Conny Plank – The Potential of Noise: Wolperath rockt

In der Popwelt sind es normaler Weise die Stars, die im Rampenlicht stehen. Toningenieure und Produzenten bleiben meistens im Hintergrund und nur wer sich ernsthaft mit Sounds auseinandersetzt, nimmt die Namen bei den Credits überhaupt wahr. Der 1987 verstorbene deutsche Produzent Conny Plank gehörte über fast zwei Jahrzehnte zu den einflussreichsten Musikproduzenten der europäischen Produzenten. In der Doku „Conny Plank – The Potential of Noise“ begibt sich Planks Sohn Stephan auf Spurensuche und trifft etliche Weggefährten seines Vaters.

Als der deutsche Musikproduzent Conny Plank 1987 im Alter von 47 Jahren an Krebs stirbt, ist sein Sohn Stephan gerade einmal dreizehn Jahre alt. Jahrzehnte später ist Stephan selbst Familienvater und nähert sich zusammen mit Co-Regisseur Reto Carduff („Charlie Haden“,“Krokus: As Long As We Live“) der Erinnerung an seinen Vater und dessen musikalische Hinterlassenschaft. Stephan Plank trifft Musiker, die mit seinem Vater Alben aufgenommen haben. Die Palette der Künstler reicht dabei von Krautrockern Neu! und den frühen Kraftwerk über die ersten Schritte der Scorpions bis hin zu DAF, Ultravox und den Eurythmics. Nicht alles hat einen musikalischen Fußabdruck hinterlassen, das Protorap-Duo „Whodini“ kennt heute kaum ein Popinteressierter mehr.

Im Wesentlichen ordnet die biografische Doku die Begegnungen von Stephan mit den Musikern so an, wie es die Chronologie der Produktionen vorgibt. Dabei kommen neben den vielen Talking Heads auch immer einige Fotos und Filmaufnahmen aus dem Archiv zum Einsatz. Gerade weil „Krautrock“ ein erfolgreiches internationales Phänomen war, und es seinerzeit gegen Ende der 1960er in Deutschland gerade einmal zwei ernstzunehmende Produzenten für neue und experimentellere Musik gab, gibt es doch einiges an Filmmaterial, auf dem Conny Plank zu sehen ist.

In Stefan Morawietz Krautrock-Doku „Roboter Essen kein Sauerkraut“ von 2008 werden Dieter Dierks und eben Conny Plank als die beiden einflussreichsten deutschen Produzenten genannt. Seinerzeit führte an den beiden kein Weg vorbei, wen man neue Musik aufnehmen wollte. In „The Potential of Noise“ macht Dave Stewart von den Eurythmics dem deutschen Toningenieur Conny Plank vielleicht das größte Kompliment überhaupt, indem er dessen ländliches und familiäres Studio in Wolperath , in der Nähe von Köln, zu einer Handvoll der einflussreichsten Orte der Popgeschichte dazuzählt.

Der familiäre Ansatz des Regisseur Stephan Plank ist biografisch verständlich und hätte auch in eine andere wesentlich psychologischere Spurensuche führen können, aber so bleiben die Aspekte der Vater-Sohn-Beziehung ziemlich im Hintergrund und es geht eher um die musikalische Herangehensweise des Vaters bei dessen Musikproduktionen.

Der Tenor aller Musiker, die im Film zu Wort kommen, ist, dass sich Conny Plank so gut wie nie in die kreative Seite des musikalischen Prozesses eingemischt habe, sondern die Musiker machen ließ. Aber Plank habe ein nahezu perfektes Gespür dafür gehabt, wann ein Song fertig war und wie sich die klanglichen Elemente – abhängig von der musikalischen Vision der Künstler –zueinander verhalten sollten. Der umfangreiche Katalog von Planks Produktionen legt davon Zeugnis ab und so macht die Möglichkeit subjektiv neue und unbekannte Musik zu entdecken, auch einen großen Teil des Reizes dieser Doku aus.

Heute gilt Conny Plank als Musikpionier der elektronischen Sounds. Immer auf der Suche nach neuen und interessanten Sounds und darin dem legendären DJ John Peel gar nicht so unähnlich. Die sehenswerte Doku „Conny Plank – The Potential of Noise“ lebt vom persönlichen Zugang des Sohnes, würdigt aber das Andenken an den Vater.

Film-Wertung:8 out of 10 stars (8 / 10)

Conny Plank – The Potential of Noise
Genre: Documentarfilm, Musik, Biographie
Länge: 92 Minuten, D, 2017
Regie: Stephan Plank, Reto Caduff
Mitwirkende: Conny Plank, Dave Stewart, Michael Rother, DAF, Gianna Nannini
FSK: ohne Altersbeschränkung
Vertrieb: Edition Salzgeber
Kinostart: 28.09.2017

Conny Plank bei Wikipedia
Offizielle Film-Webseite

„Conny Plank – The Potential of Sound“ ist auch auf dem Hamburger „Unerhört“-Musikfilm-Festival 2017 zu sehen.