Cleverman – Staffel 1: Ausgetretene Traumpfade

TV-Serien boomen nicht nur bei uns, sondern weltweit. Bisweilen schafft es auch einmal ein Format aus Australien auf unsere Bildschirme. Mit der düsteren Sci-Fi-Serie „Cleverman“ die bei ZDFNeo ausgestrahlt wurde und nun bei Studio Hamburg Entertainment für das Home Entertainment auf DVD und Blu-ray veröffentlicht wurde, hat man sich Down Under zumindest an ein spannendes Thema getraut, die Mythologie der Ureinwohner.

Irgendwann in naher Zukunft tauchten in Australien menschenähnliche Kreaturen aus den Geschichten der Ureinwohner auf. Die ziemlich felligen Menschenwesen sind zwar deutlich kräftiger als die Menschen, aber das behaarte Aussehen hat viele Leute abgeschreckt, weshalb die Hairiepeople – kurz Hairies – in Ghettos gesteckt wurden und dort unter schlechten Lebensbedingungen aus der Gesellschaft ausgeschlossen wurden.

Einige der Nachfahren von Ureinwohnern kümmern sich darum, die Lebensbedingungen im Ghetto zu verbessern. So beispielsweise Waruu West (Rob Wollins) der Neffe des derzeitigen spirituellen Führers der Aborigines , dem Cleverman. Waruu verfolgt aber nicht nur selbstlose Absichten, sondern ist auch ganz konkret auf seinen Vorteil bedacht. In der Hoffnung der Nachfolger des Clevermans zu werden, hat sich Waruu auf ein ominöses Geschäft mit dem Medienmogul Jarod Slade (Iain Glen) eingelassen. Der hat Verbindungen in die Politik und verfolgt eine ganz eigene Agenda. Seine Frau, die Ärztin Charlotte Cleary (Frances O’Connor) arbeitet im Ghettokrankenhaus aber privat klappt es nicht mit dem eigenen Nachwuchs.

Als der Cleverman dann ein Wesen aus einer anderen Welt auf den Plan ruft, besucht er kurz darauf seinen anderen Neffen, Koen, der ist Waruus Halbbruder und hat mit der spirituellen Welt der Ureinwohner so gar nichts am Hut. Ganz im Gegenteil, um als Bar-Betreiber über die Runden zu kommen hat er eine Hairie-Familie, die aus dem Ghetto abhauen wollte an die Containment Authority verraten. Bei der Festnahme wurde ein junges Hairy-Mädchen getötet und die Familie auseinandergerissen. Ausgerechnet Koen soll nun der nächste Cleverman sein?

Die Geschichte, die sich durch die von Ryan Griffen und fünf anderen Story-Schreibern erdachte Serie zeiht, hat definitiv Potential. Nicht nur in Europa mag man mit der Mythologie der Aborigines wenig vertraut sein. Nicht umsonst hat Australien ein sehr gespaltenes Verhältnis zu sienen Ureinwohnern (Aborigines heißt nichts anderes als „Ureinwohner“), die über Jahrzehnte diskriminiert, ausgegrenzt und umerzogen worden. Diverse Filme erzählen auch davon.

Wie dem auch sein, das Buch „Traumpfade“ des britischen Reiseschriftstellers Bruce Chatwin, mag, nicht nur literarisch, die wohl bekannteste Beschäftigung mit der Lebensweise der Aborigines sein. Für deren spirituelle Welt ist die Traumzeit von wesentlicher Bedeutung und im Grunde gibt es bei den australischen Ureinwohnern ein anderes Verständnis von Zeit, Gegenwärtigkeit und Vergangenheit. Aber das würde an dieser Stelle zu weit führen und ist für das Verständnis der Science-Fiction-Serie nicht von Belang.

Die Sechs Folgen der ersten Staffel von „Cleverman“ sind dramaturgisch in gewisser Weise als Familiendrama aufgebaut, in dem es schwerpunktmäßig um den Bruderzwist geht, ein weiterer Handlungsstrang verfolgt die Machenschaften des Medienmoguls und dann wird das ganze durch di unterschiedlichen Schicksale der festgenommenen Hairy-Familie angereichert. Inhaltlich haut das Konzept hin.

Leider sind die Schauwerte nicht sonderlich überzeugend. Das Budget des australischen TV-Formats mag nicht sonderlich groß gewesen sein und für Effekte war kaum Geld vorhanden. Das muss nicht nachteilig sein, wenn das düstere Szenario, das nahe an unserer Realität ist souverän ungesetzt wird. Das ist in „Cleverman“ der Fall. Auch die Charaktere sind sorgfältig, wenn auch zum Teil etwas klischeebesetzt ausgeführt und werden von der gut aufspielenden Besetzung überzeugend umgesetzt.

Das Manko der australischen Sci-Fi-Serie „Cleverman“ ist allerdings das sehr betuliche Erzähltempo. Bisweilen hat man das Gefühl, die Autoren müssten die Dialoge auswalzen, weil das Budget für zusätzliche Action-Sequenzen fehlt. Dabei ist in der Serie durchaus ein solides Thriller-Element vorhanden, dass man mit etwas mehr Suspense hätte ausarbeiten können. Auch werden einige Aspekte des Themas Ghettoisierung und Diskriminierung nicht sonderlich behutsam aufgearbeitet, aber das mag eventuell noch kommen, denn im Sommer 12017 wurde down under bereits die zweite Staffel von „Cleverman“ ausgestrahlt. Etwas spezifischer hätte man auf die Welt der eingeborenen schon eingehen könne, denn eben das ist ja das alleinstellungsmerkmal der Serie. Bisweilen wirken die Konflikte allerdings austauschbar und schematisch.

Thematisch ist die australische Sci-Fi-Serie eine willkommene Abwechslung in Fantasy- und Sci-fi-Serien-Dschungel. Nicht alle Aspekte der Serie funktionieren reibungslos, aber man bekommt ein Gespür davon, was mit etwas mehr Budget und Aufwand möglich gewesen wäre.

Serien-Wertung:6 out of 10 stars (6 / 10)

Cleverman – Staffel 1
OT: Clevermann Season 1
Genre: TV-Serie, Fantasy, Thriller, Drama
Länge: 288 Minuten (6 x 48 Min.), AUS, 2016
Idee: Ryan Griffen et al.
Regie: Wayne Blair, Leah Purcell,
Darsteller: Hunter Page-Lochard, Rob Collins, Deborah Mailman, Iain Glen, Frances O‘Conn0r
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Studio Hamburg Entertainment
DVD- & BD_VÖ: 06.10.2017