Bruder Lono: Der wilde Hund

100BULLETSBRUDERLONO_vorschauMit der epischen, über 100 Hefte angelegten Comic-Serie „100 Bullets“ haben Autor Brian Azzarello und Zeichner Eduardo Risso von 1999 bis 2009 nicht nur Comic-Geschichte geschrieben. Die realistisch-düstere Crime Noir Serie um die Auftragsmörder von den Minutemen gehört zum Besten, was das Thriller-Genre zu bieten hat. Eigentlich dachte man auch, die Story wäre zu Ende erzählt, aber nun kommt mit Bruder Lono noch quasi ein Epilog hinterhergeschoben, den man auch genießen kann, wenn man „100 Bullets“ nicht kennt.

Der einstige Auftragsmörder Lono „The Dog“ hat die Ereignisse in „100 Bullets“ überlebt und sich in das kleine mexikanisches Dorf Durango zurückgezogen. Dort arbeitet er als Hilfsgeistlicher in der Gemeinde von Pater Manny, der auch ein Waisenheim betreibt. Doch das kleine Dorf steht auch unter der Knute des Drogenkartells „Die Zwillingstürme“, benannt nach den legendenumwobenen  Bossen, die nie jemand zu Gesicht bekommen hat.

Das Kartell bedrängt Pater Manny immer wieder, das Gelände der Kirchengemeinde für den Drogenhandel zur Verfügung zu stellen. Bislang kann sich der Geistliche  behaupten, aber der örtliche Repräsentant des Kartells erhöht den Druck und zeitgleich kommt eine attraktive junge Nonne aus den USA in Durango an, um bei Pater Manny zu arbeiten. Außerdem haben die Zwillingstürme einen Tipp bekommen, dass ein DEA-Agent eingeschleust werden soll. Bruder  Lono versucht derweil, seiner Vergangenheit zu entfliehen und jedes Mal, wenn er den Blutrausch aufwallen fühlt, lässt er sich vom hiesigen Sheriff in eine Zelle stecken, bis alles wieder vorbei ist. Doch Lono gerät zwangsweise in die Schusslinie des Kartells.

„Neige das Haupt und bete um Gottes Segen“

Zugegeben, die Story ist nachgerade klassisch und nicht sonderlich originell: Da versucht ein gewalttätiger Mann seiner Vergangenheit zu entfliehen und wird dann doch wieder von der Gewalt eingeholt. Nun kann er sich mit „bösen“ Mitteln für das Gute einsetzen. Aber läutert das den ehemaligen Killer? Autor Brian Azzarello, der mitten in seinem „100 Bullets“-Hoch eine beeindruckend sinistere „Hellraiser“-Strecke hinlegte, hat sich auch in „Bruder Lono“ wieder dem moralisch fragwürdigen Sezieren  von Schuld und Vergebung gewidmet.

Die Geschichte in „Bruder Lono“ hat nur bedingt etwas mit der Handlung in „100 Bullets“ zu tun, denn  die mexikanische Episode ist zeitlich später angesiedelt. Gleichwohl wird hier der lose Faden, die Blutspur des Hitmans Lono „the Dog“ wieder aufgenommen. In seiner erzählerischen Klasse sucht das im Medium Comic seinesgleichen und der langjährige argentinische Mitstreiter Eduardo Risso weiß die Geschichte um den reuigen Hitman Lono mit finsteren Gangszenarien zu bebildern. Schon allein die fiesen Tattoos machen Laune und auch der Flow der Story wird mit gekonntem Seitenaufbau und losem, offenem  Panelling atmosphärisch dicht umgesetzt. Da stimmt auch das düstere Farbkonzept von Patricia Mulvihill.

„Bruder Lono“ ist absolut gelungen und macht in seiner düsteren Konsequenz dem Crime Noir Genre alle Ehre.

Comic-Wertung: 9 out of 10 stars (9 / 10)

100BULLETSBRUDERLONO_Softcover_860100 Bullets: Bruder Lono
OT: 100 Bullets: Brother Lono, Vertigo, 2013, 2014
Autor: Brian Azzarello
Zeichner: Eduardo Risso
Übersetzung: Bernd Kronsbein
Verlag: Panini Comics, Softcover, 196 Seiten
VÖ: 25.11.2014

Leseprobe bei Mycomics

Bruder Lono Verlagsseite

100 Bullets bei Wikipedia (englisch)