Belgische Filme haben häufig diesen leicht verlebten Charme, bei dem sich die Schönheit unter dem freudlosen Alltag versteckt. Das ist auch in der musikalischen Komödie „Baby Balloon“ nicht anders. Vor allem Hauptdarstellerin Ambre Grouwels ist als stimmgewaltige Nachwuchssängerin aber hinreißend. Rock’n’Roll aus Lüttich, alles andere als Standard.
Bici ist 18 und lebt noch zuhause. Ihre Mutter ist kaufsüchtig und hat so eine Messi-Ader, außerdem lebt noch die bettlägerige Großmutter mit im Haushalt. Nicht eben leicht für die junge Angestellte in einem Copy-Shop, da genügend Freiraum zu finden. Aber als Sängerin und Texterin der Rock-Band Bici and the Bitches kann sich die junge übergewichtige Frau austoben. Und auf der Bühne lebt sie richtig auf. Doch im Liebesleben haut’s nicht so wirlkich hin: Bici ist in Vince, den Gitarristen der Band, verknallt, der sie allerdings eher für eine Schwesternfigur hält und was mit der attraktiven Anita anfängt. Das wirkt sich auch dann auf die Band aus.
Irgendwie ist „Baby Balloon“ auch eine Geschichte über das Erwachsenwerden und das Akzeptieren der eigenen Person, wenn man nicht dem gesellschaftlichen Idealbild entspricht. Das ist nicht immer leicht, aber Bici ist eine Powerfrau, die auch sensible Seiten hat und Probleme gerne mit Essen bearbeitet. Das ist an sich nichts wirklich Neues, aber dem Schauspieler, Autor und Regisseur Stefan Liberski gelingt mit leichter Hand und guten Dialogen eine schöne Geschichte, die unaufdringlich einige gesellschaftliche Probleme und einiges an tristem Lütticher Lokalkolorit präsentiert und vor allem mit netter Musik glänzen kann. Der Indiesound zwischen Garagenrock und modernem Songwritertum überzeugt und wurde von der Filmband auch direkt selbst eingespielt. Am schönsten dabei Bicis acapella vorgetragener „Whale Song“.
Feine, kritische Komödie, die genügend Selbstbewusstsein und eine Prise schwarzen Humor besitzt – Das überzeugt einfach.
Film-Wertung: (7 / 10)
OT: Baby Balloon, Genre: Drama, Komödie, Länge: 84 Minuten, B, 2013, Regie: Stefan Liberski, Darsteller: Ambre Grouwels, César Domboy, Philippe Rebbot
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