Der Krieg der Knirpse 1: 1914 – Das Haus der Findelkinder

Der Panini Comic Verlag erweitert sein Repertoire beständig und hat nun neben amerikanischen Comics und Graphic Novels von europäischen Comickünstlern auch die ein oder andere französische Alben-Reihe am Start. „Der Krieg der Knirpse“ steht in bester französisch-belgischer Comictradition und erzählt vom Ausbruch des Ersten Weltkriegs aus der Sicht einer Gruppe Waisenkinder.

In dem (fiktiven?) nordfranzösischen Örtchen Valencourt betreibt die Abtei ein Waisenhaus. Im Jahr 1914 mehren sich Kriegsgerüchte, aber die Kinder bekommen davon nichts mit. Auch als ein Lehrer zur Armee eingezogen wird, erzählt er den Kindern, dass er in Familienangelegenheiten unterwegs ist. Doch dann stehen die deutschen plötzlich kurz vor dem Ort und das Waisenhaus muss evakuiert werden. Dusseliger Weise sind die vier Stubengenossen Ludwig, Lucas, Luigi und Lucien, auch die Lulus genannt, im Wald unterwegs, der die Abtei und das Waisenhaus umgibt und arbeiten an ihrem Baumhaus.

Die französischen Soldaten, die auf Nachzügler warten sollen, gehen einfach davon aus, dass sich die Kinder schon von allein ins Dorf aufmachen werden. So finden die Lulus ein verlassenes Waisenhaus vor und das große Abenteuer beginnt. Die größte Sorge der Lulus ist, dass die deutschen sie fressen wollen. Apropos Fressen, den Lulus gehen irgendwann die Vorräte aus und der Winter naht.

Der in der Bretagne geborene Szenarist und Comickünstler Régis Hautière gehört zu den umtriebigsten Akteuren der französischen Comic-Szene und sein umfangreiches Werk ist zum Teil auch auf Deutsch erschienen (z.B. Perico, Aquablue und Abelard). Dabei tritt Hautière ebenso häufig als Zeichner wie als Autor auf und seine Themen sind vielschichtig. In der seit 2013 im Casterman Verlag erscheinenden Serie „Der Krieg dere Knirpse“ überlässt er das Artwork dem Kollegen Hardoc der die Kolorierung zusammen mit David Francois erledigt.

Inhaltlich ist die Geschichte ganz aus Kindersicht geschrieben und wird als Rückblende eines ehemaligen Waisenkinds aus Valencourt erzählt. Im ersten Band, der das Jahr 1914 abdeckt, beginnt für die vier sehr unterschiedlichen und unterschiedlich alten Jungen das große Survial-Abenteuer. Dabei ist der Krieg eher ein Abstraktum, der für die Jungen einfach nur die Rahmenbedingungen verändert. Es kommt nicht zu kämpfen und auch Soldaten treten nur kurz in Erscheinung. „Der Krieg der Knirpse“ ist als klassische Jugendliteratur, in der die Historie als Rahmen für die Handlung genutzt wird.

Die grafische Umsetzung steht ganz in der  französisch-belgischen Comic-Tradition und die Charaktere sind etwas cartoonartig angelegt. Die Hintergründe der Panels sind mit viel Sorgfalt und Detailfülle versehen, die Farbgebung ist wirklich gelungen und gibt die unterschiedlichen Atmosphären und Tageszeiten ziemlich beeindruckend wieder. Das Paneling stützt sich auf ein Raster von neun Zeichnungen pro Seite, das aber immer wieder aufgebrochen und variiert wird, so dass letztlich jede Seite sehr individuell ausgefüllt ist. Gleiches gilt für den Wechsel von Close-ups und Totalen, dynamischen Bildern und statischeren.

Zudem kommt Autor Régis Hautière bei seiner Art des Erzählens komplett ohne erklärende Text-Kästen aus. Die gesamte Handlung entfaltet sich über die Dialoge, was den Fokus auch wieder auf die Zeichnungen lernt. Inhaltlich hat Band 1 „Das Haus der Findelkinder“ noch Luft nach oben, es gibt in der Handlung kaum Überraschungen (aber das ist selbstverständlich aus Erwachsenensicht behauptet), und mit der Schlusswendung des Albums wird die Dynamik der Story angezogen. Man darf gespannt sein, wie sich die Abenteuer der Lulus entwickeln.

Der Auftakt der französischen Comic-Serie „Der Krieg der Knirpse“ ist verheißungsvoll und weiß inhaltlich wie optisch zu überzeugen. Da bahnt sich eine klassische Abenteurgeschichte vor historischen Hintergrund an. Das ist nicht nur für eine jüngere Zielgruppe lesenswert.

Comic-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Der Krieg der Knirpse 1: 1914 – Das Haus der Findelkinder
OT: La guerre des Lulus 1, Casterman 2013
Autor: Régis Hautière
Zeichner: Hardoc
Übersetzung: Stefan Maus
Verlag: Panini Comics
VÖ: 17.11.2015

Krieg der Knirpse bei Panini

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Hardoc Blog (französisch)

Ein Kommentar

Müller 2015/11/21

Sehr schönes Comic jenseits des üblichen Heldenkitsches. Hab ich meinem Neffen geschenkt und ihm hat es auch sehr gefallen. Grüße K. Müller