Franks Flimmer-Fest 2011: Samstag 1.10.2011

101124_rgb_FF_Logo_JahrWas für ein Kinotag: Vier Filme und keine einzige Lusche dabei. Nach dem spannenden und emotional aufwühlenden „Whistleblower“ steht der restliche Tag irgendwie unter dem Motto Heimat: Bei dem wunderbaren amerikanischen „The Music Never Stopped“ fühle ich mich musikalisch verbunden, „Bingo“ spielt nicht nur in meiner Heimatregion, sondern weckt Erinnerungen an die Großmütter und „Borowski und der coole Hund“ rückt die Stadt, in der ich lange Jahre verbracht habe, in ein kriminalistisches Licht. Home, sweet home.

The WhistleblowerIn der Kanadisch-deutschen Co-Produktion „The Whistleblower“ geht die amerikanischen Polizistin Kathy Bolkovac (Rachel Weisz) für ein halbes Jahr nach Bosnien. Angestellt bei einem privaten Sicherheitsunternehmen, das für die UN-Truppen arbeitet, wird Kathy auf einen barbarischen Missstand aufmerksam: In dem ehemaligen Kriegsgebiet hat sich ein brutaler Mädchenhandel etabliert, in den auch Angehörige der UN-Mission verstrickt sind, die ihre diplomatische Immunität missbrauchen. Mit der Aufklärung des Menschenhandels bringt Kathy sich und die Zwangsprostituierten in Lebensgefahr und macht sich schnell Feinde. Basierend auf wahren Begebenheiten und mit einer großartigen internationalen Besetzung gelingt es der Regisseurin Laryska Kondracki, ein erschütterndes Bild mit einem spannenden Thriller zu verknüpfen. Der Film weidet sich keinesfalls an der Brutalität und Unmenschlichkeit, ist aber aufgrund des Themas aufwühlend und macht eindringlich deutlich, zu welchen Schandtaten der Mensch fähig ist. „The Whistleblower“ ist atmosphärisch sehr beklemmend und packend inszeniert. Ein sehr gelungener Film auch zum Thema Machtmissbrauch.

„Whistleblower – in gefährlicher Mission“ ist noch am Mittwoch 5.10, 19:30 und am Samstag 8.10., 2:630 im Cinemaxx zu sehen. Der Thriller erscheint am 2. Januar 2012 direkt als DVD-Premiere.

[xrr rating=8.0/10 imageset=red_star label=“Movie Rating:“]

The_Music_Never_Stopped3_Credit_Senator_Film_VerleihNach dem heftigen Thriller geht es nun entspannter zu, wenn auch auf andere Weise dramatisch. In „The Music Never Stopped“ geht es ebenso um die heilende Wirkung von Musik wie um eine verkorkste Vater-Sohn-Beziehung. Basierend auf dem Essay „Der letzte Hippie“ von Oliver Sacks wird die Geschichte eines Patienten mit einem Gehirntumor erzählt, der nach der schwierigen Operation kein Langzeitgedächtnis mehr hat und in einem katatonischen Zustand vor sich hindämmert. Die Eltern des Patienten, der gerade mal Mitte Dreißig ist, haben ihren Sohn seit über 20 Jahren nicht mehr gesehen und versuchen nun verzweifelt, Zugang zu ihm zu bekommen. Durch die Hilfe einer Musiktherapeuthin erweist sich, dass Gabriel auf Musik reagiert, und sobald er seine Lieblingsmusik hört, erwacht er zum Leben. Das nötigt den Vater sich mit dem ganzen Hippie-Zeug der Sechziger zu beschäftigen und sich die Grateful Dead anzuhören, die sein Sohn so abgöttisch verehrt.

„The Music Never Stopped“ ist filmisch solide und mitfühlend umgesetzt und mit J.K. Simmons als Vater und Lou Taylor Pucci als Sohn wirklich schön besetzt. Dass mich der Film so tief berührt hat, liegt einfach an seinem musikalischen Thema, das ist einfach mein Ding: Also, gefühlt ein potentieller Lieblingsfilm, aber kritischer betrachtet immer noch sehr sehenswert. Mann, das wird schwierig bei den Top 5.

„The Music Never Stopped“ ist noch am Mittwoch 5.10, 19:00 im Abaton und am Freitag 7.10., 22:15 im Kino 3001 zu sehen. Hier geht‘s zum Trailer.

Film-Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

Bingo_Zuletzt_entscheidet_immer_das_Glueck2_c_Bildschoen_FilmproduktionIn Grunde ist „Bingo – zuletzt entscheidet immer das Glück“ ein Heimatfilm aus Schleswig-Holstein. Die beiden Dokumentarfilmerinnen Gisela Tuchtenhagen und Margot Neubert-Maric habe vier alte, alleinlebende Frauen im Norden über drei Jahre begleitet. Ihre gemeinsame Leidenschaft ist das Bingo. Und so verbringen die Damen einen Gutteil ihrer Freizeit in dänischen Bingohallen. Doch selbstredend ist das nicht alles, sondern nur der rote Faden der Dokumentation, die die Lebensgeschichten dieser Frauen nachzeichnet, die zwischen 1933 und 1945 geboren wurden und auf dem Land ihr nicht immer einfaches und arbeitsreiches Leben eingerichtet haben. Ach ja, das hätte ich fast vergessen: Der Film ist komplett auf plattdeutsch gedreht und daher untertitelt. In allerbester Doku-Manier stehen die Frauen komplett im Vordergrund und die Kamera ist nur begleitend dabei. Hier wird nicht inszeniert und lustig sind immer wieder die Momente, wenn auf die Kamera reagiert wird. „Bingo“ ist ein toller Film, der vor allem so gelungen ist, weil die großartigen Frauen einen ohne Scheu und voller Selbstbewusstsein einfach in ihr Leben blicken lassen. Dafür gilt ihnen mein ewiger Dank. Bingo hatte bei mir sowieso Heimvorteil, weil ich aus der Gegend stamme und auch ohne Untertitel klar kam. Und tatsächlich hat „Bingo“ bei mir so etwas wie Heimweh und Erinnerungen an meine Großmütter ausgelöst.

„Bingo – zuletzt entscheidet immer das Glück“ wird noch am Sonntag 2.10, 19:00 im Passage gezeigt.

Film-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

Tatort_Borowski_und_der_coole_Hund1_cEigentlich soll man sein Glück auch auf einem Filmfest nicht überstrapazieren und drei wunderbare und ergreifendes Filme an einem Tag sind mehr als genug, aber der Kiel Tatort muss dann doch noch sein. „Tatort: Borowski und der coole Hund“ wurde vor einem vollen Saal gezeigt und konnte begeistern. Der schwedische Krimi-Star Henning Mankell hat (schon zum zweiten Mal) für die Geschichte gesorgt und Regisseur Christian Alvart („Antikörper“, „Pandemonium“) dehnt in seinem Tatort-Debüt die Grenzen dessen, was das Tatort-Format hergibt, mal wieder aufs Äußerste. In Schweden gibt es wieder Tollwutfälle, während Kommissar Borowski (Axel Milberg) und seine neue Kollegin Sarah Brandt (Sibel Kekili) es mit einen aufgespießten Badegast zu tun bekommen. Irgendein Verrückter hat an einem öffentlichen Badesteg eine Falle aus Bambuspfählen installiert. Bei der Obduktion stellt sich heraus, dass das Opfer ebenfalls mit Tollwut infiziert war. Der Kriminalfall als solcher ist vielleicht ein wenig zu verworren, aber atmosphärisch ist der Kiel-Tatort beeindruckend gruselig. Mit stimmungsvollen, spannungsgeladenen Bildern und etlichen ungewohnten Kameraeinstellungen weiß der grantelige Borowski auch diesmal zu überzeugen. Wenn die Informationen stimmen (Stand  immerhin auf den Plakaten, auch wenn die Damen und Herren auf dem Podium noch nichts wussten), soll „Borowski und der coole Hund“ am 6. November im TV zu sehen sein.

Film-Wertung: 6.5 out of 10 stars (6,5 / 10)

Das war’s dann auch vom Samstag, oder Sonnabend, wie man hierzulande sagt.