So schön kann traurig sein: Wenn sich die außergewöhnliche Brieffreundschaft zwischen der achtjährigen Mary Daisy Dinkle und dem 40-jährigen Max Horovitz im Knetgummiland entspinnt, hat das wenig mit „Wallace und Gromit“ zu tun. Viel eher werden in Adam Elliots Film „Mary und Max – Oder: Schrumpfen Schafe wenn es regnet?“ die Tiefen menschlicher Abgründe anhand von zwei Außenseitern ausgelotet – zutiefst berührend und sehr lustig.
Die achtjährige Mary Daisy Dinkle lebt in Australien und hat es nicht leicht. Ihre Mutter trinkt, ihr Vater ist gleichgültig und zerfahren, in der Schule wird sie gemobbt und auch sonst hat sie keine Freunde. Eines Tages beschließt sie, sich eine Brieffreundin zu suchen, und pickt aus einem zufällig im örtlichen Postamt herumliegenden New Yorker Telefonbuch wahllos einen Namen heraus.
Die vermeintliche Brieffreundin entpuppt sich als Max Jerry Horovitz, der eher agnostische Jude ist 40, leidet an Fettleibigkeit und Panikattacken. Menschen kann er eigentlich nicht leiden, eben weil sie ihm Angst machen. Sein einziger Freund ist ein Goldfisch, der allerdings im Lauf des Films auch etliche Inkarnationen erlebt.
Nach anfänglicher Verwirrung beantwortet Max den Brief von Mary und packt noch einen Schokoriegel mit dazu. Daraus entspinnt sich eine zwanzigjährige Brieffreundschaft, die auch Nervenzusammenbrüche, Anstaltsbesuche und Ehedramen übersteht. Die kleine Mary stellt seltsame Fragen, Max gibt erstaunliche Antworten. Doch die Geschichte geht nicht gut aus.
Eigentlich wäre soviel menschliches Elend kaum zu ertragen, wäre da nicht die liebevolle und absurd schwarzhumorige Umsetzung der Geschichte duch Knetfiguren. Regisseur Adam Elliot macht es uns damit leicht, Zugang zu seinen Figuren zu finden, mit ihnen zu leiden und in den schlimmen Momenten trotzdem noch zu grinsen. Die unglaublich lockere Erzählweise von „Mary und Max“ führt den Zuschauer von einer Katastrophe zur nächsten Tragödie. Das macht Spaß und berührt zugleich. Insofern ist „Mary und Max“ ein im positiven Sinn irritierender Film.
Adam Elliot ging 2003 mit seinem Oscar-gekrönten Knetmasse-Kurzfilms „Harvie Krumpet“ schon in eine ähnliche Richtung: Das Leben eines an Tourette leidenden Unglücksraben, gesprochen von Geoffrey Rush, setzt auf die gleiche Mischung aus Lebenskatastrophen und Humor.
„Mary und Max“ lebt auch von der großartigen Sprecherbesetzung. Die deutsche Version kann absolut überzeugen. Im Original ächzt und nöhlt sich Oscarpreisträger Philip Seymour Hoffman durch die Rolle des Max, während Toni Collette („Little Miss Sunshine“) der erwachsenen Mary ihre Stimme gibt.
Fazit: Nun weiß ich, dass Kippen schlecht sind, weil sie ins Meer rausgeschwemmt werden und die Fische sie dann rauchen und nikotinabhängig werden. Und ich weiß, dass ich mit „Mary & Max“ einen der besten Filme des Jahres gesehen habe.
Film-Wertung: (9,5 / 10)
Titel: „Mary und Max“
OT: „Mary and Max“
Genre: Animation, Tragikomödie
Regie: Adam Elliot
Darsteller: Toni Collette, Philip Seymour Hofman
Länge: 92 Minuten
FSK: ab 12 Jahren
Verleih: MFA, Ascot Elite
Kino-Start: 26.08.2010
DVD- & Blu-ray-VÖ: 02.12.2010
Extras: Kurzfilm „Harvie Krumpet“, Making Ofs, Deleted Scenes, Alternative Enden,Interview Eric Bana & Barry Humphries, Audiokommentar Adam Elliot, Trailer, Trailershow
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