Auf Forschungsreise im #sommerkino25: „Die versunkene Stadt Z“ von 2016. Filmmacher James Gray wagt sich mit seinem Film aus seinem bisherigen Tummelplatz New York heraus. Mit dem britischen Forscher Percy Fawcett macht er sich daran, einen anderen Dschungel zu erforschen: Das Amazonasgebiet. Mit Charlie Hunnam, Sienna Miller und Robert Pattinsson ist das biografische Filmabenteuer prominent besetzt und feierte während der damaligen Berlinale seine Premiere.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hängt der britische Offizier Percy Fawcett (Charlie Hunnam) in einer Karriere-Falle fest. Stationiert in Cork, Irland, hat er als Ausbilder der Reservisten kaum eine Möglichkeit sich militärisch auszuzeichnen. Trotzdem hoffen seine Frau Nina (Sienna Miller) und er, eines Tages doch weiter aufzusteigen. Die Chance ergibt sich, als die Royal Geographic Society in London eine Vermessungsexpedition in das Grenzgebiet zwischen Bolivien und Brasilien schickt. Die beiden lateinamerikanischen Länder haben Grenzstreitigkeiten, und den Briten obliegt es als Neutrale Partei den Grenzverlauf zu kartographieren.
Für die Mission heuert Fawcett den Haudegen Henry Costin (Robert Pattinson) an, den er erst auf der Überfahrt kennenlernt. Doch in Brasilien angekommen, hat sich die politische Lage derart verändert, dass die Grenzvermessung eigentlich als zu gefährlich gilt. Fawcett und seine kleine Expedition machen sich dennoch auf dem Weg. Mit Booten und einem Indio-Führer folgt die Gruppe dem Lauf des Amazonas zur Quelle. Und mitten im Urwald stößt Fawcett auf Tongefäße, die darauf schließen lassen, dass hier eine alte Kultur gelebt haben könnte.
Der Traum von Aufstieg
Zurück in Großbritannien ist Fawcett nun ein gefeierter Mann. Doch die Idee der Suche nach einer verschwundenen Stadt im Urwald, die er selbst „Z“ nennt, hat ihn gepackt. Unterstützt von dem renommierten Forscher James Murray (Angus Macfadyen ) beantragt Fawcett bei der Royal Geographic Society eine weitere Amazonasexpedition. Doch ausgerechnet Murray stellt sich auf der Reise als schwere Last heraus.
Der britische Forscher Percy Fawcett ist der Nachwelt trotz mehrerer wissenschaftlicher Veröffentlichungen vor allem durch seine Suche nach der mysteriösen Stadt im südamerikanischen Dschungel in Erinnerung geblieben. Die begründet letztlich auch sein spurloses Verschwinden im Jahr 1925. 2009 veröffentlichte der Autor David Grann ein Buch über Fawcetts Suche nach Z, das auch dem Abenteuerfilm von James Gray zu Grunde liegt. Die namehafte Besetzung um „Sons of Anarchy“-Star Charlie Hunnam kann allerdings kaum glänzen. Während Hunnam dem Forscher trotz zeitgemäßer britischer Reserviertheit lebendig macht, geben die Rollen für Sienna Miller und auch „Twilight“-Star Robert Pattinson nicht viel mehr her, als typische Sidekicks.
James Gray („The Immigrant“, „Helden der Nacht- We Own the Night“) legt mit „Die versunkene Stadt Z“ einen ambitionierten Film vor. Der will nicht nur Abenteuerfilm sein, sondern auch das Ende einer Epoche beschreiben. Und auch noch die Beziehungs-und Familiendynamik in der Familie Fawcett untersuchen will. Doch ausgerechnet der letztere Aspekt gerät überraschend hölzern.
Die Neugier wächst
Angesichts von Gray bisherigen Filmen („Two Lovers“), die sich immer auch intensiv, bisweilen anstrengend mit Beziehung und Familie beschäftigten, wird die Beziehung hier in wenigen Nuancen skizziert. Fawcett und seine zwar emanzipierten, aber immer unterstützenden Frau bleiben dem Publikum auf Distanz. Für Sienna Miller ist es ein wenig schade. Ihre Rolle gibt nicht mehr her als die wartende Gattin, die bei jeder Heimkehr neuen Nachwuchs präsentiert.
Diese Heimatgeschichte zwischen den einzelnen Forschungs-Episoden stört den Filmfluss ebenso wie die Szenen auf den Schlachtfeldern des ersten Weltkriegs. Die sind zwar eindrucksvoll, aber letztlich auch überflüssig und wohl nur im Film, weil die lange Dauer bis zu Fawcetts nächster Expedition überbrückt werden soll.
Vordergründig bleibt „Die versunkenen Stadt Z“ ein klassischer Abenteuerfilm, der mit 140 Minuten wegen der gerade erwähnten Aspekte zu lang geraten ist. Das liegt aber auch daran, dass Regisseur Gray die biografische Geschichte nimmt, um exemplarisch auch eine Art Zeitenwende zu portraitieren. Das ist allerdings sehr gelungen und bereichert den erdigen Film erheblich. Das 19. Jahrhundert geht mit dem ersten Weltkrieg definitiv zu Ende und auch das britische Empire muss einige Veränderungen verkraften. Es gibt auf der Welt kaum noch unerforschte Bereiche, Amazonien gehört dazu. Was nicht nur die Briten, sondern auch anderen westlichen Nationen zu einer überheblichen Selbstzufriedenheit verleitet.
Weltenwandel
Doch die Veränderungen sind nicht nur weltpolitischer Natur, sondern vor allem emotionaler und gesellschaftlicher Art. So steht der Kontrast zwischen (britischer) Zivilisation und den scheinbar primitiven, indigenen Völkern als Thema stark im Vordergrund des Abenteuerdramas. Die filmischen Sequenzen der Urwald-Expedition überzeugen. Und sie sind erstaunlich realistisch gefilmt, ohne dabei auf Effekte und Action abzuzielen. Stattdessen herrschen Strapazen, Leiden und Entbehrungen vor, während die Landschaft, in Kolumbien gefilmt, ihre volle grüne Pracht entfaltet.
Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen Kultur und Primitivismus immer mehr, je weiter Fawcetts Expedition in den Urwald eindringt. Das dort erbaute „Opernhaus“ ist eher ein Ausdruck der Dekadenz. Die scheinbar Wilden sind schon seit Generationen in der Lage den Urwald als Lebensraum zu nutzen und sogar landwirtschaftlich zu kultivieren. Auch die zweite Expedition, an der der renommierte, aber ungeeignete und untrainierte Murray teilnimmt, zeigt die Arroganz der Forschernationen. Von denen löst sich Fawcett immer weiter und nähert sich so den indigenen Völkern immer weiter an. Kein Wunder, dass diese so fremdartige Welt zu einer Art Obsession wächst. Dabei macht der Forscher eine Entwicklung durch, die seine ursprünglichen Motive wie sozialen Aufstieg und Ruhm in den Hintergrund treten lassen.
Mit dem biografischen Abenteuerfilm „Die versunkenen Stadt Z“ gelingt Regisseur James Gray ein im Wesentlichen überzeugendes und realistisches Bild des Entdeckers Percy Fawcett und dessen Urwald-Obsession. Dabei kommt der Film glücklicher Weise ohne überzogene Action und fantastische Effekte aus.

Die versunkene Stadt Z
OT: The Lost City of Z
Länge: 140 Minuten, USA, 2016
Genre: Abenteuer, Biopic.
Regie: James Gray
Schauspiel: Charlie Hunnam, Tom Holland, Sienna Miller, Robert Pattinson,
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Studiocanal
Kinostart: 30.03.2017
DVD- & BD-VÖ: 17.08.2017