Die purpurnen Flüsse – Staffel 1: Niemans Land

Im Jahr 2000 sorgte der französische Thriller „Die purpurnen Flüsse“ weltweit für Aufsehen. Jean-Christophe Grangé, der Autor des mysteriösen Kriminalfalls besorgte auch gleich das Drehbuch. Nun erweckt eben jener Jean-Christophe Grangé seinen Kommissar Niemans in einer TV-Serie erneut zum Leben um seltsame Todesfälle aufzuklären. Glücklicherweise braucht man als Zuschauer dabei keinerlei Vorwissen. Die erste Staffel der Serie besteht aus vier abgeschlossenen Ermittlungen. Auf ins Vergnügen des ZDF-Montagskinos, das nun bei Edel Motion für das Home-Entertainment erscheinen ist.

Um genau zu sein, besteht die erste Staffel aus acht Folgen, von denen jeweils zwei einen abgeschlossenen Fall ergeben, der so auf 100 Minuten Spielfilmlänge kommt. Das Prinzip ist bekannt und wird gerade bei britischen Produktionen gerne verwendet, beispielsweise auch bei der britischen „Lewis – Der Oxford-Krimi“.

Aber wieder zurück zu „Die purpurnen Flüsse“. Kommissar Niemans, der als granteliger Eigenbrötler ziemlich überzeugend von Olivier Marchal gespielt wird, arbeitet für eine eigenständige Polizeieinheit, die im ganzen Land schwierige oder seltsame Kriminalfälle bearbeiten. Offiziell soll Niemans dabei immer der örtlichen Polizei zur Hand gehen, aber wenn er erst einmal hinzugezogen wird, sind die Ermittlungen bereits in Stocken geraten oder ähnliches. Kein Wunder also, dass der erfahrende Polizist eher nassforsch daherkommt und die regionalen Kollegen zumeist wie dumme Schulkinder abkanzelt. Seine junge Kollegin Camille Delauny (Erika Sainte) hingegen arbeitet schon so lange mit Niemans zusammen, dass er ihr blind vertraut und sie wiederum die Marotten des Alten zu nehmen weiß.

Hinter den Dünen

Im Auftaktfall der Serie, „Die Melodie des Todes“, wird an der nordfranzösischen Atlantikküste ein Mönch getötet. Der Geistliche war ein ehemaliger Freund und Kollege von Niemans und hatte diesen um Hilfe gebeten. Das Kloster, in dem er lebte, war bekannt für seine musikalischen Forschungen, und Niemans vermutet ein wissenschaftliches Motiv. Camille hingegen trifft vor Ort auf einen alten Bekannten, einen verurteilten Vergewaltiger, der nun in einer Rockband spielt. Zufällig verschwinden in der Gegend auch gerade junge Mädchen.

Der Falls erinnert von der klösterlichen Umgebung und den biblisch-wissenschaftlichen Verwicklungen arg an Umberto Ecos „Der Name der Rose“, ist aber solide in die moderne Zeit gebracht und sorgt dafür, dass sich die Zuschauer mit ihrem Ermittlerduo anfreunden können. Ein solider Serienauftakt vom Regisseur Ivan Fegyveres, der auch bei dem Kino-Spielfilm „Die purpurnen Flüsse 2“ als Regieassistent mitgewirkt hat.

Fegyveres inszeniert auch wieder den letzten Fall der Stafel „Die letzte Jagd“. Man merkt „Die Melodie des Todes“ an, das die Serie noch auf der Suche nach ihren Trademarks ist. Dabei wird Niemans als Charakter nicht lange eingeführt, sondern dem Zuschauer ebenso vor den Latz geknallt wie den lokalen Polizeibehörden. Wer sich recht erinnert, das war auch in den Kinofilm mit Jean Reno der Fall. (7/10 Punkten).

Die purpurne Vorgeschichte

Apropos Kinofilm: Das neue Jahrtausend brach für Fans von Kino-Thrillern mit einem französischen Überraschungshit an: Frankreichs Superstar Jean Reno wurde als bissiger Bulle mit Angst vor Hunden in die bergige Provinz geschickt um ein mysteriöses Verbrechen aufzuklären. Dort deckte er seinerzeit zusammen mit einem von Vincent Cassel gespielten Provinz-Cop eine Verschwörung auf. Der Thriller-Erfolg kam nicht von ungefähr, setzte auf coole Typen, einen Skiresort und eine durchgeknallte eingeschworene Gemeinschaft, die ihr Blut reinhalten wollte.

Der Film wurde von Romanautor Jean-Christophe Grangé in ein Drehbuch gepackt. Der Autor hielt sich allerdings nicht sonderlich akribisch an seine Vorlage, mit der er 1994 einen Bestseller landete. Grangé hat seitdem etliche Thriller geschrieben, aber nie einen Roman-Serienhelden entwickelt, zu dem er Niemans nun anhand von Original-Drehbüchern macht. Der zweite Kinofilm, war zwar kommerziell auch ein Erfolg. Allerdings hatte die Fortsetzung trotz Jean Reno, der später auch in Grangés Romanverfilmung „Das Imperium der Wölfe“ die Hauptrolle übernahm, bei weitem nicht die Klasse und das Spannungsniveau des Vorgängers.

Sie säen nicht, sie ernten nicht…

Eine eingeschworene Gemeinschaft ist es, die in „Tag der Asche“ („Le Jour de Cendres“), der zweiten Ermittlung der aktuellen Serie, etwas zu verbergen hat. Eine protestantische Religionsgemeinschaft betreibt im Elsass einen äußerst lukrativen Weinanbau. Ansonsten lebt die Gemeinschaft nach Art der Amish abgeschieden und puritanisch, doch zur Weinlese werden Erntehelfer angeheuert.

Der Fall, der Niemans jedoch in die Gegend bringt, hat mit der Religionsgemeinschaft nur insofern zu tun, als dass ein Restaurateur in eine alten Kapelle, die die Sekte gekauft hat, zu Tode gekommen ist. Einige Stimmen reden von Mord und einem vorsätzlich herbeigeführten Einsturz. Die Ermittlungen im Elsass zeigen Camille in einer Undercover-Mission und Niemans mal wieder als „Charmbolzen“. In der von Regisseur Julius Berg („Falco“, „Der Wald“,“Profiling Paris“) inszenierten Ermittlung geht es schon spannender zu als bei Auftakt und die seltsame Sekte hat definitiv etwas zu verbergen. Starke Thrillerkost (7 von 10 Punkten).

„Gib mir die Hand, ich bau dir ein Schloss aus Sand“ (Nena „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“)

Anschließende geht es in „Kreuzzug der Kinder“ um Missbrauch in einem Kinderheim. Auf der Müllhalde einer Kleinstadt wird eine abgeschlagene Kinderhand gefunden, doch es taucht weder eine Leiche auf, noch ein Kind, dem diese Hand fehlt. Die Polizei vor Ort ist mit einer brutalen Mordserie beschäftigt (bei der Niemans inoffiziell auch helfen soll). Vor allem für Camille wird der Ausflug in die gefühlkalte Welt des Kinderheims zu einem regelrechten Horrortrip.

Tatsächlich ist der dritte Fall der Serie auch ihr bisheriger Höhepunkt. Auch und gerade, weil etwas über die Vorgeschichte der beiden Ermittler erzählt wird. Das ist grundlegend für ein erfolgreiches Format, da sonst die Zuschauerbindung verloren geht, oder gar nicht erst entsteht. „Kreuzzug der Kinder“ setzt dieses Element zum rechten Zeitpunkt der ersten Staffel ein und macht den etwas absehbar, wenn auch komplex konstruierten Plot mehr als wett. Inszeniert von den Regisseuren Olivier Barma („Candice Renoir“) und Julius Berg („Falco“, „Der Wald“, Profiling Paris“). (8 vom 10 Punkten)

Auf der Pirsch mit Blaublütern

Zum Abschluss „Die Letzte Jagd“ (OT: „La dernière Chasse“) darf oder muss das Ermittlergespann die Kollegen in Deutschland unterstützen. In einem Waldgebiet im Elsass, das im Besitz eines deutschen Adelsgeschlechts ist, kommt es während einer Jagdgesellschaft zu einem bestialischen Mord. Der Erbe des adeligen Firmenimperiums wird tot und waidmännisch ausgeweidet aufgefunden. Scheinbar hat es der Täter auf die Erbfolge des Firmenimperiums abgesehen.

Doch in der Familie sieht man das alles sehr gelassen. Vor allem die Schwester des Opfers, Laura von Geyersberg, hält nichts von Verschwörungstheorien; ebenso wenig übrigens der deutsche Polizeikollege Nikolas Kleinert (Ken Duken). Niemans hingegen muss sich seinen eigenen Dämonen stellen, als ihn ein Jagdhund angreift. Der abschließende Fall der ersten Staffel von „Die purpurnen Flüsse“ hält das hohe Niveau, das die Serie nach dem etwas verhaltenen Auftakt erreicht hat und lässt die deutschen Koproduzenten auch noch einmal zum Zug kommen. (7 von 10 Punkten)

Das Thriller-Serienformat „Die purpurnen Flüsse“ sorgt in den vier abgeschlossenen Fällen der ersten Staffel für spannende und düstere Thrillerunterhaltung. Die Verschwörungsgeschichten wirken bisweilen ein wenig fantastisch, aber „Die purpurnen Flüsse“ zeigt, dass Hochspannung auch ohne übertriebene Gewaltdarstellung fesselnd sein kann. Sofern die Quoten stimmen, freuen wir uns auf ein Wiedersehen.

Serien-Wertung 7 out of 10 stars (7 / 10)

Die purpurnen Flüsse – Staffel 1
OT: Les rivières pourpres
Genre: Thriller, Krimi, TV-Serie
Länge: ca 400 Minuten (8 x 50 Minuten), D/B/F, 2018
Idee: Jean-Christophe Grangé (auch literarische Vorlage & Drehbücher)
Regie: Ivan Fegyveres (4 Episoden), Julius Berg (3 Episoden), Olivier Barma (1 Episode)
Darsteller: Olivier Marchal, Erika Sainte, Wera Von Waldstätten, Ken Duken, Camile Santere,
FSK: ab 12 Jahren,
Vertrieb: Edel Motion, ZDF Enterprises
DVD- & BD-VÖ: 30.11.2018
Auch als Download erhältlich.