Silver Surfer – Requiem

Mit dem kosmischen Herold „Silver Surfer“ schufen Stan Lee und Jack Kirby mehr als nur einen Comic-Charakter in der Serie „Die Fantastischen Vier“. Im Laufe der Jahre wurde der Surfer zu einer Art Ikone der Pop-Kultur. 2007 schickten Autor J. Michael Straczynski und Zeichner Esad Ribic den Silver Surfer auf seine letzte Reise. Nun hat Panini die Graphic Novel, die vier US-Heftausgaben umfasst, erneut auf Deutsch heraus gebracht, nachdem die Hardcover-Ausgabe von 2008 längst vergriffen ist.

Vielleicht ist nicht jeder neue Comic-Fan mit der Geschichte des Silver Surfer vertraut, daher eine kurze Einführung: Galactus, der sich von Planeten ernährt, hat einst den Heimatplaneten Zenn-La des Silver Surfer bedroht und wollte ihn vernichten. Das Individuum Norrin Radd bot Galactus seine Dienste bei der Suche nach anderen Welten an, um seine eigene zu retten. Daraufhin wurde der Surfer mit kosmischer Kraft ausgestattet und mit einer unzerstörbaren Körperhülle überzogen.

Doch als der Silver Surfer und Galactus in der US-Ausgabe 48 der „Fantastischen Vier“ 1966 die Erde erreichen, gelingt es den Fantastischen Vier den Weltenverschlinger und seinen Herold zu überzeugen, die Erde zu verschonen. Daraufhin erhält der Surfer Teile seiner Erinnerung zurück und erfährt auch wieder emotionale Anteilnahme.

Im Laufe seiner Comic-Historie hatte der Silver Surfer diverse eigene Serien, die meistens nicht sonderlich lange liefen, und unzählige Gastauftritte in dem Serien anderer Marvel-Helden. Doch der einsame kosmische Wanderer auf seinem Surfbrett inspirierte auch außerhalb des Marvel-Universums. 1988 zeichnete der große französische Comic-Künstler Jean Giraud („Leutant Blueberry“, „John Difol“-Saga), besser bekannt als Moebius, eine Silver-Surfer-Geschichte, die in zwei US-Heften veröffentlicht wurde und der Figur eine ganz ander geartete philosophische Tiefe verleiht. Nicht wenigen Fans gilt Moebius „Silver Surfer“ als einer der besten Marvel Comics aller Zeiten.

Aber das „Requiem“ von Straczynski und Ribic ist ähnlich legendär. Die Story an sich ist schon erstaunlich, doch der Tod eines Helden hat immer die epische Dimension einer bahnbrechenden Veränderung. Losgelöst von jeglicher Chronologie im Marvel Superhelden-Kosmos erzählt „Requiem“ davon, dass sich die Hülle des Silver Surfers schließlich doch zersetzt und vom Körper Norrin Radds seinen Tribut fordert. Und so macht sich der Surfer auf der Erde an eine Abschiedsrunde, bei der er alte Freunde besucht und ihnen einen letzten Gefallen tut. Dann reist der Silver Surfer endgültig zurück auf seinem Heimatplaneten.

Es ist nicht nur die epische Geschichte, die diese Graphic Novel in der Superhelden-Historie so herausragend macht, sondern – und darin ähnelt das „Requiem“ ebenfalls der Moebius Story, das großartige und unverwechselbare Artwork. In diesem Fall vom kroatischen Zeichner und Illustrator Esad Ribic. Demnächst erscheint bei Panini auch der von Ribic illustrierte „Loki“-Band von 2004 und zur Zeit bebildert Ribic einem Band der Metabarone von Alexandro Jodorowsky („Die Sohne von El Topo“), mit dem auch Moebius an „John Difol“ zusammenarbeitete.

Anders als viele Comic-Zeicher verzichtet Ribic in seinen fertig getuschten Panes auf feste und mit schwarzer Linie umrissene Konturen. Daher haben seine Bilder eine ganz eigene Anmutung, die auch an klassische Gemälde erinnert. Ähnlich, aber dann doch wieder sehr unterschiedlich, geht auch Mark Texeira in „Punisher: In Space“ vor. Ribic weiß die Seiten zu nutzen und den Silver Surfer in sehr ikonenhaften Posen zu inszenieren. Dazu sind die Sprechblasen, die zumeist Gedanken des Surfers wiedergeben, oft in die Dynamik der Bewegung eingebunden und sorgen so für eine sehr gravitätische Anmutung.

Mit „Silver Surfer: Requiem“ ist Autor J. Michael Straczynski und Illustrator Esad Ribic ein zeitloser Klassiker des Superheldencomics gelungen, der wahrhaft kosmische Kräfte versprüht. Eine absolut notwendige Neuauflage.

Comic-wertung: 9 out of 10 stars (9 / 10)

Silver Surfer – Requiem
OT: Silver Surfer: Requiem 1-4, Marvel Comics, 2007
Autor: J. Michael Straczynski
Zeichner & Kolorist: Esad Ribic
Übersetzung: Reinhard Schweitzer
Verlag: Panini Comics, Softcover, 108 Seiten
VÖ: 26.09.2017

„Silver Surfer: Requiem“ bei Panini comics