Kurt Cobain –Tod einer Ikone: Gerechtigkeit für Kurt?

Im April diesen Jahres hat sich ein unabhängiger Kriminalexperte den Tod von Kurt Cobain noch einmal vorgenommen und die Polizei von Seattle veröffentlichte zwei Tatort-Fotos. Nach ihrer Meinung gäbe es keinen Grund, den Fall noch einmal aufzurollen. Eine Forderung, die Verschwörungstheoretiker und einige zweifelnde Fans schon direkt nach Cobains Tod erhoben und unermüdlich weiter vertreten. Auch Privatdetektiv Tom Grant ist ein eingefleischter Verfechter der Theorie, dass Kurt Cobain ermordet wurde. Auf seinen Aussagen beruht Benjamin Stadlers Dokudrama „Kurt Cobain – Tod einer Ikone“, jetzt von Ascot Elite auch hierzulande veröffentlicht.

Anfang April des Jahres 1994 wurde der in Los Angeles ansässige Privatdetektiv Tom Grant von einer ihm unbekannten Prominenten angeworben, um ihren vermissten Ehemann zu suchen. Wie sich herausstellte, handelte es sich um Courtney Love und Kurt Cobain, die der damals schon über 40jährige nicht kannte, da er sich nicht um aktuelle Rockmusik kümmerte. Weil ihn die Auftraggeberin von Beginn an suspekt erschien, zeichnete Grant sämtliche Kommunikation in dieser Ermittlung auf, um sich abzusichern. Und als die Leiche Cobains schließlich am 5. April 1994 gefunden wurde, ist sich Grant sicher, dass es sich nicht um Selbstmord handelt.

Noch am Abend zuvor war Grant selbst auf dem Anwesen und sogar in dem Haus gewesen, in dem Cobain zu Tode kam, hatte aber keine Spuren von dessen Anwesenheit gefunden. Von dem „Treibhaus“ auf dem Dach der Garage, in dem Cobain gefunden wurde, wusste Grant bis dato nichts. Auch die Polizei von Seattle ist nicht an der Mitarbeit des Privatdetektivs, der ehemals selbst Polizist war, interessiert. Schnell ist man dort der Meinung, es handele sich bei dem Tod um Selbstmord und erklärt dies auch schnell der Öffentlichkeit.

Der Detektiv mit den Zweifeln

Benjamin Stadlers erste Regiearbeit stützt sich auf Grants Argumentation. Die Rekonstruktion der zeitlichen Abläufe in den Tagen vor dem Fund von Cobains Leiche geschieht anhand von Grants Tonbandmitschnitten und dem offiziellen Polizeibericht. Die Geschehnisse werden über weite Strecken nachgespielt und von Experten und Tom Grant selbst kommentiert. Cobains Witwe Courtney Love kommt als vermeintliche Drahtzieherin oder zumindest Mitwisserin in dem ebenso tragischen wie mysteriösen Todesfall nicht direkt zu Wort.

Direkt zu Beginn wird auch darauf hingewiesen, dass Courtney Love wohl nicht mit dem Inhalt der Doku einverstanden sein wird und ihre Darstellung mit der der Polizei von Seattle angeglichen wird. Dennoch kommen die Original-Tonbandaufnahmen von Tom Grant zum Einsatz. Der Zuschauer wird aufgefordert, sich selbst eine Meinung zu bilden. Und um es kurz zu machen, Kurt Cobains Tod bleibt ein Mysterium, und wird von seltsamen Umständen begleitet.

Indizien einer Verschwörung?

Diese sind heute, 20 Jahre später, im Nachhinein kaum noch aufzuklären, weil sowohl der Tatort als auch die Schrotflinte, mit der sich Cobain erschossen haben soll, nicht mehr existent sind. Aber in den USA verjähren Kapitalverbrechen nicht. Das bedeutet allerdings im Umkehrschluss keinesfalls, dass man der Argumentation des Films (und Grants) bedingungslos folgen muss und Courtney Love für Cobains Tod verantwortlich ist. Etwas, was ihr eigener Vater zu behaupten nicht müde wird und wohl demnächst auch in Form eines Buches darlegen wird.

Immer wenn Prominente vor der Zeit versterben, ranken sich Mythen und Theorien um ihren Tod. Das war bei Marylin Monroe, John F. Kennedy und Elvis Presley auch nicht anders als bei Lady Diana. Damit müssen die Hinterbliebenen ebenso leben wie mit dem wirklich relevanten Vermächtnis. In Cobains Fall mit der Musik und dem Einfluss auf das Lebensgefühl einer ganzen Generation.

Obskure Jugendfreunde und Experten mit Hang zur Selbstdarstellung

Benjamin Stadlers Dokudrama ist formal solide und rekonstruiert in typischer Kriminalmanier den Ablauf des Todes, soweit das nachvollziehbar ist. Das ist legitim und trotz darstellerischer Schwächen auch einigermaßen spannend. Allerdings auch nicht eben neu. Alles, was hier mit scheinbarer Akribie zusammen getragen wird, wurde bereits anderweitig aufs Korn genommen und ausgebreitet. Tom Grant selbst hat sowohl an einer TV-Doku über Cobains Tod („Kurt Cobain: The last 48 Hours“, 2007) als auch an Nick Broomfields Doku „Kurt & Courtney“ (1998) mitgewirkt. Nirvana-Musik gibt es in „Tod einer Ikone“ logischer Wese auch nicht zu hören, da Frau Love die Rechte besitzt. Stattdessen wird zur musikalischen Untermalung unmotiviert auf einigen Pseudo-Grunge-Riffs rumgeschrubbt.

Was hingegen in „Tod einer Ikone“ schon manipulativ und höchst unsympathisch rüberkommt, ist die Art und Weise wie der Detektiv und die Experten ihren vorbildlichen Leumund und ihre enorme Erfahrung herausstellen. Das wird dann mit einem geradezu rufschädigenden Bild von Courtney Love als laszive, berechnende Drogenschlampe kontrastiert, und angereichert mit der Unfähigkeit der Polizei, so dass die Fronten gleich geklärt sind. Und die Doku bemüht sich auch gar nicht weiter, die in der Folge aufgezählten Indizien von unterschiedlichen Seiten zu betrachten, sondern rückt zielgerichtet in Richtung Mordkomplott vor. Und wenn dann auch noch der ehemalige Polizeichef von Seattle seine Zweifel kundtut, muss ja schließlich etwas dran sein, oder?

Das Doku-Drama „Kurt Cobain – Tod einer Ikone“ zielt auf die Sensationsgier des Zuschauers und trifft damit sicher auch einen Nerv. Das ist ebenso plakativ wie im Grunde auch überflüssig, wird Fans aber wohl dennoch irgendwie ansprechen. Vielleicht wird in einer Doppelvorstellung mit der ebenfalls in diesem Jahr erschienenen Doku „Montage of Heck“ ein Schuh draus. Beide Dokus belegen aber nachdrücklich den Einfluss, den Nirvana als Band hatte und auch immer noch hat.

Film-Wertung: 5 out of 10 stars (5 / 10)

Kurt Cobain –Tod einer Ikone
OT: Soaked in Bleach,
Genre: Dokumentarfilm, Musik, Biographie
Länge: 90 Minuten, USA 2015
USA 2015
Regie: Benjamin Statler
Mitwirkende/ Darsteller: Tom Grant, Tyler Bryan, Sarah Scott, Daniel Roebuck
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Ascot Elite Home Entertainment
DVD- 6 BD-VÖ: 09.06.2015