Amelie rennt: Atemlos durch dem Tag

Der Titel ist extra verwirrend – ausgerechnet Rennen, oder jede andere körperliche Anstrengung ist genau das, was die dreizehnjährige Amelie auf jeden Fall vermeiden soll, denn sie hat Asthma. Wo andere nach dem kurzen Wettlauf mal eben durchschnaufen, droht Amelie zu ersticken. Kein leichtes Thema für einen Film, vor allem, wenn dieser sich nicht als Drama an Erwachsene wendet, sondern für eben jene Jugendlichen gemacht ist, die auch in Amelies Alter sind. Der deutsche Film „Amelie rennt“, der Mitte April für das Home Entertainment erschienen ist, erzählt eine coole Geschichte über ein toughes Mädchen.

Wie sich das für eine echte Berlinerin gehört, lässt sich die dreizehnjährige Amelie (Mia Kasalo) nichts sagen. Schon gar nicht, was sie kann und was nicht. Aber dann schlägt diese bescheuerte Krankheit wieder zu und beschert Amelie einen Erstickungsanfall, der so heftig ausfällt, dass ihre hilflosen Freundinnen den Notarzt holen müssen.
Amelies Eltern Sarah (Susanne Bormann) und Lukas (Denis Moschitto) finden, sie haben Amelies trotzige Behandlungsunwilligkeit lange genug ausgehalten und fahren ihre beleidigte Tochter in eine Spezielle Klinik nach Südtirol. Aber kaum sind die Alten um die Ecke, hat Amelie auch schon keine Lust mehr sich das Gelaber von Frau Doktor Murtsakis (Jasmin Tabatai) anzuhören und haut aus der Klinik ab.

Amelie hat nicht vor sich, mit dieser blöden Atemnot zu beschäftigen, die ihr Leben so sehr einschränkt und mit großer Willensanstrengung macht sie sich auf, den nächstgelegenen Berggipfel zu besteigen. Natürlich hat die Berlinerin hier im Gebirge weder einen Orientierungssinn, noch weiß sie um die Gefahren des Bergwanderns. Glücklicher Weise trifft sie unterwegs auf den zwei Jahre älteren Nachwuchs-Milchbauern Bart (Samuel Girardi), der ihr ein bisschen Hilfestellung anbietet. Amelie lehnt das zunächst ab, aber das Bart auch zum Gipfel unterwegs ist, ist in zu gutes Argument, um alleine weiterzugehen.

Selten gelingt es Kinder- und Jugendfilmen ihr Publikum auch zu fesseln, wenn sie eine ernste Angelegenheit zum Thema haben. „Amelie rennt“ ist ein wunderbares Beispiel wie sich der pädagogische Zeigefinger im Jugendfilm vermeiden lässt, indem man die Zielgruppe einfach ernst nimmt und ihnen auch eine Geschichte anbietet, die auf Augenhöhe bleibt und nicht besserwisserisch wird.

In „Amelie rennt“ erklärt die Klinikärztin einmal ziemlich anschaulich wie die chronische Atemwegserkrankung Asthma in einer Schubsituation funktioniert und damit hat es sich dann auch. Amelies Anfall zu Beginn des Films ist schließlich eindrücklich genug, um als Spannungselement bei der Bergbesteigung auszureichen. Irgendwann wird die Luft eben dünner, das Asthmaspray ist auch nur eine Krücke und Amelie muss sich ihrer Krankheit stellen.

Regisseur Tobias Wiemann ist nahe an den beiden großartigen Hauptdarstellern, die zusammen eine tolle Chemie hervorzaubern und ihre Rollen mehr als beachtlich ausfüllen. Aber „Amelie rennt“ kann sich auch auf ein tolles Drehbuch stützen. Dafür sind Natja Brunckhortst und Jytte-Merle Böhrnsen verantwortlich. Die beiden Schauspielerinnen haben nicht nur eine starke, zeitgemäße Mädchenfigur ersonnen, sondern auch das richtige Maß gefunden, um eine spannende Geschichte mit einer lebensbejahenden Botschaft zu verknüpfen.

Die Internet-Seite zu „Amelie rennt“ ist mit vielen zusätzlichen Infos und Unterrichtsmaterialien versehen. Zudem wurde die Geschichte sowohl als Buch als auch als Comic adaptiert. Es gibt also genug Zugangsmöglichkeiten sich auf unterhaltsame und nicht bagatellisierende Weise mit dem Thema zu beschäftigen.

Nicht nur junge ZuschauerInnen fiebern mit, wenn sich die an Asthma leidende Amelie aufmacht, den Berg zu bezwingen. „Amelie rennt“ ist ein außergewöhnlicher und empfehlenswerter Jugendfilm, der auch erwachsenengeeignet ist.

Film-Wertung:8 out of 10 stars (8 / 10)

Amelie rennt
OT: Amelie rennt
Genre: Abenteuer, Drama, Jugend,
Länge: 97 Minuten, D/I, 2017
Regie: Tobias Wiemann
Drehbuch
Darsteller: Mia Kasalo, Samuel Girardi, Denis Moschitto, Susanne Bormann
FSK: ab 6 Jahren
Vertrieb: Farbfilm Entertainment, Lighthouse Home Entertainment
Kinostart: 21.09.2017
DVD- & BD-VÖ: 20.04.2018

Internet-Seite zum Film