Tango Libre: Tanzkurs in die Freiheit

Endlich Tanzen im #Partysommer24 mit „Tango Libre“ von 2013. die belgische Tragikomödie „Tango Libre“ basiert auf einem Drehbuch der Hauptdarstellerin Anne Paulicevich. Ein Gefängniswärter in der Provinz versucht seine Lebensgeister mittels Tango zu wecken. Regisseur Frédéric Fonteyne („Eine pornographische Beziehung“) hält einige Verwicklungen bereit. Und ein Gefängnis beginnt Tango zu tanzen.

Jean-Christoph aka JC (Francois Damiens) ist mittelalter Junggeselle und lebt allein mit seinem Goldfisch. In der belgischen Provinz arbeitet er als Gefängniswärter und lebt mit allerlei Zeugs in einer muffigen Wohnung. Um sein Leben etwas aufzupeppen besucht er einen Tangokurs. Als eines Tages die anmutige Alice (Anna Paulicevich) auftaucht, ist JC bezirzt.

Doch beim nächsten Besuchstag im Knast besucht Alice gleich zwei Häftlinge. Fernand (Sergi Lopéz) und Dominic (Jan Hammenecker) sind Kumpel und sitzen, weil bei ihrem Überfall auf einen Geldtransporter ein Wachmann ums Leben kam. JC ist verwirrt.

Wider das Kontaktverbot

Der Wärter erfährt, dass seine heimlich Angebetete mit Fernand verheiratet ist und auch einen pubertierenden Sohn hat. Alice berichtet dem Gatten von ihrem Tangokurs. Der eifersüchtige Fernand fragt darauf einen argentinischen Mithäftling, ob er ihm Tango beibringt. Doch harte Kerle Tanzen nicht.

Der Argentinier (Mariano Frumboli) ist ein harter Kerl, anfangs Hat er mit dem Tanzen nichts am Hut. Nach einem Streit gehen Fernand und Dominic in einzelverwahrung. Als sie wieder draußen sind, hat der Argentinier seine Meinung geändert. Alle Häftlinge beginnen nun Tango zu üben. Doch auch Dominic hat sich verändert.

JC seinerseits pfeift auf das Berufsverbot, mit Angehörigen von Häftlingen Kontakt zu haben. Er geht weiter zum Tangokurs. Nach und nach nimmt er Teil an Alices Leben, ihrer Beziehung zu den beiden Häftlingen und an den Schwierigkeiten mit ihrem Sohn, der sich in der Provinz nicht gerade wohl fühlt, auch wenn sein Vater hierher verlegt wurde.

Tanzkurs im Knast

Die belgische Tragikomödie „Tango Libre“ verbindet Witz und Tragik und auch Sozialkritik mit der Melancholie und der Dynamik des argentinischen Tangos. Das Drehbuch von Anne Paulicevich entwickelt sich facettenreich und unerwartet. Regisseur Fontenye inszeniert das Script mit angemessener bildlicher Schlichtheit. So werden sowohl die Tristesse des Gefängnisalltags als auch die ereignisarme belgischen Provinz authentisch. Ein Leben mit nur wenig Abwechslung und Zerstreuung.

Nicht nur der Tango beeinflusst die Dynamik in „Tango Libre“, Vordergründig bleibt die Anordnung der Figuren, die sich im Lauf des Films auf unterschiedliche Arten aneinander reiben. Die charmanten Darstellern tragen den Film mit ihrer Präsenz, ihr Zusammenspiel der Charaktere bestimmt den eigentlichen Reiz des Filmes. Auch wenn der Tango für die Gefängnis-Insassen zu einer Art Ventil wird, mit dem sie innere Freiheit erlangen.

Vor allem Francois Damiens („Natalie küsst“) füllt die Rolle des schüchternen, stillen Beobachters wie so oft herausragend aus. Sein JC sucht einen Impuls für ein eingefahrenes Leben ebenso linkisch wie präzises. Damiens zurückgenommenes Spiel mit seinem gelegentlichen Hang zum Voyeurismus kontrastiert die impulsive Lebendigkeit des Dreigestirns Alice, Frederic und Dominic.

Die Einsamkeit des Gefängniswärters

Die Einsamkeit des Gefängniswärters zu Filmbeginn mag durchaus nahe am Klischee gebaut sein. Die geschilderten Lebensumstände sind auf komödiantische Überhöhung angelegt. Doch der Filmcharakter JC gewinnt im Lauf des Films genügend Profil, dass er nicht zum tragischen Clown wird.

Wer hinsieht, mag sich wundern, wie sehr sich das Leben innerhalb und außerhalb des Gefängnisses ähnelt in seiner Impulsarmut. Der Tango, oder vielleicht der Tanz im Allgemeinen wird zum Sinnbild für Lebensfreude, Leidenschaft und Freiheitsdrang. Die Filmmacher Frédéric Fontenye und Anne Paulicevich vermeiden es diese Motive überzustrapazieren. „Tango Libre“ findentdie richtige Mischung aus Drama und Komödie, aus Dynamik und Ruhe um den Figuren genügend Raum zur Entfaltung zu geben.

„Tango libre“ ist eine typisch und typisch belgisch ausgefallenes tragikomischen Sozialkdrama. Der Film gefällt mit stimmungsvoller Geschichte und schillernden Charakteren. Bisweilen fühlt man an frühe Aki Kaurismäki Filme erinnert. Eigentlich wenig verwunderlich, weil die Finnen ja gleichfalls ihren ganz eigenen Tango pflegen.

Film-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Tango Libre
OT: Tango Libre
Genre: Drama, Komödie
Länge: 97 Minuten, B/F, 2012
Regie: Frédéric Fonteyne
Darsteller:innen: Francois Damiens, Sergi Lopez, Anne Paulicevich
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Alive
Kinostart: 13.06.2013
DVD-VÖ: 31.10.2024