What the Health: Sich gesund essen

Wenn sich amerikanische Dokumentarfilmer mit der Gesundheits-und Nahrungsmittelindustrie beschäftigen, ist das keineswegs eine Sache, die nur die USA betrifft. Heute agieren Konzerne global und man darf mit einiger Wahrscheinlichkeit annehmen, dass die Methoden der wirtschaftlichen und politischen Einflussnahme weltweit ähnlich sind. Die Macher der Nachhaltigkeits-Doku „Cowspiracy“ haben nun ein weiteres Thema entdeckt, zu dem die Öffentlichkeit aufgeklärt werden sollte. In „What The Health“ untersuchen die beiden Filmmacher Kip Andersen, Keegan Kuhn wie in den USA mit sogenannten Zivilisationskrankheiten wie Diabetes und Bluthochdruck umgegangen wird.

Kip Anderson stellt sich wie schon in „Cowspiracy: The Sustainability Secret“ als Co-Regisseur vor die Kamera und führt den Zuschauer durch eine erstaunliche Recherche-Reise, die bei der eigenen Sorge um die Gesundheit ansetzt und dann bei vermeindlich gemeinnützigen Gesundheitsorganisationen nachzufragen beginnt. Es mag einen auch verwundern, wenn man sich mit medizinischen Studien zu den Themen Diabetes, Demenz, Asthma, Bluthochdruck, Übergewicht und Krebs beschäftigt, dass die scheinbar gemeinnützigen amerikanischen Beratungsinstitutionen bei ihren Ernährungsempfehlungen für die Patienten eben solche Lebensmittel empfehlen, die laut WHO und anderen Studien im erheblichen Verdacht stehen, eben jene Krankheiten hervorzurufen. Namentlich geht es dabei um industriell verarbeitete Lebensmittel, vor allem Fleisch, Eier und Milchprodukte. (Also im Grunde all das, was schon in „Cowspiracy“ thematisiert wurde, allerdings nun mit einem Schwerpunkt auf der Gesundheit.)

Wie schon in „Cowspiracy“ telefoniert Kip Anderson dem scheinbaren Widerspruch hinterher, bekommt so gut wie nie eine kompetente Auskunft und wird meistens abgewimmelt. Der Hintergrund ist der, dass fast alle gesundheitlichen Beratungsinstitutionen in den USA von der Industrie gesponsort werden. Vereinfacht gesagt, legt die Doku den Verdacht nahe, die Lebensmittelkonzerne würden die Beratungsinstitute für entsprechende Ernährungstipps ordentlich finanziell unterstützen. Und so hat sich ein System entwickelt, in dem fast niemand öffentlich reden will – schon gar nicht darüber, ob Lebensmittel schädlich sind.

Es gehört ein bisschen zu dieser Art von Dokumentarfilm, dass hier skandalisiert wird, spektakulär und plakativ dargestellt. (Bitte nicht falsch verstehen: Das Sponsoring und Lobbying der Industrien ist skandalös.) Einige Anfragen der Filmmacher wirken dann aber auch etwas aufgesetzt. Nichts desto trotz die Botschaft ist wichtig und bleibt es auch.

Und es gibt auch andere Experten: Mediziner, Wissenschaftler und Ökologen und Aktivisten, die mit Aufklärung gegen diese systemische Misswirtschaft von Pharmakonzernen, Lebensmittelindustrie und Gesundheitorganisationen angehen. Und diese propagieren eine pflanzliche Ernährungsweise. Hier wird zwar nicht explizit von Veganismus geredet, aber darauf läuft hinaus, was die Experten an Erkenntnissen fundiert darlegen.

Das alles sind wichtige und wertvolle Anregungen, die auch für Zuschauer außerhalb der USA brauchbar sind und Argumente für eine Umstellung von Ernährung und Lebensweise liefern. Allerdings, neu ist das alles nicht und bereits Morgan Spurlocks Ernährungsdoku „Supersize Me“ hat 2004 das Thema beackert. Seitdem treten häufig dieselben Experten, die vegane Ernährung propagieren, in diversen Dokus auf. Neal Barnard beispielsweise wird in „Supersize Me“ ebenso konsultiert wie in „Forks over Knifes“ und „A Delicate Balance“. In beiden Dokus kommt übrigens auch Caldwell Esseltyne Jr. zu Wort. Michael Klaper wiederum hat seine Erkenntnisse bereits in „Cowspiracy“ dargelegt.

Das Thema Gesundheit durch Ernährung wird dann auch mit persönlichen Beispielen untermalt: So treffen die Filmmacher drei Patienten, die an Übergewicht, Asthma und Diabetes leiden, und auch Hochleistungsathlethen, die sich ausschließlich vegan ernähren. Die Patienten, die kurz vorgestellt werden, wurden von den behandelnden Medizinern auf eine ganze Reihe von Medikamenten gesetzt und mit der Perspektive abgespeist, diese nun lebenslang einnehmen zu müssen. Schließlich machen die drei den Selbstversuch und stellen ihre Ernährung um: Nach zwei Wochen sind die Erfolge messbar, der Gesundheitszustand ist erheblich besser und die Medikamente können reduziert und später ganz weggelassen werden.

In europäischen Ländern ist man mit gesundheitlichen Expertisen etwas weniger forsch als in den USA, dort mag man nicht nur den Salat knackig, sondern auch die Thesen. Sicherlich kann man mit seiner Ernährung die Gesundheit beeinflussen. Schon Hippokrates wusste, dass „Nahrungsmittel Heil-, und Heilmittel Nahrungsmittel sein sollten“. Einige Symptome und Zivilisationskrankheiten lassen sich auch belegbar kurieren, aber Wunderdinge sollte der Zuschauer nun nicht immer erwarten. Gerade die vermeintlichen AdHoc-Erfolge der Patienten in „What The Health“ könnten da ein falsches Beispiel geben. Also bitte nicht, ohne gründliche Information zuhause ausprobieren!

In der Machart ihrer Aufklärungs- und Enthüllungsdoku bleiben Kip Andersen und Keegan Kuhn dem Erfolgrezept von „Cowspiracy“ treu und präsentieren haufenweise Experten und Fakten. Neu ist vieles davon einem bewussten Konsumenten, der auf seine Ernährung achtet, nicht, aber die Infofülle ist beachtlich. Der Tenor, dass eine pflanzenbasierte Ernährungsweise wesentlich gesünder ist als eine, die auf Fleisch und Milchprodukten beruht, ist keine neue Erkenntnis. Die Einflussnahme der entsprechenden Wirtschaftszweige in das amerikanische Gesundheitssystem darf einem schon zu denken geben.

Film-Wertung:7 out of 10 stars (7 / 10)

What the Health: Warum Konzerne uns krank machen und warum niemand was dagegen unternimmt.
OT: What the Health
Länge: 88 Minuten, USA, 2017
Regie: Kip Andersen, Keegan Kuhn
Mitwirkende: Kip Andersen, Neil Barnard, Garth Davis, Michael Klaper u. a.
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Polyband
DVD-VÖ: 29.09.2017

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