Runaways Megaband: Ausreißer

Es ist schon ein ganz schöner Ziegelstein, den Panini Comics auf den deutschen Marvel-Fan loslässt. Rechtzeitig zum Start der TV-Serie „Marvels Runaways“ auf Syfy im Mai, kommt auch die komplette Comic-Serie über die jugendlichen Nachwuchssuperhelden bei uns in die Regale. Im Jahr 2003 hatte Autor Brian K. Vaughan die Serie zusammen mit Zeichner Adrian Alphona für das Marvel Unterlabel Tsunami ins Leben gerufen. Der Panini-Megaband enthält alle 18 Ausgaben der ursprünglichen Serie. Eine Investition, die sich auf für ältere Leser lohnt – Super Serie!

Alex ist eigentlich jedes Mal leicht genervt, wenn seine Eltern Besuch von fünf befreundeten Ehepaaren bekommen, mit denen sie sich für wohltätige Zwecke engagieren, denn die Erwachsenen nehmen jedes Mal auch ihre Kinder mit und die gemeinsamen Abende der Kiddos sind traditionell ziemlich öde. Mal ehrlich, was soll man auch mit Leuten anfangen, die man zwar schon sein ganzes Leben kennt, aber immer nur ein bis zwei Mal im Jahr sieht?

Aber Alex ist nicht der einzige, dem die elterlichen Treffen auf den Senkel gehen, auch Gertrude, Karolina, Nico, Molly und Chase haben eigentlich keinen Bock auf die Veranstaltung. Aber an diesem Abend kommen die Teenager auf andere Gedanken als Alex sie mitnimmt in einen Geheimgang in seinem Elternhaus. Dort offenbart sich den Kindern entsetzliches: Statt über Wohltätigkeit zu palavern töten ihre Eltern ein junges Mädchen. Die Teenies sind entsetzt und sich sicher, dass sich dafür keine vernünftige Erklärung finden lässt.

Während die Eltern noch beschäftigt sind, versuchen die Teenies herauszufinden, was da überhaupt los ist und so kommen die sechs nicht nur dem kriminellen Geheimbund ihrer Eltern auf die Spur, der die gesamte Kleinstadt kontrolliert, sondern finden auch heraus, dass sie Superkräfte haben. Die wissen sie zwar noch nicht einzusetzen, aber dazu gibt es genug Gelegenheit als die sechs beschließen, zusammen von zu Hause abzuhauen und ihren kriminellen Eltern das Handwerk zu legen. Das ist allerdings gar nicht so einfach, da deren Geheimorganisation wie erwähnt die Fäden in der ganzen Stadt zieht und auch diverse Polizisten und Reporter auf der Lohnliste stehen hat.

Zugegeben, die Skepsis war schon vorhanden, als diese 15 Jahre alte Serie in der deutschen comic-Landschaft als das nächste große Ding angekündigt wurde, scheinbar nur, weil es gerade in TV-Serie gegangen ist. Aber ehre, wem Ehre gebührt: Brian K. Vaughn hat eine Tolle Story geschrieben, die sich auch tatsächlich in einem fortlaufenden Handlungsbogen über die ganzen 18 US-Ausgaben ersterckt, die in den „Runaways“-Megaband „Ausreißer“ enthalten sind. Das ist schon an sich eine nicht unbedeutende Leistung, eine spannende Geschichte ohne Durchhänger über diese Strecke zu erzählen.

Brian K. Vaughan („Dr.Strange: Der Eid“, „Die Löwen von Bagdad“ und vor allem „Saga“) ist ein großartiger und variabler Erzähler, der mit „Runaways“, was schlicht mit Ausreißer übersetzt ist, eine ebenso interessante wie gelungenen Variation des Superhelden-Themas aus dem Hut zaubert. Natürlich wird hier auch der Generationenkonflikt von Eltern und Heranwachsenden zum Thema und pubertäre Rebellion mündet in der Marvel-Erfolgsserie in die Entdeckung der eigenen Superkräfte, was ja letztlich auch nichts anderes als eine besondere (vielleicht auch symbolische) Form des Erwachsenwerdens darstellt.

Diese typischen Coming Of Age Elemente mit einer ebenso stimmigen wie spannenden Superhelden-Geschichte zu verbinden ist dann aber doch ein Geniestreich, der zu Recht mit dem Harvey Award und dem Eisner Award ausgezeichnet wurde.

Bei aller Lobhudelei sollte man auch nicht vergessen, dass „Runaways“ bereits von 2003 stammt und daher auch eine gewisse Vorreiter-Rolle einnimmt, wenn im Hause Marvel oder auch bei der Konkurrenz neue, junge Helden oder Antihelden auftauchen, die dann in ihren Abenteuern Superhelden-Action mit klugen, lebensnahen Elementen der (jugendlichen ) Zielgruppe verknüpfen, wie das beispielsweise die hochgelobte neue und muslimische „Ms. Marvel“ tut.

Die „Ms. Marvel“-Serie von G. Willow Wilson, hat eine noch stärkere Verbindung mit den „Runaways, denn die beiden Zeichner Adrain Alphona und Takeshi Miyazawa sind in beiden Serien für die Optik zuständig. Bei Alphona muss man allerdings zugestehen, dass der sich mit den Jahren deutlich entwickelt hat und die Zeichnungen in „Runaways“ etwas flach und zweidimensional wirken und nicht über die Dynamik in den „Ms. Marvel“ Abendeuern verfügen. Das mag zwar auch mit der flächigen Kolorierung zusammenhängen, die ohne Schattierungen auskommt, aber es liegt auch daran, dass Alphonas Stil noch nicht so ausgebildet ist. Das ist allerdings kein Manko, denn so verfügt die hochgelobte und in den USA sehr beliebte Serie „Runaways auch grafisch über einen eigenen, rauen und imperfekten, jugendlichen Charme, den man auch kongenial nennen könnte.

Die TV-Adaption der „Runaways“-Serie scheint – zumindest anfangs – der Comic-Story getreu zu folgen, insofern ist es für TV-Fans vielleicht empfehlenswerter, sich den spaß und die Spannung nicht zu verderben, während die Serie noch auf Syfy ausgestrahlt wird. ich kann allerdings nur empfehlen, sich den großartigen Megaband zu besorgen, den mit „Runaways“ hat Brian K. Vaughn einen modernen Klassiker geschaffen

Comic-Wertung:9.5 out of 10 stars (9,5 / 10)

Runaways Megaband: Ausreißer
OT: Runaways 1-18, 2003 – 2004, Marvel Comics,
Autor: Brian K. Vaughan
Zeichner: Adrian Alphona, Takeshi Miyazawa
Farben: Brian Reber, Christina Strain.
Übersetzung: Carolin Hidalgo
Verlag: Panini Comics, Softcover, 436 Seiten
VÖ: 10.04.2018

Runaways bei Panini Comics