Zarah – Wilde Jahre: Staffel 1

Der Beginn der 1970er Jahre gehört sicherlich zu der bewegtesten Zeit der damaligen Bundesrepublik Deutschland. Mit der Serie „Zarah – Wilde Jahre“, in der es um eine Journalistin geht, produzierte das ZDF ein Format, das die gesellschaftspolitischen Themen der Zeit aufs Tableau bringt. Souverän besetzt und mit viel Zeitkolorit und entsprechendem Soundtrack ausgestattet, besitzt „Zarah – Wilde Jahre“ Unterhaltungswert und räumt auf mit dem „Muff unter den Talaren“.

1973 kehrt die bis dato in London lebende Journalistin Zarah Wolf (Claudia Eisinger) in ihre Heimatstadt Hamburg zurück. Die erfolgreiche Autorin ist emanzipatorisch engagiert und hat einen Job bei Deutschlands größter Illustrierten „Relevant“ angenommen. Als stellvertretende Chefredakteurin will Zarah Wolf nicht nur die voyeuristische Titelgestaltung, sondern auch die redaktionelle Ausrichtung der Zeitschrift gehörig umkrempeln.
Aber obwohl Verleger Frederick Olsen (Uwe Preuss) sie scheinbar extra dafür eingestellt hat, hat er die Neue bei seinem Chefredakteur Hals-Peter Kerckow (Torben Liebrecht) nicht entsprechend angekündigt. Kein Wunder also, das die beiden Führungspersönlichkeiten direkt mal aneinander rasseln.

Rückendeckung aus der Chefetage gibt es für Frau Wolf nicht. Stattdessen kriegt sie Jenny (Svenja Jung), die Tochter des Verleger als Praktikantin an die Seite gestellt. Das lässt sich die emanzipierte Frau von Welt natürlich nicht bieten, aber die hat momentan eigentlich genug zu tun. Denn Mutti verschweigt die schwere Krebserkrankung.  Die Frauengruppe will einfach nicht einsehen, dass Zarahs Arbeit bei „Relevant“ viele Menschen erreichen kann und ihre Protestaktionen kommen der journalistischen Arbeit immer wieder in die Quere.

Keine Rückendeckung aus der Chefetage

„Zarah – Wilde Jahre“ ist souverän recherchiert und gibt den Zeitgeist und die gesellschaftlich relevanten Themen jener Zeit plausibel wieder. Dazu kommt neben der schauspielerischen, dramatisierten Aufbereitung auch immer wieder ein eingestreutes Potpourri damaligen TV-Bildern aus dem ZDF-Archiv, das zwischen einzelne Szenen geschnitten ist und so für eine kleine Zeitreise sorgt. Daneben kann die Serie aber auch in einer schier unendlichen Auswahl musikalischer Oldies schwelgen, die die frühen siebziger auf der Stelle in einen beschwingten Tanzclub verwandeln.

Allerdings wiederholen sich einige nicht eben subtil inszenierte Szenen aus dem Redaktionsalltag mit einer deutlich zu hohen Frequenz. Frau muss nicht in jeder Redaktionssitzung die Sexismus-Diskussion anstimmen. Und nicht jede Mittagspause in verräucherten Kneipen, muss ein klandestines männerbündlerisches Treffen alter machtgieriger Herren sein. Zudem sind einige der tragenden Nebenrollen deutlich zu eindimensional aufgebaut und zielen eher auf den dramaturgischen Nutzen als auf eine stimmige Charakterzeichnung. So wird etwa Svenja Jungs Verlegertochter in ihrer fast manisch dauergrinsenden Fröhlichkeit eher zu einem Störfaktor als zu einer Bereicherung der Serie.

Souverän recherchierte und unterhaltsame Zeitgeschichte

Dass die Serie beziehungsweise die Redaktion in Hamburg angesiedelt ist, ist alternativlos. So war die Hansestadt an der Elbe doch zu der Zeit der Medienstandort Nummer eins in der Republik. So gerne ich in Hamburg lebe und mich immer wieder freue, wenn die Stadt als Schauplatz dient, wie etwa in „Most Wanted Man“, so unvermeidbar scheinen örtliche Klischees jener Jahre zu sein. Selbstverständlich geht es im Lauf der Serie auch auf den Kietz, vor allem da auch Prostitution auf der journalistischen Agenda der ambitionierten Heldin steht.

Daneben aber haben die Autoren Eva und Volker Zahn („Die Kommissarin“, „Friedemann Brix“,), erfahrene Serienautoren, auch popkulturelle Ereignisse in die Serie eingearbeitet. Beispielsweise der legendären Lesung des amerikanischen Suff-Poeten Charles Bukowski. In der entsprechenden Folge bekleckert sich der chauvinistische Kulturredakteur nicht eben mit Ruhm.

Im Großen und Ganzen ist „Zarah – Wilde Jahre“ recht unterhaltsam ausgefallen. Allerdings wird etliche Last auf den schmalen Schultern der Hauptfigur abgeladen. Es hatte der Glaubwürdigkeit der Serie gut getan, wenn sich die Probleme der damaligen Welt sich auch an anderen Figuren kristallisiert hätten und nicht im Alleingang in der Person der wackeren, emanzipierten Journalistin ihren Ausdruck finden.

Im Prinzip geht es der ZDF-Serie „Zarah – Wilde Jahre“ wie der Illustrierten „Relevant“, von der die Serie erzählt: ‚n büschen mehr Ernsthaftigkeit und ‚n büschen weniger Boulevard, dann haut‘s auch hin“.

Serien-Wertung:6 out of 10 stars (6 / 10)

Zarah – wilde Jahre – Staffel 1
Genre: TV-Serie, Drama, Zeitgeschichte,
Länge: 270 Minuten (6 x45 Min.), D, 2017
Regie: Richard Huber
Idee und Drehbuch: Eva und Volker Zahn,
Darsteller: Claudia Eisinger, Torben liebrecht, Svenja Jung,
FSK. Ab 12 Jahren
Vertrieb: Edel:Motion, ZDF Enterprises
DVD-VÖ: 26,10.2017

Episodenliste: 1. Tiel & Titten, 2. Deutschlands grausamste Emanze, 3. Ich habe auf sein Grab gepinkelt, 4. Ein Festival der Liebe, 5. Ballern und bumsen, 6. Papi ist der Beste!

Zarah beim ZDF