Die Geschichte des einsamen Samurai, der zum Auftragsmörder wird und dabei immer seinen Sohn in einem Kinderwagen durch die Gegend schiebt, hat schon einige Dekaden auf dem Buckel. Trotzdem ist die Faszination des grandiosen „Lone Wolf And Cub“ ungebrochen. Sowohl der ellenlange Manga als auch die sechs Verfilmungen genießen zu Recht Kultstatus. Rapid Eye Movies brachte die Filme aus den frühen Siebziger Jahren 2005 auch hierzulande heraus und die Actioner gehören immer noch zum Schrägsten und eindrucksvollsten, was das japanische Kino zu bieten hat. Nun liegen die „Lone Wolf And Cub“- Filme erstmals auch in High Definition vor und ein (Wieder-)Sehen lohnt sich umso mehr.
Autor Kazuo Koike schuf in der ersten Hälfte der 1970er Jahre zusammen mit Zeichner Gosejki Kojima eine epische Saga um einen Ronin, der sich als Auftragsmörder verdingt. Dabei hat er immer seinen kleinen Sohn in einem schwer bewaffneten Kinderwagen dabei. Letztlich besitzt die Saga „Lone Wolf and Cub“ mehrere tausend Seiten und wurde auch in 28 Sammelbänden zusammengefasst. Das einflussreiche Werk gilt aufgrund seiner Kritik an der historischen japanischen Gesellschaft als stilbildend und als Meisterwerk des Samurai-Genres. Auch hierzulande sind die Sammelbände seinerzeit vollständig erschienen.
„Der wahre Weg des Kriegers ist, im Angesicht des Todes zu leben.“
Die filmischen Adaptionen des Kultmangas mit dem legendären Schauspieler Tomisaburo Wakayama als Ronin Ogami Itto und Akihiro Tomikawa in der Rolle des Sohnes Daigoro erstrecken sich über sechs in sich abgeschlossene Filme, die die Saga allerdings nicht bis zum Ende erzählen. Auch die Verfilmungen gehören zu Meisterwerken des Samurai-Films.
Dabei muss man allerdings berücksichtigen, dass die japanische Filmindustrie zu Beginn der Siebziger nicht eben erfolgreich war und vor allem Low Budget Produktionen veröffentlichte, die eine gewisse Sensationsgier befriedigten. Insofern ähneln die „Lone Wolf and Cub“-Filme in ihrer Machart und expliziten Darstellung vor allem von Gewalt ein wenig dem Blaxploitation-Kino und dem Italowestern. Aber gerade auch die spröde Machart mit ihren überzogenen Effekten und der (vor allem in HD) gut zu erkennenden offensichtlichen Maskenbildnerei trägt zum zeitlosen Charme der Filme bei.
Die Filme der Reihe
In „Das Schwert der Rache“ (1972) wird der Ogami Itto, der Scharfrichter des Shogunats, Opfer einer Verschwörung. Seine Frau wird von Ninjas getötet und er wird aus dem Königreich Edo verbannt. Ogami schwört Rache an den Verantwortlichen vom Yagyu-Clan, vor allem am Familienoberhaupt Retsudo (Tokio Oki). Umherwandernd durch das Japan der Edo-Zeit (1603 – 1868) verdingt sich der Ronin als Auftragsmörder, um sich und seinen Sohn Daigoro zu ernähren. Regisseur Kenji Misumi zieht einige Register, um die Story nach dem Drehbuch von Comicautor Kazuo Koike in Rückblenden und Zeitsprüngen zu erzählen.
Am Totenfluss“ (1972) wird der ehemalige Scharfrichter von dem Yagyu-Clan verfolgt. Diese hetzen auch einige Mörder auf seine Spur. Doch der wehrhafte einsame Wolf mit dem Kind weiß sich zu verteidigen. Regie führte erneut Kenji Misumi und „Am Totenfluss“ ist mit seinen Kampfsequenzen einer der spektakulärsten Filme der Reihe. In „Der Wind des Todes“ (1972), ebenfalls von Kenji Misumi gedreht, wird die Handlung in zwei Duelle eingerahmt, die sich Itto Ogami mit Gunbei, einem Sohn Retsudos, liefert. Dazwischen gerät der Auftragsmörder mit einigen anderen Gefangenen in die Gewalt von Yakuza und lässt sich foltern, um eine Prostituierte zu retten.
„Die tätowierte Killerin“ (1972) ist der nächste Auftrag für Itto Ogami. Er soll der Meisterin des Kurzschwertes, die auf einem Rachefeldzug gegen den Owari-Klan ist, Einhalt gebieten. Zwischendurch büxt Daigoro aus und gerät in Schwierigkeiten. Ogami selbst macht Bekanntschaft mit der Familie der Killerin. Regisseur Takeichi Seiko erzählt vor allem die tragische Geschichte der Killerin und führt den Film in ein furioses Finale. Allein, „Die tätowierte Killerin“ besitzt von den sechs Filmen vielleicht die schlechteste Bildqualität und viele Szenen sind unscharf gefilmt.
Funky Score für den Samurai im Spaghetti-Style
In „Der weiße Pfad zur Hölle“ (1973) übernimmt wieder Regisseur Kenji Misumi das Ruder und erzählt die vielleicht düsterste Episode der Reihe. Für seinen neuen Auftrag muss sich Ogami mit fünf Boten messen und diese jeweils besiegen, um überhaupt an die Informationen für den Auftrag zu kommen. Letztlich soll der einsame Mörder eine Prinzessin töten, um die Würde des Clans zu retten.
Im abschließenden „Blutiger Schnee“ (1974) spitzt sich der Konflikt zwischen Ogami und dem Yagyu-Klan zu. Das ungewöhnliche Filmsetting im Schnee erlaubt Regisseur Yoshijuki Kuroda einige ungewöhnliche und fein choreografierte Action-Sequenzen. Da kommen sogar Zombies vor. Allerdings wird Erzfeind Retsudo von einem anderen Darsteller gespielt (Minoru Oki) und die funklastige Eingangsmusik gibt dem Film einen ganz anderen, sehr unterhaltsamen Erzählton.
Die neue High Definition-Abtastung der Masterbänder hat die Bildqualität erheblich verbessert, und kann als absolut gelungen angesehen werden. Allerdings ist das Ausgangsfilmmaterial nicht eben in gutem Zustand und einige Unschärfe ist auch der Kameraführung geschuldet, die bei der schnellen und kostengünstigen Produktion nicht immer optimal fokussiert. Vor allem in den ersten vier Filmen, die 1972 entstanden, wirken die dunkleren Sequenzen noch immer grobkörnig.
HD mit Macken aber enormer Verbesserung
Licht und Schatten sind nicht so kontrastreich wie man sich das wünschen würde. Aber auch Landschaftstotalen wie in „Der Wind des Todes“ sind schon mal verwaschen auf den Bildschirm. Dennoch hat sich die Neuabtastung gelohnt. Bei „Der weiße Pfad der Hölle“ (1973) und „Blutiger Schnee“ (1974) zeigt sich, was eine Neuabtastung bewirken kann: Das ursprüngliche Filmmaterial war wohl in besseren Zustand und das Budget eventuell höher, so dass mehr handwerkliche Sorgfalt an den Tag gelegt werden konnte.
Die Bildqualität ist nach der Neuabtastung erheblich besser als bei den vier Vorgängerfilmen. Und so wird gerade das unfertige Finale der Filmreihe zu einem optischen Leckerbissen. Die Edition bei Rapid Eye Movies wird komplettiert durch ein 16-sseitiges Booklet mit einem kompetenten Aufsatz des Japanfilm-Experten Tom Mes.
Die „Lone Wolf and Cub“-Filme gehören zu Musterbeispielen japanischen Action-Kinos und haben trotz ihres Alters und der geringen Budgets nichts von ihrer unbändigen Wucht und ihrer Kritik am historischen Japan verloren. Klassiker des Samurai-Films, die weit über das Genre hinausweisen. Durch die neue HD-Abtastung erstrahlen die „Lone Wolf and Cub“-Filme in neuem Glanz.
Film-Wertung: (9,5 / 10)
Lone Wolf And Cub
OT: Kozure Okami, J, 1972-74,
Genre: Samurai, Action,
Länge: je 6 x ca. 90 Minuten, Gesamt 527 Minuten, OmU
Regie: Kenji Mitsumo, Buichido Saito, Yoshihuki Kuroda
Drehbücher: Kazuo Koike (auch Manga), Tsutomi Nakamura,
Darsteller: Tomisaburo Wakayama, Akihiro Tomikawa, Junko Hitomi, Goro Mitsumi
FSK: ohne Jugendfreigabe
Vertrieb: Rapid Eye Movies
DVD-VÖ: 05.12.2005
BD-VÖ: 05.12.2014, HS-remastered,