Neuer Deutscher Horrorfilm -Teil 5: Heilstätten – Mutproben in Bauruinen

Es gibt einen Grund, warum sich so viele Horrorfilme an ein junges Publikum wenden. Wer schon mal den einen oder anderen auf Erschrecken und schock angelegten Filme gesehen hat, meint recht fix, das Prinzip verstanden zu haben. Darüber – wie über jedes Genre-Kino -kann man nun trefflich streiten, oder sich jedes Mal aufs Neue auf die Schauermärchen einlassen. „Heilstätten“ ist in Deutschland produzierter „Haunted House Horror“, der über weite Strecken gut funktioniert.

Wer es schon absurd findet, dass junge Menschen mit ihren Beiträgen zu Social Media einen Lebensunterhalt bestreiten können, ist eventuell schon zu alt für „Heilstätten“. Aber das findet der geneigte Leser gleich selbst heraus: Die erfolgreichen Youtuber Charly (Emilio Sakraya) und Finn (Timmi Trinks) sind mit ihren Pranks (Streichen) berühmt geworden. Nun fordern sie ihre Konkurrentin, die Beauty –Bloggerin Vanessa zur ultimativen Challenge heraus: 24 Stunden in den gruseligen Heilstätten abzuhängen. Hier haben die Nazis Euthanasie betrieben und es soll spuken. Kumpel Theo (Finn Oliver Schultz) ist Geschichtsstudent und hat hier Führungen veranstaltet, weshalb er Zugang zum Gelände hat. Wenig später stößt noch Marnie (Sonja Gerhard) dazu, denn sie weiß, dass es hier spukt. Schließlich war sie mit ihrem Ex, Theo, früher schon mal da.

Die Anleihen beim „Blair Witch Project“ und „Paranormal Activity“ sind unübersehbar, aber um fair zu bleiben, ist das gesamte Youtube-Phänomen ja selten, mehr als mit der Wackelkamera des Mobiltelefons aufgenommener Alltagshorror. Man könnte also „Heilstätten“ schon als pfiffige Verarbeitung von Subtext begreifen. Filmemacher Michael David Pate („Kartoffelsalat“) dreht seine zumeist kontroversen und nicht immer gelungenen Filme meistens independent und als krasse Genre-Kost. Der Gedanke Plate spiele mit dem schlechten Geschmack liegt nahe, aber nicht nur „Heilstätten“ ist handwerklich mehr als solide ausgefallen.

Die Figuren mit ihrem Hipster-Gelaber sind allesamt extrem nervtötend, aber verbale Hysterie gehört bei den Social Media für die daueraufgeregte Jugend unverzichtbar dazu. Dahinter kann sich auf dem denkmalgeschützten Gelände ein genretypischer Grusel-Thriller entfalten, der unterhaltsam mit den Versatzstücken aus Spukhaus und Hospital-Horror spielt.

…wenn die Protagonisten einem nicht ständig in die Betrachtung der Bilder quatschen würden und damit so ziemlich jede gruselige Atmosphäre gleich wieder zunichtemachen. Unterm Strich ist „Heilstätten“ wohl doch vor allem ein Horror-Film, der sich an eine jugendliche Zielgruppe richtet. Und darin ist „Heilstätten“ als deutscher Genre-Beitrag keinen Deut schlechter als amerikanische Beiträge wie „Ouija“ oder „Unknown User“.

Noch ein Wort zum Drehort: die „Heilstätten“ sind ein Sanatoriums-Komplex in Beelitz, der tatsächlich existiert. Um die Wende zum 20. Jahrhundert wurde hier eine Lungenheilanstalt für Arbeiter errichtet die heute noch als größte Krankenhausanlage im Raum Berlin gilt und unter Denkmalschutz steht. Die Nazi-Greuel mögen auch stattgefunden haben, aber das Gebäude hat schon siechende Historie genug, dass man eben nicht noch den Nazi-Terror herbeinötigen muss, um das Böse zu verdichten. Darin agiert der Regisseur Plate dann doch wieder wie der deutsche Funk-und Fernseh-Mainstream.

Vielleicht geht nicht nur älteren Semestern dieses sensationsgeile, egomanische Gelaber und Gehabe der Youtuber auf den Senkel? Das Szenario in „Heilstätten“ ist aufgrund der gruseligen Location effektiv und unheimlich. Dabei hat der deutsche Horror-Film starke Momente und ist gut besetzt. Weniger wäre dann aber doch mehr gewesen. Die vermeintlich kritische Botschaft ist so typisch deutsch wie bieder und ab einem gewissen Punkt sind die absurd vielen Kamera-Perspektiven nur noch kontraproduktiv.

Film-Wertung 5.5 out of 10 stars (5,5 / 10)

Heilstätten
OT: Heilstätten
Genre: Horror, Thriller,
Länge: , D, 2018
Regie: Michael David Pate
Darsteller: Emilio Sakraya, Sonja Gerhardt, Tim Oliver Schultz, Lisa-Marie Koroll, Davis Schulz, Timmi Trinks, Farina Flebbe, Maxine Kazis
FSK: Ab 16 Jahren
Vertrieb: 20th Century Fox
Kinostart: 22.02.218