Die 11jährige Willow Flynn und ihr Vater ziehen schon wieder um. Vielleicht zum letzten Mal? Denn sie haben von Großtante Alwina ein Haus geerbt und Willow sogar einen ganzen Wald. Der Neustart ist gar nicht so einfach, hält aber auch tolle Überraschungen parat. Die Verfilmung des erfolgreichen Kinderbuches von Sabine Bohlmann erscheint nun im Stream und für das klassische Home-Entertainment als DVD und Blu-ray.
Willows Vater (Golo Euler) erzählt seiner Tochter, dass jeder Freunde braucht. Willow (Ava Petsch) bezweifelt das und hat keine Lust auf die neue Schule und die neue Klasse. Denn die beiden Flynns sind gerade erst wieder hergezogen. Wieder, denn Willow hat hier im Haus von Großtante Alwina ihre ersten Jahre verbracht, bis Willows Mutter verstorben ist.

Nun hat Willow einen ganzen Wald geerbt. „Ach, den ollen Hexenwald.“, meinte ein Mitschüler nur dazu. Der Wald ist deutlich spannender als Schule und Willow hat gleich eine besondere Verbindung zu den Tieren und den Pflanzen. Eines Tages schläft sie unter dem schönen alten Baum, den sie Waltraud genannt hat ein und träumt von Alwina.
Umzüge und Schulden
Alwina verrät ihr, das Willow eine Hexe ist und nun die Zeit reif ist, ihre Kräfte zu erwecken. Dazu soll das Zauberbuch helfen, das in der verlassenen Waldhütte liegt. Tatsächlich erwacht das Zauberbuch und stellt sich als Grimmoor (Max Giermann) vor. Der Papierzauberer findet heraus, dass Willow eine Feuerhexe ist.
Nun muss sie die Hexen der anderen drei Elemente, Wasser, Erde und Luft finden, die ungefähr in ihrem Alter sein müssten. Erst dann können sich die Zauberkräfte der Hexen richtig entfalten. Und das ist bitter notwendig, denn die Immobilienmakler Geier & Geier wollen den Wald abholzen und hier ein Einkaufszentrum errichten.
Filme für ein junges Publikum sind immer eine besondere Herausforderung, denn sie müssen altersgerecht sein, was auch immer das jeweils bedeuten mag. Bei „Das Mädchen Willow“ richtet sich die erfolgreiche Buch-Reihe an Leser:innen ab 10 Jahren. Für die kindliche Zielgruppe gibt es bislang fünf Abenteuer von Willow und ihren Mithexen, die Autorin Sabine Bohlmann geschrieben hat.
Bärenpuschen und Hosenröcke
Ich gestehe, ich kenne die Buchvorlage nicht, bin aber der Ansicht, dass ein Film auch so funktionieren muss. Und leider ist „Das Mädchen Willow“ etwas langweilig ausgefallen. Das hat nichts mit der kindlichen Besetzung zu tun, aber viel mit der fehlenden Dramatik. Es mag eine bewusste Drehbuch- und Regieentscheidung sein, hier eine kindliche und weitgehend harmlose Umwelt zu zeigen, in der die Mädchen ihre Freundschaften erst finden müssen und die kleinstädtischen Herausforderungen zu bewältigen sind.
Andererseits hat Willow früher mal ihre Mutter verloren und als Neue in der Klasse hat sie es nicht leicht. Eine Last scheint es aber nicht zu sein, ebenso wirken die „schurkischen“ Makler, die den Wald kaufen und abholzen wollen vor allem überspielt albern und kaum bedrohlich; wie in so vielen deutschen Jugendfilmen. Das ist schade, denn so plätschert die magische Entstehung des Hexenclubs etwas alltäglich dahin.
Außerdem finde ich es schon etwas befremdlich in welcher irrealen, verzauberten Weise hier der Wald dargestellt wird. Das hat viel mit „zauberhaftem Filmspaß“ oder auch Esotherik zu tun und wenig mit tatsächlichen Wäldern, die ja rätselhaft, mystisch und Zauberhaft genüg sind. Es muss ja nicht Märchenhaft düster sein, aber quitschebunte Fantasieblumen auf zauberbestäubten Lichtungen braucht es auch nicht. Vor allem wenn diese wirken wie von Social Media Tools drübergelegt. Waltraud hat wie bei Förster Peter Wohlleben „Wurzeln durch den ganzen Wald“.
Großer Sturm und laues Lüftchen
Die Erwachsenen machen in „Ein Mädchen namens Willow“ keine gute Figur. Der Vater bleibt floskelhaft blass, die Nachbarin hexenhaft (?) schräg, die Makler geldgierig und der Förster ordnungsliebend teutonisch. Es hat schon seinen Grund, warum in den „Peanuts“ Comic Strips nie Erwachsenen vorkommen; sie stören nur.
Regisseur Mike Marzuk hat unter anderem auch die „Fünf Freude“-Filme gedreht und andere Kinderfilme wie „Die Chaosschwestern und Pinguin Paul“, die sind immerhin erfolgreich und erreichen ihr Publikum. Das wird „Ein Mädchen namens Willow“ sicher auch. Aber etwas schade ist es schon, dass der Hexenzirkel so faszinierend bleibt wie ein Wandertag.
Und noch kurz gefragt, woher weiß das Publikum, dass der Fuchs Rufus heißt? Abgesehen davon, dass es in der Kurzbeschreibung steht? Und er weicht sehr wohl von Willows Seite. Es geht um Freundschaft und nicht das Reden mit Tieren.
Der Kinderfilm „Ein Mädchen namens Willow“ ist als Fanservice für die jungen, vornehmlich weiblichen Leserätt:innen von Sabine Bohlmanns erfolgreicher Buchserie sicher ganz gelungen. Mir persönlich hätte etwas wenige Feenstaub und etwas mehr Erde unten den Fingernägeln besser gefallen.
Ein Mädchen namens Willow
OT: ein Mädchen namens Willow
Genre: Familienunterhaltung, Kinderfilm
Länge: 101 Minuten, D, 2024
Vorlage: Gleichnamiger Roman von Sabine Bohlmann
Regie: Mike Marzuk
Schauspiel: Ava Petsch, Anna von Seld, Mary Amber Oseremen Tölle, Cora Trube
FSK: ohne Altersbeschränkung, Ab 0 Jahren
Verleih: Constantin Film
Kinostart: 27.02.2025
DVD- digital & BD-VÖ: 17.07.2025
Ein Kommentar
Die vorliegende Kritik trifft den Kern des Films mit beeindruckender Präzision. Besonders die treffende Beobachtung über die „fehlende Dramatik“ und die „alltäglich dahinplätschernde“ Hexenclubentwicklung zeigt ein scharfes Auge für die strukturellen Schwächen der Verfilmung.
Ihre Beobachtungen passen hervorragend zu einem zentralen Problem der Adaption: Die Verfilmung hat Willows Figur stark entmachtet, wodurch aus der selbstbestimmten Buchheldin eine merkwürdig passive Filmfigur wird. Während Sabine Bohlmanns Buchreihe ein Mädchen zeichnet, das trotz anfänglicher Unsicherheit zunehmend eigene Entscheidungen trifft und ihre Hexenkraft aktiv entdeckt, reduziert Mike Marzuks Film sie zu einer Spielfigur, die durch die Handlung geschoben wird.
Im Film scheint tatsächlich alles „von außen“ zu kommen: Der Fuchs Rufus führt sie zu wichtigen Orten, das sprechende Buch Grimmoor liefert alle zentralen Informationen und Impulse, und sogar ihre Entdeckung der anderen Hexen wirkt mehr zufällig als durch eigene Initiative vorangetrieben. Grimmoor übernimmt dabei die Rolle eines allwissenden Erzählers, der nicht nur Wissen vermittelt, sondern Willow praktisch durch ihr eigenes Abenteuer dirigiert.
Besonders auffällig ist, dass Valentina und Gretchen im Film aktiver und entschlossener wirken als die Protagonistin selbst. Selbst bei der finalen Konfrontation mit den Geier-Maklern wirkt Willow wie ein Randmitglied ihrer eigenen Geschichte – sie zaubert kurz mit, überlässt dann aber anderen den Vortritt. Diese Passivität steht im krassen Gegensatz zu den Büchern, wo Willow durch innere Entwicklung und wachsende Selbstständigkeit überzeugt.
Regisseur Mike Marzuk, bekannt für seine „Fünf Freunde“-Verfilmungen, scheint hier einem bewährten, aber problematischen Muster zu folgen: Die Straffung des Plots geht zulasten der charakterlichen Tiefe. Vermutlich wurde Willows innere Entwicklung zugunsten der visuellen Magie und der spektakulären Grimmoor-Sequenzen geopfert – ein Kompromiss, der die Seele der Geschichte kostet und die ursprünglich so kraftvolle Figur der Willow Flynn zu einer enttäuschend schwachen Filmheldin macht.