Ansichten am Donnerstag #67: Männer in Strumpfhosen

Man kommt ja wirklich zu nix und so muss ich mich wohl entschuldigen, in dieser Kolumne lange nichts mehr zum Besten gegeben zu haben. Angesichts der Superhelden im Anflug auf die Leinwand fühle ich mich genötigt, den Comic als Erwachsenenliteratur zu verteidigen. Keine leichte Aufgabe gegen die das mutige Blau und das schnelle Grün.

Andere Länder und Kulturen schätzen eine feine Bildgeschichte weit höher, als das hierzulande angenommen wird. Während das Comic und auch die literarische Sparte der Graphic Novels in Japan, Amerika und Frankreich als kunstvolle Erzählform auch für Erwachsene seit Jahrzehnten anerkannt sind, glaubt man in Deutschland gemeinhin immer noch, dass es sich um Kinderkram handelt.

Micky Maus und Superman, Fix und Foxy und die Zack-Heftchen. Mehr fällt den meisten nicht zum Thema Comic ein, neben den Ottifanten und Hägar als Dauerbrenner in den Tageszeitungen. Daran haben auch diverse lobenswerte Comic-Editionen mit Klassikern des Mediums nicht viel geändert.

Erstaunlicherweise sind und waren etliche Leute der Meinung, Batman oder Spider-Man seinen den Gang ins Kino wert. Superhelden, die gegen das mutierte Böse ankämpfen. Das liegt selbstredend an den fantastischen Möglichkeiten der Leinwandumsetzung, die einen Haufen toller Action und Kulissen verspricht und insofern eine zeitgemäße Fortschreibung des klassischen Märchens ist. Doch das ist es nicht allein.

Der Erfolg dieser Fantasiegebilde begründet sich auch dadurch, dass eben nicht nur ein infantiles, juveniles Publikum angesprochen wird. Sowohl bezüglich der Stories als auch der Charaktere ist den guten Comic-Verfilmungen eine Tiefe und Komplexität eigen, die auch Erwachsene anspricht und großartige Schauspieler:innen dazu bringt, mit Inbrunst und Verve Comicfiguren zu verkörpern.

Geschichten in Bildern erzählen

Nun haben die Drehbuchautoren, das aber nicht aus dem luftleeren Raum heraus erfunden und zu der Comicvorlage dazu gedichtet; das alles lässt sich auch aus den Comics herauslesen. Mit Kinderkram hat das wenig bis gar nichts zu tun.

Fragt sich, ob die Blockbuster den Verlagen mehr Leser beschert haben. Jedenfalls schien es, als würde die allgemeine Akzeptanz für Comics endlich besser werden. Und nun (anno 2011) das: Laterne laufen mit einem infantilen Kindskopf, der mit Mitte Zwanzig noch immer nicht aus der Pubertät heraus ist, und mal kurz den Krieg gewinnen. Mit einem mutierten Hänfling, der auf blauen Dunst hin glaubt, sein Land vor dem Bösen verteidigen zu müssen.

Gemessen an den hohen Standards einiger wirklich großartiger Comic-Verfilmungen auch im Superhelden-Genre verpuffen die beiden farbenfrohen Helden in einer Wolke pastelltürkisen Dunstes. Außer dem computeranimierten Actionspektakel haben die beiden vermeintlichen Blockbuster kaum etwas zu bieten. Die Götterhämmerung „Thor“ hatte wenigstens noch einen soliden Familienstreit an Bord. So aber, bleiben Comics und ihre Verfilmungen auch weiterhin Kinderkram und geben allen Spöttern Recht, die gerade mal wissen, wie man Manga schreibt, wenn‘s im Kreuzworträtsel gefragt ist.

Viel Spaß im Kino.

P.S.: „Das kleine Blau und das kleine Gelb“ (1962) ist ein Kinderbuchklassiker von Leo Leonni.

[ursprünglich veröffentlicht bei cinetrend.de am 18.08.2011]

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