Nicht nur beim vergangenen Fantasy-Filmfest konnte der italienische Actioner „Sie nannten ihn Jeeg Robot“ punkten. Die italienische Superhelden-Story mit Ecken und Kanten heimst auf diversen Filmfestivals Preise ein, und das absolut zu Recht. Mit einem Hang zu Trash und Gewalt schickt Regisseur Gabriele Mainetti seinen Kleingauner auf einen Wendungsreichen Parcours durch Rom.
Enzo (Claudio Santamaria) ist ein ambitionsloser Kleingauner, der im römischen Stadtteil Tor Bella Monaca in einem Wohnsilo haust und seine Langeweile mit dem Glotzen von Pornos vertreibt. Als er von der Polizei gejagt wird, muss er sich im Fluss Tiber verstecken und kommt dabei in Berührung mit radioaktivem Altöl. Immerhin entkommt Enzo den Gesetzeshütern und schleppt sich nach Hause. Nachdem er wieder eingermaßen auf dem Damm ist, Fragt er seinen Nachbarn nach einem Job. Der arbeitet für die Bande von Gypsy (Luca Marinelli) und kann tatsächlich jemanden gebrauchen, der ihm hilft, die Drogenlieferung aus den Mulis herauszuholen.
Doch die Übergabe geht gründlich schief, der Nachbar stirb und statt etwas Geld auf der Tasche hat Enzo nun Alessia (Ilenia Pastorelli), die Tochter seines Nachbarn an der Backe. Die hat offensichtlich einen Sprung in der Schüssel, seit ihre Mutter gestorben ist und kann sich nicht von ihrem tragebaren DVD-Player trennen, auf dem pausenlos die japanische Zeichentrickserie „Jeeg Robot“ läuft. Und weil Enzo seit der Sache mit den Ölfässern übermenschliche Körperkraft hat, ist für Alessia ganz klar, dass er ein Superheld ist.
Derweil versucht Bandenboss Gypsy bei der Mafia-Chefin Nunzia Eindruck zu machen, was ihm nicht wirklich gelingt. Zudem sind dem etwas größenwahnsinnigen Gypsy auch noch die Drogen abhandengekommen. Aber nachdem er das Youtube-Video eines Typen gesehen hat, der einfach einen Geldautomaten aus der Wand reißt, muss Gypsy den Typen aufspüren, damit er seine Bande verstärkt. Dann aber versaut ihm ausgerechnet der maskierte Kraftprotz einen Überfall und steht jetzt ganz oben auf Gypsys Abschussliste.
Das Mainstream-Action-Kino kommt inzwischen – CGI macht’s möglich – nicht mehr ohne amerikanische Superheldenfilme aus. Dabei sind die auf Comicvorlagen beruhenden Stories eigentlich für Teenager gedacht, werden aber für die Leinwand ein bisschen erwachsener aufgemacht. So richtig explizit geht es dabei selten zu, „Deadpool“ ist und bleibt da wohl eine Ausnahme. Dabei hatte bereits die TV-Serie „Heroes“ (2006) ausgeloten, was geschieht, wenn ganz normale Menschen auf einmal Superkräfte bekommen.
Während Fans von „Spider-Man“ wissen, das “Mit großer Kraft auch große Verantwortung“ einhergeht, ist das dem römischen Kleingauner Enzo in „Sie nannten ihn Jeeg Robot“ herzlich egal. Denn Enzo fehlen einige soziale Kompetenzen. Er kann andere Menschen nicht ausstehen und ist allein auf seinen Vorteil und seine Ruhe bedacht. Aber bevor Enzo überhaupt kapiert, was da mit ihm Geschehen ist, wird er von Alessia, die in ihrer eigenen Welt lebt, auch schon mit dem Heldenmist zugequatscht. Bis sich allerdings eine Verhaltensänderung bei Enzo einstellt, dauert es, zur Freude der Zuschauer eine ganze Weile.
Regisseur Gabriele Mainetti beginnt seinen Film mit einer furios gefilmten rennenden Verfolgungsjagd durch Rom kommt dann mit vergleichsweise wenig Action aus, bis es an das furiose Finale geht. Immerhin muss Jeeg Robot ja auch noch einen angemessenen Gegner finden. Zu dem entwickelt sich der komplett neurotische Gypsy, der ebenso narzisstisch wie größenwahnsinnig von Bombenterror und Mafia-Macht fantasiert. Die Story von Nicola Guaglianone kann zwar die Spannung nicht über die Filmlänge halten und das im Vergleich zu Hollywoods Superhelden-Filmen ziemlich schmale Budget ist bei der Inszenierung sicher auch ein limitierender Faktor gewesen, aber das macht der italienische Superhelden-Film „Sie nannten ihn Jeeg Robot“ mit vielen originellen Einfällen und Wendungen, abstrusen Charakteren und einem grundsoliden und sehr stilsicheren Hang zum Trashfilm wieder wett.
Dabei kommt das Ambiente der Sozialwohnungen der Story ebenso zu Gute, wie die Verknüpfung mit dem Mafia-Genre. Das organisierte Verbrechen in „Jeeg Robot“ arbeitet zwar erstaunlich schlampig, aber dafür entsprechend handfest. Der Film ist also nicht für schwache Nerven und Leute, die kein Blut sehen können. Aber das hat sich der geneigte Leser wahrscheinlich schon selbst gedacht. Die Figurenentwicklung ist erstaunlich stimmig, obwohl die Charaktere allesamt schon etwas überspitzt und mit schwarzen Humor angelegt sind.
Die Animeserie „Jeeg Robot“ gibt es übrigens tatsächlich. Sie beruht wie der überwiegende Teil japanischer Zeichentrickserien auf einer Comicvorlage. Die wurde Mitte der 1970er Jahre von Go Nagai and Tatsuya Yasuda ersonnen. Die TV-Serie wurde von Masayuki Akihi gedreht. In Amerika lief die Serie „Kôtetsu jîgu“, so der japanische Originaltitel, unter dem Namen „Steel Jeeg“. Darin wir der Rennfahrer Hiroshi Shiba zu einem Cyborg.
Mit „Sie nannten ihn Jeeg Robot“ kommt Abwechslung in das Superhelden-Genre. In römischer Kulisse geht es rauer, dreckiger und witziger zu, als man das im Genre gewohnt ist. Nicht nur für Freunde von „Deadpool“ ein absolute Empfehlung.
Film-Wertung: (7,5 / 10)
Sie nannten ihn Jeeg Robot
OT: Lo chiamavano Jeeg Robot
Genre: Action
Länge: 108 Minuten, I, 2015
Regie: Gabriele Mainetti
Darsteller: Claudio Santamaria, Luca Marinelli, Ilenia Pastorelli, Stefano Ambrogi, Maurizio Tesei, Daniele Trombetti, Francesco Formichetti, Joel Sy Antonia, Salvatore Esposito, Gianluca Di Gennaro
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Pandastorm Pictures / Pandastorm / Edel
DVD- & BD-VÖ: 06.02.2017