Im Herbst kommen nach dem vermeintlichen Sommerloch immer etliche Filme in die Lichtspielhäuser und das Publikum kommt kaum hinterher. Anlass genug diese Kolumne aus dem Archiv zu kramen, die sich mit der Kinotauglichkeit von bewegten Bildern im Jahre 2012 beschäftigt. Los geht’s: Ja, wir haben nicht nur das Ende der Welt wie die alten Mayas prophezeiten überstanden, sondern auch ein weiteres Kinojahr. Zeit, Bilanz zu ziehen: 2012 war kein besonders schlechter, aber auch kein besonders herausragender Jahrgang. Auch gab es keine neuen Trends in den Kinos zu verzeichnen.
Oder vielleicht doch: Die schiere Masse der Filmprodukte, die ihren Weg ins Kino suchten und großteils auch fanden, war einfach absurd. Die hierzulande veröffentlichte Mischung aus überseeischen Blockbustern, mehr oder minder kassentauglichen einheimischen Filmgewächsen, aus weltweitem Arthousekino, diversen Independent-Produktionen und Dokumentarfilmen hatte im abgelaufenen Kinojahr einfach deutlich zuviel Masse zu bieten. Kaum eine Woche, in der nicht mindestens ein Duzend Filme an den Start gingen. Das mag auch damit zu tun haben, dass es günstiger geworden ist, einen Film zu produzieren. Aber wer soll das alles glotzen?
Es hat auf jeden Fall aber damit zu tun, dass etliche der Filme, die um einen Startplatz auf der großen Leinwand ringen, eben dort nichts zu suchen haben. Das gilt vor allem für die Unmengen an Dokumentarfilmen. Ich mag Doku und bin immer gerne bereit mich thematisch mit einer großen Vielfalt auseinander zu setzen, aber die meisten Filme, die sich heutzutage Dokumentarfilm nennen dürfen, wären auch im TV-Programm wunderbar aufgehoben, wo sie wie jüngst „Die Thomaner“ auch landen, nachdem sie erst einmal im Frühsommer durch die Kinos getingelt sind und inzwischen auch als DVD im Handel erschienen sind. Ein guter Film ist ein guter Film und die Unterscheidung zwischen Fernsehformat und Kinoformat ist fraglich, aber von einem Kinoerlebnis erwarte ich bezüglich Bildqualität, Dramaturgie und Inszenierung schon etwas mehr als üblicherweise im TV zu sehen ist.
Dokumentarfilme und TV-Content erstmal ins Programmkino
Leider gilt dies auch in zunehmendem Maße für deutsche Spielfilme. Viele sind mit Geldern der Rundfunkanstalten entstanden und in vielen Fällen merkt man das auch an der mangelnden inhaltlichen Konsequenz. Da wird schon auf den anvisierten Programmplatz zur Hauptsendezeit geschielt und die Dramaturgie darf dann dementsprechend auch nicht allzu extravagant oder ohne Happy End ausfallen. Selbstverständlich gibt es dann noch das kleine Fernsehspiel, das sich im Kino als Geheimtipp entpuppt, aber das ist seltener als man hofft.
Nu je, auch die amerikanischen Traumfabriken bekleckern sich nicht gerade mit Ruhm, wenn sie ihre Blockbuster auf das weltweite Publikum loslassen. Inzwischen hat sich eine Art Franchise etabliert, welches die zig Millionen schweren kalkulierten Hits nach dem immergleichen Muster zusammenbaut, mögliche und gewünschte Fortsetzung inklusive. Als Einzelevent ist das noch unterhaltsam, aber als Mechanismus einer Bespaßungsindustrie führt der Mix aus Action, Humor, Spannung und Fantasie mit großartigen Charakterdarstellern und viel CGI dann doch zur Langeweile. Selbst im abschließenden „Dark Knight Rises“ ist ein Hintertürchen für das nächste große Ding, den nächsten Kassenschlager offengelassen.
Wer häufig ins Kino geht, oder sich einige Monate Später die Home Entertainment Varianten zu Gemüte führt, hat es zunehmen schwer, den außergewöhnlichen Film zu finden, Blockbuster und Actioner können inzwischen nicht nur die Amis, die filmischen „Entwicklungsländer“ haben aufgeholt und die Art des Geschichtenerzählens ist im Zuge der Globalisierung ebenso austauschbar geworden wie die Innenstädte westlicher Metropolen mit ihren Shopping Möglichkeiten.
Brauchen wir einen neuen Heimatfilm? Mal sehen, was 2013 bringt.
Viel Spaß im Kino.
(ursprünglich veröffentlicht bei cinetrend.de, 29.12.2012)