Das Zeiträtsel: Auf der Suche nach dem verlorenen Vater

Science-Fiction scheint sein einiger Zeit wieder hoch im Kurs der Filmindustrie zu stehen. Das mag auch an den erfolgreichen eigenproduzierten Serien der Streaming-Dienste liegen. Wie auch immer, der Fan darf sich freuen. Auch wenn nicht jede der bildgewaltigen Verfilmungen vollends überzeugen kann. Mit der Jugendbuchverfilmung „Das Zeiträtsel“ machen sich die Disney Studios zusammen mit der jungen Meg auf die Suche nach ihrem Vater und spülen eine eigentlich tolle Geschichte ziemlich weich.

Denn Vater Murray (Chris Pine) verschwindet spurlos. Zusammen mit seiner Frau (Gugu Mbatha-Raw) forschte er an der Struktur der Zeit selbst und den Möglichkeiten nur mit dem Geist auf Zeitreise zu gehen. Und vor vier Jahren, gerade als die junge Meg (Storm Reid) einen Adoptivbruder namens Charles Wallace (Deric McCabe) bekam, war Megs Vater von einem Moment auf den anderen nicht mehr auffindbar.

Inzwischen ist aus dem neugierigen Mädchen ein gleichgültiger Teenager geworden. Der wird von Mitschülerinnen gemobbt. Charles Wallace hingegen liebt seine große Schwester und eines Tages taucht er mit einer seltsamen Dame im Haus der Murrays auf. Frau Soundso (Reese Witherspoon) kommt aus der Zukunft und möchte Meg dabei helfen, ihren Vater zu suchen.

Meg bleibt skeptisch. Aber Charles Wallace und Megs neuer Verehrer Calvin (Levi Miller) sind von der Aussicht auf ein Abenteuer tierisch begeistert. Frau Soundso hat Bedenken, ob Meg für diese Unternehmung bereit ist. Ihre Kolleginnen Frau Wer (Mindy Kaling) und Frau Welche (Oprah Winfrey) sind dafür, das Wagnis einzugehen – vor alle, weil die Zeit davonrennt.

Ein Kleeblatt aus Zeitreisenden

Das Buch von Madeleine L’Engele stammt bereits aus den 1960er Jahren und war seinerzeit ein Überraschungserfolg. In deutscher Übersetzung erschien der Roman zunächst unter dem Titel „Die Zeitfalte“. Eine Neuausgabe anlässlich des Kinostarts erfolgte nun als „Das Zeiträtsel“. Für Madeleine L’Engle war der Roman nur der Auftakt einer Buchreihe mit vier Romanen, die als „Das Zeitquartett“ bekannt wurde. Hierzulande sind auch alle vier Romane erscheinen, aber alle bei unterschiedlichen Verlagen und ohne editorischen Zusammenhang.  Vielleicht ist nun die Gelegenheit gekommen, die beliebten Jugendbücher der Autorin mal zusammenhängend zu veröffentlichen.

Aber zurück zum Film: Die Abenteuergeschichte eines Mädchens, das mit drei übernatürlichen Wesen durch Zeit und Raum reist, ist eine Vorlage, seiner Fantasie freien Lauf zu lassen. Gelegentlich blitzen in „Das Zeiträtsel“ auch opulente kunterbunte Wesen, Welten und Elemente auf. Wie etwa die lebendigen Schmetterlingsblumen, die sich in der Sprache „Farbe“ unterhalten, oder auch Frau Soundsos Verwandlung in ein fliegendes Wesen, das irgendwie tatsächlich aussieht, als hätte ein Rochen zu viel Spinat gefressen, bevor er sich in die Lüfte erhebt.

Der Sound des Films, der Erzähltonfall ist so brav, bieder und langweilig geworden, dass bei dieser familiengerechten Unterhaltung auch auf gar keinen Fall jemand Anstoß nehmen kann. Die Freude über die schillernde Storyelemente und Lebewesen verfliegt immer dann, wenn die amerikanische Political Correctness wieder einsetzt und moralische Botschaften verbreitet werden.

Frauenpower  – großteils verpufft

Dabei ist die Figurenaufstellung so derart simpel, dass man es kaum aushält. Nicht nur, dass Megs Eltern über Rassegrenzen hinweg ein Paar wurden, auch Megs Verehrer muss selbstverständlich einer anderen Ethnie angehören. Dagegen ist an sich nichts einzuwenden, wenn es nicht so offensichtlich als antirassistische Botschaft eingesetzt würde. In den USA ist so etwas gängig und hat sicherlich eine andere gesellschaftliche Relevanz, aber in dem Disney-Abenteuer ist das einfach nur enervierend. Hier wird auch nicht pubertär herumgezickt oder gar heimlich geknutscht, nein, es reicht gerade für eine züchtige Umarmung nach überstandenen Gefahren.

Der andere sehr enttäuschende Aspekt in „Das Zeiträtsel“ ist die gesamte Frauenpower, die sich hier vor und hinter der Kamera zusammengefunden hat und doch keine emanzipatorische Botschaft zuwege bringt. Eine junge weibliche Heldin allein macht noch keine Gleichberechtigung und selbst wenn Solidarität angesagt ist, kann frau schon mal klare Kante fahren.

In den USA wurde im Zusammenhang mit „Das Zeiträtsel“ vor allem diskutiert, dass erstmals eine farbige Regisseurin, namentliche Ava DuVerny („Selma“) einen Blockbuster mit derart hohem Budget verantworten durfte. Hierzulande mag das von nebensächlichem Interesse sein, in Amerika hingegen ist das schon ein Zeichen fortschreitender Integration und Gleichberechtigung. Lustigerweise kam die Konkurrenz dem Disney-Konzern dann zuvor, und bot der Regisseurin einen Superheldenfilm mit Riesenbudget an: Ava DuVernay soll Jack Kirbys „New Gods“ für DC verfilmen. Dabei hätte sich bestimmt auch im Marvel Cinematic Universe, dass ja auch zu Disney gehört, ein angemessener Filmstoff gefunden. Aber das nur am Rande.

Das gleichnamige Jugendbuch ist eine Steilvorlage für fantastische Abenteuer, die leider weitgehend ungenutzt bleibt. Obwohl die aufwändige Verfilmung von „Das Zeiträtsel“ einige tolle visuelle Aspekte und eine hochkarätige Besetzung auffährt, kommt wenig Abenteuerlust auf.

Film-Wertung:4.5 out of 10 stars (4,5 / 10)

Das Zeiträtsel
OT: A Wrinkle In Time
Genre: Abenteuer, Science-Fiction, Jugendfilm
Länge: 110 Minuten, USA, 2018
Regie: Ava DuVernay
Darsteller: Storm Reid, Mindy Kaling, Oprah winfrey, Reese Witherspoon,
FSK: ab 6 Jahren
Vertrieb: Walt Disney Pictures
Kinostart: 05.04.2018