Top 5: Dokumentarfilme 2011

imstillhere-presse2Außer den Blockbustern hat mich im vergangenen Jahr keine Filmgattung so gequält wie der Dokumentarfilm. Ich bin eigentlich ein großer Freund von Dokumentationen, Reportagen und was sich sonst noch alles auf dem weiten Feld der Doku so tummelt, und es gab auch wunderbare höchst sehenswerte Filme zu bestaunen, aber über die Menge und Qualität der im Kino gezeigten Dokumentarfilme kann man nicht nur glücklich sein. Sicher, der Dokumentarfilm an sich hat einen festen Platz auf der Leinwand verdient, aber, bitteschön, in Maßen.

tmz_transparentIm Fernsehen sind Filme doch auch ganz schön. Vor allem, wenn es sich wie bei der Mehrzahl der Dokumentarfilme auch um Werke handelt, die für das TV-format produziert wurden. Dass Dokus vorab nun auch in ausgewählten Programmkinos der Republik zu bestaunen, respektive zu ertragen sind, hat sich in zwischen zur Unsitte gemausert. Jede Doku, die was auf sich hält, will auch ins Kino. Der Mehrwert ist, abgesehen von der Möglichkeit zur angeregten Diskussion über das Thema, häufig gering. Was zum einen am vermeintlich schlichten dokumentarischen Stil liegt, zum anderen häufig am begrenzten Budget der Filmmacher. Aber auch die filmische Aufbereitung der Themen lässt oft zu wünschen übrig – wie bei Spielfilmen ja auch.

6091_ali_06Martin Scorcese ist ein renommierter Filmmacher, auch im Dokumentarbereich, aber die George Harrison Doku „Living in the Material World“ ist mit 208 Minuten deutlich zu lang ausgefallen. Das Teil ist sowieso direkt auf DVD erschienen, aber hier konnte der Regisseur eindeutig nicht an sich halten und ist der Materialfülle kritiklos erlegen. Eine Materialsammlung ist noch keine Dokumentation. Die gelobte Dokumentation über den Künstler Anselm Kiefer „Over Our Cities Grass will Grow“ ist ebenso abgehoben wie das Werk des Künstlers selbst. Das ist legitim, kommt aber über den Gegenstand der Betrachtung nicht hinaus.

Darüber, was eine gute Doku ausmacht, kann man sich lange streiten. Für mich muss sie ihren Gegenstand, ihr Thema, treffen und so abbilden, dass sowohl eingeweihte, also die Fans, einen Erkenntnisgewinn haben als auch unbedarfte Zuschauer einen Zugang zum Thema entwickeln können. Das sollte möglichst authentisch sein und trotzdem auch kunstvoll. Auch eine gelungene Reportage kann kunstvoll sein. Nun denn, das Thema lässt sich hier nicht abhandeln.

Hier sind die Top 5 Dokumentarfilme 2011

5. Vaterlandsverräter

VaterlandsverräterDas Portrait des ostdeutschen Autors und Dramatikers Paul Gratzig, der sich noch zu DDR-Zeiten als Stasi-Spitzel geoutet hat und heute fast in Vergessenheit der Uckermark lebt, erzählt eine andere deutsche Geschichte, eine Außenseitergeschichte. Selbstredend geht es auch um die Aufarbeitung eines Stückes deutsch-deutscher Vergangenheit, aber Annekatrin Hendel geht mit ihrem ehrlichen und kontroversen Portrait weit über dieses Thema hinaus. Hinzu kommt die sehr gelungene Aufbereitung einiger „Stasi-Szenen“ in Gemälden. Schade, dass der Film fast ausschließlich in ostdeutschen Kinos zu sehen war. Hier geht’s zu Rezension und Trailer.

Film-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

4.Pina

Wim Wenders „Pina“ gehört nicht nur zu den herausragenden deutschen Filmen 2011 sondern auch zu den erstaunlichsten und gelungensten Dokumentarfilmen. Hochgradig kunstvoll und ohne Scheu vor innovativer Technik gelingt es „ Pina“ das abzubilden, was dem Tanztheater der Pina Bausch seinen Weltruhm gebracht hat. Aber „Pina“ wurde auf diesen Seiten schon als bester deutscher Film 2011 gehuldigt. Hier geht’s zum Trailer und den Top 5 Deutsche Filme 2011.

Film-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

3. The Look – Charlotte Rampling

look_plakatAuch „The Look“ setzt einer Ikone ein filmisches Denkmal. Die britische Schauspielerin Charlotte Rampling lässt sich in diesem szenischen Portrait auf Dialoge ein, nicht nur mit der Kamera sondern in mehreren Begegnungen auch mit Weggefährten. Das ist von unglaublicher Tiefe und großer Leinwandpräsenz und hohem unterhaltungswert. Regisseurin Angelina Maccaroni gelingt es durch die Gespräche ein sehr intimes Bild der großen und charismatischen Charlotte Rampling zu erzeugen. Einer der besten Filme, die ich auf dem Filmfest Hamburg 2011 gesehen habe. Hier geht’s zur Kurzkritik.

Film-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

2. Perry Rhodan – Unser Mann im All

perryrhodan300Gerade ist André Schäfers neuer Dokumentarfilm „John Irving und wie er die Welt sieht“ in die Kinos gekommen, doch 2011 bewegte sich der Regisseur noch in ganz anderen literarischen Sphären und hat das verschrobene Paralleluniversum des terranischen Astronauten Perry Rhodan im Film gebannt. Seit 50 Jahren treibt sich Perry Rhodan nun schon in der Galaxie herum und hat Generationen von Fans zum Lesen sogenannter Groschenromane verführt. Das filmische Geburtstagsgeschenk, war in einer Kinoversion zu bestaunen, bevor die TV-Produktion deutlich kürzer und anders geschnitten auch im Fernsehen läuft. „Unser Mann im All“ hat Witz, Neugier, originelle Umsetzungen und sehr eigenwillige Charaktere zu bieten. Das ist höchst unterhaltsam und äußerst gelungen. Hier geht’s zu Kritik und Trailer dieser wunderbaren Doku.

Film-Wertung: 8.5 out of 10 stars (8,5 / 10)

1. Muhammed Ali -Der Größte Boxer aller Zeiten

ali_dvd-cover1Über den Sportler des Jahrhunderts, die Boxlegende Muhammad Ali, der in diesem Jahr seinen 70. Geburtstag feierte gibt es mehr als genug Filme, Portraits, Zeitungsartikel und Bücher. Dem noch etwas Essentielles hinzuzufügen schien unmöglich, bis „Muhammad Ali – Der größte Boxer aller Zeiten“ erschien, wie die amerikanische TV-Dokumentation hierzulande in den Läden steht. Der Originaltitel „Facing Ali“ sagt eigentlich schon, was den Zauberdieser grandiosen und fulminanten Sportdoku ausmacht: Zu Wort und ins Bild kommen Alis ehemalige Gegner im Ring und zwar heute, beziehungsweise 2009. Regisseur Pete McCormac gibt sich alle Mühe die großen, alten Boxer würdevoll in Szene zu setzen und so erschließt sich über Interviews mit seinen Gegnern, Archivmaterial und eine großartige Montage und einen klasse Soundtrack ein packendes Bild des Boxers und Menschen Muhammad Ali, das es in dieser Form noch nie gab. Der Film ist ein Hammer, nicht nur für Sportfans und für mich der beste Film, der hierzulande 2011 erschienen ist, nicht nur als Dokumentarfilm und der einzige, der eine (fast) perfekte Wertung verdient hat. Hier findet ihr eine ausführliche Kritik.
Viel Spaß mit dem Trailer.

Film-Wertung: 9.5 out of 10 stars (9,5 / 10)