Tony, Shelly und das magische Licht: Dunkle Wollmäuse

Tony ist ein ungewöhnlicher und einsamer Junge. Als die aufgeweckte Shelly in dasselbe Mietshaus zieht, freunden sich beide an und machen sich auf, das Rätsel des Hausgeistes zu lösen. Das Spielfilmdebüt des tschechischen Filmmachers und Filip Pošivač ist hinreißend ausgefallen. Die Stop-Motion animierten Puppen erwachen auf beinahe magische Weise zum Leben, ganz so wie es der Titel „Tony, Shelly und das magische Licht“ verspricht. Das ist keineswegs nur etwas für ein junges Publikum. Exystent Filmverleih starte den fantasievollen Animationsfilm ab dem 7. November 2024 in den Kinos.

Wenn Tony einsam ist, spielt er mit seinem Stoffkissen. Obwohl Tony schon elf ist und zwei Geschwister im Babyalter hat, hat er keine Freunde. Das kommt daher, das seine Eltern ihn nicht gerne aus der Wohnung lassen, denn Tony ist besonders. Er leuchtet und deshalb hat er häufig Masken auf. Unterrichtet wird er auch zuhause.

Als neue Mieter ankommen, schleicht sich Tony nach draußen um die Ballerina im Ruhbestand und ihre Tochter Shelly zu begrüßen. Shelly ist genauso alt wie Tony und hat auch ein Geheimnis. Sie hat eine Taschenlampe, die fantastische Sachen zeigt, wenn sie strahlt. Als Tony beim Einzug helfen will, stürzt er und Shelly sieht, dass er leuchtet. Doch der alte Hausmeister nörgelt schon wieder rum, das im Flur nicht getobt werden darf.

„Ich will raus!“ (Tony)

Überhaupt sind die Mieter im Haus ziemlich grantelig und beschweren sich dauernd über alles Mögliche. Und dann sieht Shelly eine dunkle Wolke im Hausflur, die immer größer wird, je lauter die Leute nörgeln. bis die Wolke sich in viele kleine auflöst, die in der Hausmeisterwohnung verschwinden.

Shelly ist neugierig und Tony, der gerne Freunde hätte, geht mit, um das Geheimnis der düsteren Wolke zu erkunden. Seinen besorgten Eltern gefällt das ebenso wenig wie Shellys enttäuschter Mutter.

„Tony, Shelly und das magische Licht“ ist einer von diesen zauberhaften Filmen, bei denen das Publikum nicht sofort herausbekommt, wohin der Hase läuft. Das liegt an ganz unterschiedlichen Aspekten des toll gemachten und sehr fantasievollen Animationsfilms. Wer sich darauf einlässt kann auch jenseits des Kindesalters vieles entdecken und sich verzaubern lassen.

„Das neue Mädchen will dich nicht! Weil du ein Monster bist!“ (Silvia)

Dabei war der Rezensent sich zwischenzeitlich überhaupt nicht klar darüber, ob das mehrfach Ausgezeichnete Langfilmdebüt des tschechischen Filmers und Illustrators Filip Pošivač überhaupt für Kinder gedacht ist. Die Charaktere sind nicht auf den ersten Blick zu durchschauen und nicht jede Verhaltensweise der Erwachsenen erschließt sich gleich. Und auch wenn das düstere Fusselwesen nicht sonderlich gruselig ist, so trägt es doch die Bedrohung des Unbekannten. Aber mit der FSK-Freigabe ab 6 Jahren sollte das junge Publikum mit den Bilderwelten klarkommen.

Es beginnt gleich mit einem taubenartigen Vogel, der auf Tonys Fensterbank landet und von zwei kleinen schwarzen Fusselbällen umschwirrt wird. Und weil der Film durch seine Puppen, die in bester tschecheslowakischer Manier handgefertigt und im Stop Motion verfahren Bild um Bild abfotografiert werden, ohnehin schon eigenwillig wirkt, fragt sich das gespannte Publikum sogleich, was das für Fussel sind?

Und es werden immer mehr, was wir erstmal vergessen, weil der Junge mit der Maske auf einmal leuchtet wie ein Weihnachtsstern und seine Freundin in Spe eine Taschenlampe hat, die Wandskulpturen mit lustigen Frisuren ausstattet und das laute Mädchen mit den roten Haaren uns so ablenkt.

„Mir gefällt es, dass du so leuchtest.“ (Shelly)

Wenn die Erwachsenen erstmal im Treppenhaus auftauchen ist für die Kinder ohnehin kein Platz mehr. Shelly bleibt in der neuen Wohnung, Tony kommt wieder an die Leine und darf helfen die Weihnachtsbaum zu schmücken. Bis er Shelly mit ihrer magischen Lampe beobachtet.

Angesichts der fantasievollen Animation, der bunten Lichteffekte und Kulissen und der abenteuerlichen Unternehmung kann mensch schon mal ins Schwärmen kommen. Auch wenn einige Elemente des Films durchaus eher schlicht gehalten sind. Erhöht das nur die Wirkung. So etwas bei dem zwischen Jugendstil und Kubismus gehaltenen Mietshaus in der ansonsten einförmig verschneiten Stadt.

Die verzaubernden Details wie etwa der Fußball im Glas des Gewächshauses oder der schwebende Inhalt der Mülltonne bringen mich immer wieder zum Staunen, so wie auch die Blumen, die aus dem Hausmeister wachsen. Einiges mag den jungen Zuschauer:innen entgehen, aber die Botschaft von Toleranz und einem friedlichen und harmonischen Miteinander kommt rüber.

„Tony, Shelly und das magische Licht“ ist ein Glücksfall von einem mitreißenden Animationsfilm der brücken baut, zwischen traditionellem Handwerk und moderner Technik, zwischen Kindern und Erwachsenen – und innerhalb einer Hausgemeinschaft. Das ist besonders und daher zurecht mit nationalen Filmpreisen und beim renommierten Trickfilm-Festival in Annecy ausgezeichnet worden. Es lohnt sich einen Blick zu riskieren.

Film-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

Tony, Shelly und das magische Licht
OT: Tonda, Slávka a Kouzelné Svĕtlo
Genre: Animation, Familie,
Länge: 82 Minuten, 2023
Regie: Filip Pošivač
FSK: ab 6 Jahren
Vertrieb: exystent Filmverleih
Kinostart: 07.11.2024

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