Dass der irische Autor John Banville unter dem Pseudonym Benjamin Black auch Krimis schreibt, dürfte den Kriminalisten unter den Leseratten nicht entgangen sein. Die drei Romane um den Dubliner Gerichtsmediziner Quirke wurden von der BBC aufwändig als Miniserie adaptiert, die nun auch bei uns erschienen ist. Gabriel Byrne hat im Irland der 1950er eine Menge zu tun und muss sich auch mit seiner Familie herumschlagen.
Drei in sich abgeschlossenen Kriminalfälle hat der Dubliner Pathologe Quirke (Gabriel Byrne) aufzuklären, seine familiären Probleme erstrecken sich als roter Faden durch alle drei Ermittlungen, die den Mediziner immer wieder in Konflikte mit seiner angesehenen Familie, die ihn freilich nur adoptiert hat, und mit der Obrigkeit bringen. In „Christine Falls“ verschwindet die Leiche einer jungen Frau aus der Pathologie noch bevor Quirke die Todesursache festgestellt hat. Das hat sein Bruder Malachy Griffin (Nick Dunning), selbst Mediziner, mal so auf die Schnelle getan. Quirke findet heraus, dass die junge Frau bei der Geburt eines unehelichen Kindes gestorben ist und macht sich auf die Suche nach dem Kind. Dabei stößt er auf seltsame Machenschaften der Kirche.
In „Der Silberne Schwan“ werden mehrere Frauen tot aufgefunden, bei denen nicht klar ist, ob sie Selbstmord begangen haben, oder einer Überdosis zum Opfer fielen. Quirke kann das Ermitteln nicht bleiben lassen und stößt auf einen zwielichtigen Fotografen. In „Requiem für April“ verschwindet eine junge Medizinerin aus gutem Hause spurlos und Quirkes Nichte Phoebe macht sich Sorgen um ihre Freundin. Derweil Quirkes eigene Nachforschungen nicht gerne gesehen werden, hat der Mediziner auch mit seiner Alkoholsucht zu kämpfen.
Auch wenn es sich bei „Der Pathologe“ um eine Krimiserie handelt, gewinnt das BBC-Format vor allem durch die familiäre Rahmenhandlung um das Waisenkind Quirke. Sein Adoptivvater Garret Griffin (Michae Gambon) gehört ebenso wie Bruder Malachy zu der guten Gesellschaft von Dublin. Quirke hingegen bevorzugt die Pubs des einfachen Mannes und dort trifft er auch seine gerade erwachsen gewordene Nichte Phoebe (Aisling Fanciosi), die heimlich in ihren Onkel verknallt ist und gerade beginnt, auf eigenen Beinen zu stehen. Quike selbst ist verwitwet und hegt zu seiner Schwägerin Sarah (Geraldine Somerville) eine innige Beziehung, auch weil er in jungen Jahren in Boston einmal mit ihr ausging bevor er ihre Schwester heiratete.
Komplizierte Familienverhältnisse also und die eigentliche Triebfeder der Serie. Wie so oft bei John Banville steht auch mit Quirke ein älterer Mann im Mittelpunkt des Geschehen, der – gezwungenermaßen- auch ein wenig Rückschau halten muss. Gabriel Byrne ist in der Rolle eine Musterbesetzung und sein nuanciertes, blickschweres Ringen nach Erklärungen ist meisterlich. Wie auch bei der BBC-Produktion „The Hour“ die zu Beginn der 1960er Jahre angesiedelt ist, wirkt Quirkes Dublin ein wenig zu studioinszeniert.
Rauchschwangere Interieurs, bürgerliche Wohnviertel und leidlich verkommene, verruchte Viertel geben der Serie einen etwas zu gewollten theatralischen Touch. Der Wille zur Ausstattung ist in „Mörderisches Dublin“ sehr präsent. Auch die gute Gesellschaft wird etwas sehr steif und verstockt dargestellt. Aber im Großen und Ganzen ist „Der Pathologe „ stimmig ausgefallen. Nicht alle drei Kriminalfälle sind allerdings gleichermaßen fesselnd. So bleibt der Auftakt „Christine Falls“ nicht nur wegen des Themas, sondern auch wegen Einführung der Personen die stärkste Episode. Der (vorerst) abschließende Fall „Requiem für April“ kommt dem qualitativ schon wieder nahe und lässt Spielraum für weitere Untersuchungen Quirkes.
„Der Pathologe – Mörderisches Dublin“ gefällt wie die meisten BBC-Produktionen durch namhafte Besetzung und aufwändige Produktion. Gelegentlich ist das Format etwas zu trutschig ausgefallen, aber die dramatische Familiengeschichte, die die Krimihandlungen ebenso einbettet wie aufwertet, heb sich wohltuend von üblichen Genrebeiträgen ab.
Serien-Wertung: (7 / 10)
Der Pathologe – Mörderisches Dublin
OT: Quirke
Genre: Krimi, Thriller, Drama, TV-Serie
Länge: 3 x 90 Minuten, UK, 2014
Regie: John Alexander, Jim O’Hanlon,Diarmuld Lawrence,
Drehbücher: Andrew Davis, Connor McPherson
Romanvorlage: John Banville alias Benjamin Black
Darsteller: Gabriel Byrne, Michael Gambon, Nick Dunnnini, Aisling Fanciosi
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Polyband, BBC
DVD- & BD-VÖ: 26.08.2014