Eigentlich bräuchte „Hellblazer“ dieser Klassiker des erwachsenen Horror-Comics, den Alan Moore einst aus der Wiege hob, keine weitere Einführung. Die aktuelle Serie stagniert momentan allerdings und die aktuelle Ausgabe datiert vom November 2011, mit neu begonnenem Story-Bogen. Panini hat nun einen neue Collection auf den Weg gebracht, die in fünf Bänden den Beitrag von Kultautor Garth Ennis würdigt, der die Serie 1991 übernahm und damit sein Debut auf dem amerikanischen Comicmarkt startete. Und Ennis bringt seinen Helden erstmal um.
Der Dämonenbekämpfer John Constantine ist mit Dämonenblut verseucht, das ihm Krebs im Endstadium beschert. Also macht sich der blonde Kettenraucher mit dem Gedanken an das nahende Sterben vertraut und beginnt sich von seinen Freunden und Weggefährten zu verabschieden. Nach einem Besäufnis bei seinem alten Freund Brendan, der ebenfalls todkrank ist, legt sich Constantine allerdings mit einem der drei Höllenfürsten an. Der kann es nun kaum erwarten, dass Constantine das Zeitliche segnet. Da muss sich der Dämonenjäger nun etwas einfallen lassen, um nicht in Ewigkeit unvorstellbare Qualen zu leiden. Aber Contantine wäre nicht Constantine und Ennis nicht Ennis, wenn es da nicht noch Möglichkeiten gäbe.
Der irische Comic-Autor Garth Ennis übernahm die erfolgreiche Horror-Serie 1991 mit der Nummer 41 und ist immer noch der „Hellblazer“-Autor mit den meisten Ausgaben. Zuvor hatte sich Ennis als Autor für 2000 AD und deren Aushängeschild „Judge Dread“ einen Namen gemacht. Mit seinem Wechsel zu Vertigo und Hellblazer betritt er nun amerikanisches Comic-Territorium und legt gleich mit einen Knall los. Der von Steve Dillon gezeichnete Storybogen „Deadly Habits“ wird zur Basis einer steilen Karriere, die sich nach „Hellblazer“ vor allem in der großartigen Serie „Preacher“ begründet, ebenfalls von Steve Dillon gezeichnet und wie auch die Hellblazer-Stories mehrfach mit Preisen ausgezeichnet. Es gibt vielleicht spektakulärere Zeichner als Steve Dillon, aber wie bei allen Dream Teams muss die Chemie einfach stimmen und Dillons Artwork schafft es immer wieder, die Story effektiv umzusetzen Garth Ennis ist ein Meister des politisch unkorrekten Auslotens menschlicher Abgründe und religiösen Wahns. Mit derbem und tiefschwarzem Humor lässt der Autor seine mackermäßigen Helden auch immer Schwächen offenbaren.
Auf Deutsch erschien „Deadly Habits“ 1999 zunächst bei Schreiber und Leser unter dem Titel „Schlechte Gewohnheiten“ bevor Panini die Rechte an der Serie erwarb. Der erste Band der nun veröffentlichten Garth Ennis Hellblazer Collection umfasst die Ausgaben 41 bis 49, also nach den „Gefährlichen Lastern“ noch einige anschließende Ausgaben. Die Panini-Ausgabe kommt in neuer Übersetzung von Gerlinde Althoff, die ihre Vorteile, aber auch ihre Schwächen hat. Im direkten Vergleich mit der Schreiber& Leser Übersetzung, deren Verfasser nicht angegeben ist, wirken beide Übersetzungen auf ihre Weise gelungen und treffen den Sound des Originals. Ist wohl Geschmackssache, welche der Leser bevorzugt.
„Gefährliche Laster“ ist ein Klassiker des erwachsenen Horror-Comics und bildet nicht umsonst die Grundlage für die Comic-Verfilmung „Constantine“ (2005) mit Keanu Reeves in der Rolle des Dämonenjägers. Dabei ist es gerade die menschliche Seite der Story, die zu überzeugen weiß, und Ennis misst dem Seelenleben und den sozialen Verflechtungen des John Constantine deutlich mehr Gewicht bei als spektakulären Kämpfen mit der Höllenbrut. Erstaunlicher Weise, und das zeigt Ennis Meisterschaft als Autor, führt das dazu, dem Grauen und dem Bösen eine noch bedrohlichere, weil alltäglichere Dimension zu verleihen. Das hat Massstäbe gesetzt und durchaus literarische Qualität und mit den vermeintlichen Pulpcharakter des Mediums Comic absolut nichts mehr gemein.
Fazit: Der erste Band der Hellblazer Garth Ennnis Collection „Gefährliche Laster“ gehört in jedes ernsthafte Comicregal, sofern die Story da nicht sowieso schon längst einen Ehrenplatz hat. Außerdem passt die Hardcover-Ausgabe ganz wunderbar neben den gesammelten Preacher.
Comic-Wertung: (9,5 / 10)
Hellblazer: Garth Ennis Collection volume 1 „Gefährliche Laster“
OT: Hellblazer 41-49, USA 1991-1992, Vertigo
Genre: Horror, Erwachsenencomic
Autor: Garth Ennis
Zeichner: Steve Dillon, Willl Simpson,
ISBN: 978-3-86201-238-1
Verlag: Panini, 235 Seiten, Hardcover
VÖ: 13.02.2012
weiterführende Links:
Hellblazer bei PaniniOnline Leseprobe bei Mycomics.de (nur nach einloggen)
Hellblazer in der englischen Wikipedia
Garth Ennis in der Englischen Wikipedia
PS: Außerdem gibt es wunderbare Hellblazer-Fanseiten, die mindestens so gut und informativ sind wie die Wiki-Eintrage. Warum die deutschen Wiki-Einträge in Bezug auf Comics meistens nicht zu gebrauchen sind, zeigt nur wie wenig das Medium hierzulande geschätzt wird.