Wann, wenn nicht im Sommerloch und während der Fußballweltmeisterschaft kann man die Gelegenheit nutzten, um unterschätzte Filmperlen in höchsten Tönen zu preisen. Inzwischen ist Bjarne Mädel als Tatortreiniger in Serie unterwegs und wird mit dem Grimme-Preis belohnt. Allerdings gab es schon 2009 einen feinen amerikanischen Independentfilm zum Thema Tatortreinigung „Sunshine Cleaning“. Ich hatte schon beim ersten Kinobesuch das Gefühl, hier Serienportential entdeckt zu haben, und dabei bleibe ich. In aller bester „Six Feet Under“ Manier, ließe sich eine kleine, feine „Sunshine Cleaning“ Serie produzieren.
Da lehnt man sich entspannt zurück und erwartet eine nette Komödie, immerhin von den „Little Miss Sunshine“-Machern, und dann geht der Film mit eine ganz schön fiesen Gag los. Dann bist du auch wieder wach – und der Film kann losgehen! Souverän und mit viel schwarzem Humor geben die kreativen Damen Christine Jeffs (Regie) und Megan Holley (Drehbuch) das Zepter ihres wunderbaren Frauenfilms nicht wieder ab. Das Tempo bleibt hoch, die Gagdichte überdurchschnittlich und das Niveau absolut stimmig.
Dabei ist „Sunshine Cleaning“ alles andere als eine Screwball-Comedy. Die Story von Rose, die zwar in der Schule die Cheerleading-Queen war und mit dem Quarterback des Footballteams eine verheißungsvolle Zukunft in Aussicht hatte, räumt solide mit dem amerikanischen Kleinstadt-Idyll auf. Für den inzwischen anderweitig verheirateten Ex-Quarterback ist sie nur noch eine Affäre. Und als unqualifizierte Reinigungskraft, hat sie auch noch einen unehelichen Sohn großzuziehen. Immerhin bringt der Cop Mac, ebenjener besagte Schulsportler, Rose auf die Idee, eine eigene Firma aufzumachen: Tatortreinigung.
Hört sich schräg und eklig an und das ist es auch, aber Rose wittert ihre Chance und mit Hilfe ihrer Familie, also mit jüngerer, nutzloser Schwester Norah (Emily Blunt) und verschrobenem Vater Joe (Alan Arkin), entsteht das „traditionsreiche“ Familienunternehmen „Sunshine Cleaning“. Der Zuschauer lernt endlich was eine Business-Lüge ist, und das eine solche weniger schlimm ist als eine Lebenslüge; und weiter geht’s, von Tatort zu Tatort. Während Rose immer mehr in ihrer Rolle als selbständige Unternehmerin aufgeht, und ihr dank der Ratschläge von Winston (Clifton Collins Jr.), dem Verkäufer im Großhandel für Reinigungsunternehmen, langsam klar wird, welche organisatorischen Hürden sie noch meistern muss, geht an der Familienfront so einiges schief. Es bleibt also genug Chaos und Witz und Lebensfreude für einen wunderbaren Film.
„Sunshine Cleaning“ war für mich in mehrerer Hinsicht eine echte Überraschung. Das Ensemble des Films funktioniert brillant und Amy Adams und Emily Blunt sind umwerfend, war zu dem Zeitpunkt aber noch weit von heutigem Starruhm entfernt und eher Vielschauern schon mal aufgefallen. Alan Arkin („Get Smart“) ist so wunderbar kauzig wie grantelig, wenn er unermüdlich mit seinem Enkel neue Geschäftsideen ausprobiert, von denen eigentlich keine funktioniert. Norah arbeitet zwar mit ihrer Schwester, doch die Schicksale hinter den Müllbergen, Habseligkeiten und Hinterlassenschaften gehen ihr weit näher, als der getriebenen Rose. Jeder in diesem klugen und menschlichen Film hat so seine fünf Minuten. Hier prallt Familiendrama auf schwarzen Humor und Frauenfilm auf Splatterfaktor. Und die Mischung ist hochunterhaltsam und wahrlich intelligent.
„Sunshine Cleaning“ wischt einem dem Dreck aus dem Alltag! Und ist ein Paradebeispiel für hoffnungsirrem Pragmatismus. Ganz, ganz großes Kino!
Film-Wertung: (9 / 10)
Sunshine Cleaning
Genre: Komödie, Drama,
Länge: 91 Minuten, USA 2008
Regie: Christine Jeffs
Darsteller: Amy Adams, Emily Blunt, Alan Arkin
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Capelight / Central Film
Kinostart: 21.05.2009
DVD-& BD- VÖ: 15.10.2009