Neuer Deutscher Horrorfilm –Teil 1: Urban Explorer

Den Auftakt meines Eintauchens in die (Un)Tiefen des aktuellen deutschen Horrorfilms macht Andy Fetchers „Urban Explorer“. Berlin ist immer eine Reise wert, denken sich nicht nur die vier internationalen Backpacker in diesem Film und lassen sich auf eine geführte Tour ein, um illegaler Weise in den Tunnelsystemen unter der Stadt herumzustreunen. Eine perfekte Kulisse für einen leider durchschnittlichen Horrorfilm, in dem Max Riemelt als Fremdenführer seine Qualitäten präsentieren darf.

Urban Exploring nennt sich diese relativ junge und abenteuerliche Spielart der Stadterkundung und dabei befindet sich der Tourist oder Entdecker nicht immer auf legalem Terrain. Vier junge Leute lassen sich auf das Abenteuer ein und engagieren eine Führer (Max Riemelt), der sie zu einem gerade entdeckten Nazi-Bunker bringen will. Doch der Berliner Untergrund ist für jeden frei zugänglich und so ist es kein Wunder dass sich dort auch finstere Gesellen herumtreiben. Auf dem Rückweg kommt es zu einem Unfall und während zwei der Mädchen sich auf dem Rückweg machen, erscheint unverhofft Hilfe von einem alten Mann.

Der Star in „Urban Explorer“ ist eindeutig das authentische Setting: Regisseur Andy Fletcher („Bukarest Fleisch“, 2007) und sein Team haben an Originalschauplätzen und teilweise – so die Legende – unter abenteuerlichen Umständen und ohne Drehgenehmigung im Berliner Untergrund gedreht.

Doch darüber hinaus hat „Urban Explorer“ nicht viel zu bieten, was man im Horror-Genre nicht schon deutlich spannender, schockierender oder blutiger gesehen hatte. Gäbe es nicht die zwei bis drei fiesen Slasher-Szenen, könnte der Film durchaus ab 16 Jahren freigegeben werden. Fletcher hat einen Hang zum Trash, der sich weniger in der gelungenen Produktion als in der gnadenlos banalen Story äußert, die mit ein bisschen Nazi-Verschwörung kokettiert. Das Drehbuch besorgte Martin Thau.

Der Pitbull und das Nazi-Raumschiff

Nu je, absehbare Stories gehören seit Jahrzehnten zum Horrorgenre. Insofern lässt sich der hartgesottene Genrefan ebenso wenig abhalten, wie der Genre-Neuling, der es schlicht nicht besser weiß. Und so muss MaxRiemelt als Identifikationsfigur herhalten (was in der Rolle bisweilen schwer ist) bis die Underground-Location wieder Schauwerte hergibt.

Und dann wäre da noch der finsteren Bösewichts, der zwar wunderbar gecastet ist, aber so deutlich überzeichnet und irgendwie im historischen Zusammenhang auch etwas deplatziert, dass man „Urban Explorer“ ankreiden muss, auf eine breite Internationale Zuschauerschaft zu zielen. Und in der Tat handelt es sich um eine internationale Koproduktion, die auf Englisch gedreht wurde, und den Berliner Touristik-Unternehmen einen guten Dienst leistet. Als Horror-film weiß „Urban Explorer“, der in den USA unter dem Titel „The Depraved“ kursiert, auch nur gelinde zu schocken.

Die deutsch-amerikanische Koproduktion „Urban Explorer“ wird Genre-Fans nicht vom Hocker reißen, hat aber durchaus auch unterhaltsame Momente. Vor allem die Kulisse ist gekonnt in Szene gesetzt, aber „Urban Explorer“ ist ja schließlich kein Reisevideo.

Film-Wertung 4.5 out of 10 stars (4,5 / 10)

Urban Explorer
Genre: Horror,
Alternativer Titel: The Depraved
Länge: 88 Minuten, D/USA, 2011
Regie: Andy Fetscher
Drehbuch: Martin Thau
Darsteller: Nathalie Kelley, Nick Eversman, Klaus Stiglmeier, Max Riemelt, Catherine de Léan, Brenda Koo, Adolfo Assor, Johannes Klaußner, Andreas Wisniewski
FSK: ab 18 Jahren
Vertrieb: Universum
Kinostart: 20.10.2011
DVD- & BD-VÖ: 09.03.2012