Moon Knight 3: Wer den Göttern trotzt

MOONKNIGHT3_-wer-den-göttern-trotzt-vorschauDer Titel des dritten Moon Knight Comic-Sammelbandes, der im Januar bei Panini erschienen ist, trifft nicht nur auf die Abenteuer des „Beschützers der nächtlichen Reisenden“ zu, sondern irgendwie auch auf die Figur, die seit den 1970er Jahren durch das Marvel Universum geistert: Immer wieder wurde die Serie um Moon Knight eingestellt und dann einige Jahre später wieder neu definiert. Zuletzt in immer kürzeren Verwertungszyklen. Und auch die innovative, 2014 gestartete „Moon Knight“-Serie ist nach nur 17 US-Ausgaben schon wieder auserzählt. Für den dritten und finalen Sammelband nimmt sich „Deadpool“-Autor Cullen Bunn des nächtlichen Wanderers an.

Marc Spector wird in seinem neuen Zuhause, einem leer stehenden ehemaligen Hotel in New York, zunächst von Geistern heimgesucht, die ihn auf die Spur von Verbrechern bringen. Überhaupt bekommt es Moon Knight in diesem dritten Sammelband ziemlich häufig mit Streunern zu tun. Egal, ob Geister, Hunde, Obdachlose oder gar der Boogeyman selbst, Spector ist sich mit dem ägyptischen Gott Konshu, dessen ausführende Hand er ist, nicht immer einige, wen es zu beschützen gilt und wen nicht.

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Zugegeben, die Autoren Warren Ellis und vor allem Brian Wood haben die Latte in Sachen Storytelling für „Moon Knight“ ziemlich hoch gelegt, aber Cullen Bunn, der bei Marvel immer wieder für schräge Deadpool-Abenteuer sorgt (siehe etwa „Deadpool killt das Marvel-Universum“ und „Deadpool Special 8: Secret Wars“), ist auch kein Kind von Traurigkeit. Bunn lotet die Figur des „Moon Knight“ aber auf ganz unterschiedliche Weise aus. Mir persönlich fehlt da ein bisschen der Überbau und auch der letzte Pfiff.

Auch in Sachen Artwork hat sich die Serie von ihrem Konzept verabschiedet, jeweils einen Zeichner mit einem Autor zu kombinieren. In dem dritten Sammelband sind nun Ron Ackins, Steven Sanders, German Peralta für das Artwork zuständig. Das Trio macht seine Sache nicht schlecht und sorgt mit diversen Stilmitteln für ein actionreiches und gelungenes Spektakel auf den Seiten. Aber ein unverwechselbarer Look lässt sich so nicht mehr ausmachen. Das einigende Element in diesem Sammelband liegt in der Farbgebung von Dan Brown und dem durchaus effektvollen Umgang mit der Spritztechnik als Stilmittel in diesen Abenteuern. Das sorgt immer wieder für einen sehr dynamischen Stil und passt mit seiner nebulösen Art zu dem diffusen, manchmal gestörten Charakter des Moon Knight.

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Schade eigentlich, dass die Serie nicht weitergeführt wird. Die ersten beiden Sammelbände habe mehr als nur Spaß gemacht und der durchgeknallte, schizoide „Ersatz-Batman“ – wie Moon Knight von Kritikern auch mal bezeichnet wird – ist ein wirklich vielgestaltiger Superhelden-Charakter. Das wird auch in dem insgesamt nicht ganz so grandiosen Lauf von Autor Cullen Bunn deutlich. Aber in der Marvel-Comicwelt stehen eh große Veränderungen an und nach dem  „Secret Wars“-Event darf sich als nächstes Autor Jeff Lemire an einer neuen Variante von „Moon Knight“ versuchen. Lemire (u.a. „Swamp-Thing“ und „Superagent Frankenstein“ für DC, „Sweet Tooth“ und die Grapic Novel „The Nobody“) führt übrigens auch die „Hawkeye“-Abenteuer weiter, die Matt Fraction so erfolgreich begonnen hat. Die „All New Moon Knight“-Serie, die im April 2016 starten soll, wird von Greg Smallwood gezeichnet und kriegt in den USA schon jede Menge Vorschusslorbeeren. Mehr dazu im englischen Interview mit den beiden Comickünstlern auf der Marvel-Seite. Wir bleiben gespannt.

Das Kreativteam Cullen Bunn, Ron Ackins, Steven Sanders und German Peralta setzten die originelle „Moon Knight“-Serie solide fort und betonen in den Einzelabenteuern eher die übersinnlichen Aspekte der Figur. Das ist insgesamt  ziemlich gelungen, aber nicht so stark wie die beiden vorangegangenen Sammelbände der Duos Ellis und Shalvey sowie Wood und Smallwood.

Comic-Wertung:7 out of 10 stars (7 / 10)

MOONKNIGHT3_Softcover_842Moon Knight 3– aus dem Reich der Toten
OT: Moon Knight (Volume 5) 13 – 17, Marvel, 2015
Autor: Cullen Bunn
Zeichner: Ron Ackins, Steven Sanders, German Peralta
Farben: Dan Brown
Übersetzung: Bernd Kronsbein
Verlag: Panini Comics, Softcover, 116 Seiten
VÖ: 05.01.2016