:  Patrizia Roezema
Roman: Jean Hegland
Darsteller: Ellen Page,  Max Minghella, Callum Keith Rennie, Evan Rachel Wood
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Capelight
DVD-& BD-VÖ: 17.02.2017