Electric Boogaloo: Die Geschichte von Cannon Films

Die beiden Israelis, die mit der „Eis am Stiel“-Serie berühmt wurden, deren erster Teil  immer noch der erfolgreichste israelische Film aller Zeiten ist, hatte nicht weniger vor, als Hollywood zu erobern. Zwei Filmverrückte auf einem Kreuzzug, der zwar Jahrzehnte lang für haufenweise Filme sorgte, aber letztlich am Geschäftsmodell scheiterte. Mark Hartleys dokumentarischer Ausflug in die Filmgeschichte ist höchst unterhaltsam und zeigt die schräge und wilde Karriere von Menahem Goran und Yoram Globus und ihrer Produktionsfirma Cannon Films.

Bezeichnender Weise analysiert einer der vielen interviewten Talking Heads in Mark Hartleys Doku „Electric Boogaloo“ das heutige Filmbusiness ziemlich treffend: Hollywood produziere eigentlich nur noch Cannon Films, allerdings mit höherem Budget und erheblich mehr Anspruch an die Qualität. Das Markenzeichen Cannon stand und steht für Action! Wenig Story, viel Trubel auf der Leinwand, der – gelinde gesagt – nicht immer hochklassig inszeniert war, aber durch viel nackte Haut und auch durch den einen oder anderen Star aufgepeppt wurde. Für viel Ansehen sorgt so etwas nicht,  aber für wirtschaftlichen Erfolg – vor allem aber auf dem außeramerikanischen Markt .

Die Firma um die israelischen Cousins expandierte unbändig und besaß zu ihren Hochzeiten etliche Kinoketten und auch einen wesentlichen Anteil der britischen Filmarchive. Das wurde von der Filmwirtschaft im Vereinten Königreich sogar als Bedrohung aufgefasst. Allerdings lief das Geschäft mit den trashigen Actionern dann irgendwann aus dem Ruder: Die Filmprojekte wurden zu ambitioniert, sprich zu teuer, und die Quer- und Vorfinanzierung haute nicht mehr hin. Etliche Projekte, viele intuitive Schnellschüsse des selbsternannten Filmmachers Menahem Golan, versandeten mitten im Dreh oder schon vorher. Wenn das Budget verpufft war, wurde alles, was gedreht war, oft halbgar zusammengeschustert.

Obgleich Golan und Globus, der das Verkaufsgenie der beiden war, in gewisser Weise ein Dream Team waren, waren sie auch Terror Twins und mit einem gehörigen Sinn Größenwahn ausgestattet. Vor allem aber eckte Golan immer wieder mit seiner Art an und wurde im amerikanischen Filmbusiness trotz allen Erfolgs nicht ernstgenommen und wertgeschätzt. Einer der damaligen Mitarbeiter bringt es derart auf den Punkt, dass Golan versuchte, den Amerikanern amerikanische Filme zu verkaufen, ohne überhaupt zu wissen, was das sei.

Gelegentlich kam dann doch eine visionäre Idee dabei raus: Zum Beispiel die Idee, Spider-Man zu verfilmen, als noch niemand das Potential der Superhelden-Comics erkannt hatte. Golan freilich hatte geglaubt, es handele sich um ein Horrorthema. Aus dem Projekt wurde letztlich doch nix, anders als aus Captain America (den Ascot Elite auch im Programm hat). Allerdings hat Cannons amerikanischer Superheld kaum etwas mit den aufwändigen Produktionen der großen Major-Firmen zu tun und scheiterte mal wieder daran, dass Geld für die Effekte fehlte.

In den 80ern war das Logo von Cannon Films omnipräsent. Es gab Jahre, in denen die Firma mehr als 40 Filme produzierte. Wenig Hochklassiges war dabei, viel das inzwischen mehr oder weniger berechtigt Kult-Status besitzt, wie etwa einige Chuck Norris Filme oder auch der extrem cheesy wirkende „Herkules“ (1983) mit Lou Ferringo. Ach, die Liste ließe sich endlos fortsetzen und hat schon meine Pubertät versaut.

Mick Hartleys „Electric Boogaloo“ ist eine typische „Talking Heads“- Doku, die mit vielen spaßigen Filmausschnitten angereichert ist. Dafür werden aber auch etliche Anekdoten abgefeuert, was im Grunde ein Overkill in allerbester Cannon-Manier ist. Die deutsche Voice-Over-Version ist daher vielleicht angenehmer zu verarbeiten als die textreichen Untertitel des Originals. Wie auch immer, filmisch sind von dieser Doku keine Extravaganzen zu erwarten: Das Firmenportrait und das gezeigte Portfolio sind unterhaltsam und mit Sinn für Humor und Charakteristik der Cannon Filme montiert. Mark Hartley hat schon einige Dokus nach gleichem Strickmuster gedreht, unter anderem „Not Quiet Hollywood – The Story of Ozploitation“ (2008).

Und dass die beiden Hauptfiguren des Films, Menahem Golan (2014 verstorben) und Yoram Globus, nur in Archivbildern auftauchen, hat dann auch wieder eine Cannon-typische Pointe. Hartley hatte die beiden für diese Doku angefragt, wurde aber abgewiesen. Stattdessen gaben die beiden ihre eigene Cannon-Doku in Auftrag, die dann auch drei Monate vor Hartleys Film veröffentlicht wurde: „The Go-Go Boys: The Inside Story of Cannon Films“ von Hilla Medalia.

Für Filmnerds und Leute, die auf Bad Taste stehen, ist „Electric Boogaloo“ und sind Cannon Films ein unerschöpflicher Quell von Kuriositäten und wahnwitzigen Filmexperimenten. Dieser etwas überladene Überblick und vor allem die Cannon Trailersammlung, die die Blu-ray bereichert, lohnen sich dann allemal.

Film-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Electric Boogaloo
OT: Electric Boogaloo: The Wild, Untold Story of Cannon Films
Genre: Doku, Filmgeschichte,
Länge: 102 Minuten, USA, 2014
Regie: Mark Hartley
Mitwirkende: Menahem Goran & Yoram Globus (Archivmaterial), Michael Dudikoff, Dolph Lundgren
Extras: Originaltrailer, Deleted & Extended Sequences, Menahem Golan Imitationen, Marks T-Shirt Kollektion, Roy & John lesen aus ihrer Lieblingskritik, Trailershow, Easter Egg, Cannon Films Trailersammlung (BD exclusive)
FSK: ab 16 Jahre
Vertrieb: Ascot Elite
DVD- & BD-VÖ: 21.04.2015

Wikipedia Liste Cannon Films

Electric Boogaloo bei Ascot Elite