Während allerorten über den Niedergang der Musik durch die Künstliche Intelligenz geklagt wird, scheint in und um Leipzig der Spaß an handgemachter Musik ungetrübt. Das Quartett Zhaat hat am Sound getüftelt, eine eigenwillige Post-Hardcore Stoner Mische angesetzt und nun auch bei den freundlichen Undergroud-Rockern von Noisolution Record eine Label-Heimat gefunden. „Other Prophets“ heißt das charismatische Debüt der Band.
So richtig viel sehen können die Covergestalten auf „Other Prophets“ nicht. Alle haben Tuch vorm Kopf um die eigene Vision klarer zu erkennen. Zweigfuchtelnd und Wünschelrute schwingend tappen die Gestalten durch die Negativzone wie einst die Nazgul, die Ringgeister im Fantasy-Epos „Herr der Ringe“. Mag also durchaus sein, dass der Albumtitel ironisch zu verstehen ist. Oder auch in bester Punk-Manier: „Kill your Idols.“
Aber dazu muss mensch erst einmal welche haben. Und sicher haben die Vier von Zhaast zu Beginn ihres gemeinsamen Musizierens noch eher der aggressiven Postpunk-Schule ihren Tribut gezollt. Thematisch „Odysseus“ und „Voltaire“ besungen. Zu hören beispielsweise auf dem bei Bandcamp eingestellten Demo von 2019. Anno 2023, beim mitgeschnittenen Auftritt im Westwerk war dann schon der Großteil jener Songs am Start, die auch auf „Other Prophets“ zu hören sind.
„Shadows in the Dark, burn at Night“
Freilich macht ein töfter Sound auch mächtig Ein- und anderen Druck. Weshalb beispielsweise „Kante“, die vorab ausgekoppelte Video/Single, deutlich druckvoller klingt als beim Auftritt. Aber nicht nur. Im direkten Vergleich haben Zhaat ihr Zusammenspiel noch dynamischer und druckvoller gestaltet. Live-Mitschnitte sind immer bloß Momentaufnahme, aber gerade die Laut-Leise-Dynamik, die so soundprägend ist, kommt auf dem Debüt-Album (!) dermaßen knackig rüber, dass es eine Wonne ist.
Sofern mensch denn auf diese Art von Musik steht. Klanggewordene Wut, die sich ein kreatives Ventil sucht. Da geht es beizeiten Schwer riffend und Doom-mäßig zur Sache, wie bei „The Essence“, bis mensch sich erstmal ausgepowert hat und ab Spielminute zwei auch mal über Gitarrenmelodie nachsinnen kann und über progressives Ausleiten der aufgestauten Energien.
Ich finde mich da wieder, wenngleich ich bei den ersten Durchläufen zu sehr am vorherrschenden Midtempo hängen blieb und mich der Gesang, sofern nicht geshoutet, nicht sonderlich abgeholt hat. Aber das ist auch immer Geschmackssache.
Doch zum „Essence“-Zeitpunkt des Albums sollten die Chakren bereits freigespült sein und die geneigte Hörerschaft mit der Band auf einer Klangreise sein. Eine Reise vom orientalisch angehauchten „Ramses“ über das frickelig post-hardcorelastige „Kante“, das quasi lobnpreisende, aber dennoch schwere „Ramayana“ mit standesgemäßen Sitar-Sounds hin zu „The Seer“.
„Where we Are, there’s no Light.“ (Ramses)
Jener Seher, der als anderer Prophet in atmosphärischer Klanglandschaft sieht, was der Singende getan hat, denn der (oder die) hat die Sonne blau gefärbt, den Baum rot, den See weiß und die See schwarz. In dem Sechsminüter rocken Zhaat schon ziemlich proggig, ohne ihre Heavyness zu verlieren.
„Divine Command“ ist ein fetter Stoner Rcker mit klarer Gitarrenmelodie und geshoutetem Gesang. „Maniac“ wieder hysterischer und zum Abschluss wirds bei „Tikal“ nochmal episch und proggig. Was das Album eint, sind die Melodie-Motive, die als orientalisches Ornament immer wieder aufgenommen werden und so für Zusammenhang sorgen. Das macht schon sehr viel Spaß und verspricht auf der Bühne eine ordentliche Sause zu werden.
Zhaat aus Leipzig haben den wütenden Kern ihrer Musik freigelegt und mit schweren Gitarren und orientalischer Melodik in die Gefilde des Post Hardcore überführt. Das ist mehr als nur eigenständig und rockt gelegentlich auch in psychedelischen und stonerrockigen Gefilden. Mal instrumental mal mit Text und Gesang entfacht das Quartett einen hypnotischen Sog. Willkommen im lebendigen Rock-Underground.

Zhaat: Other Prophets
Genre: Post Hardcore, Stoner Rock, Psychedelic
Länge: 35 Minuten, 8 Songs, D, 2025
Interpret: Zhaat
Label: Noisolution
Vertrieb: Edel
Format: CD, digital, Vinyl
VÖ: 02,.10.2025