Mario Bava Collection IV – Baron Blood: Schrei für mich, Elke!

Mit dem 1972 erschienenen Horror-Film “Baron Blood” setzt Koch Film die Reihe von Mario Bava Filmen fort, die in der sehr gut editierten Sammerledition herauskommen. Auf den ersten Eindruck wirkt die Story um einen wiederauferstandenen sadistischen Adeligen weniger gruselig als vielmehr auch ein bisschen lustig. Und definitiv zählt „Baron Blood“, der zwar in Österreich spielt, seinerzeit aber ausgerechnet in Deutschland und Österreich nicht in die Kinos kam, nicht zu Mario Bavas herausragenden und einflussreichsten Werken, aber einen gewissen Charme versprüht der Blutbaron noch heute.

Der Amerikaner Peter von Kleist (Antonio Cantafora) besucht den alten Sitz seines Vorfahren Otto von Kleist in Österreich. Dort trifft er die attraktive blonde Historikerin Eva Arnold (Elke Sommer), die im Schloss arbeitet. Aber dauert nicht lange, bis sich seltsame Dinge ereignen und Menschen verschwinden. Dann taucht bei einer Auktion ein mysteriöser Sammler im Rollstuhl (Joseph Cotton) auf, der sich als Alfred Becker vorstellt und sich in der Geschichte der alten Burg erstaunlich gut auskennt. Wie sich herausstellt ist Becker tatsächlich Peters sadistischer Vorfahre, der durch das Blut anderer wieder zum Leben erwacht ist.

Der italienische Regisseur Mario Bava, der eigentlich Kameramann war und irgendwie als Notlösung überhaupt zum Filmmacher wurde, hatte mit seinem in Schwarzweiß gedrehten Debut „Die Stunde, wenn Dracula kommt“ (1960) gleich einen Klassiker geschaffen. Das ist zwar nicht Bavas erste Regiearbeit, aber neben einigen Dokus die erste, in der er auch als Regisseur genannt wird. Später drehte Bava dann 1964 den Thriller „Blutige Seide“ der als einer der Grundsteine des Giallo-Genres gilt und mit „In Blutrausch des Satans“ (1971) einen einflussreichen Vorläufer des amerikanischen Slasher-Films. Bavas Einfluss auf den späteren Genrefilm ist also nicht von der Hand zu weisen.

Der Gruselfilm „Baron Blood“ kann mit den Meisterwerken Bavas zwar nicht mithalten, hat aber durchaus Sehenswertes zu bieten. Das sind nicht nur die feinen Locations, die Bava zu nutzen weiß, um mit Licht- und Schatteneffekten eine klassische Horror-Stimmung aufzubauen, das ist auch der angedeutete Humor, der nicht nur aus der jetzigen Retrospektive funktioniert, sondern vom Regisseur teilweise auch beabsichtigt war. Und nicht zuletzt ist das das seltene Spektakel Elke Sommer, die seinerzeit in den USA ein ziemlicher Star war, erstmals in einem Horrorfilm als „Scream Queen“ zu erleben. Direkt im Anschluss hat sie zwar in „Lisa und der Teufel“ (1973) (ebenfalls in der Koch Sammerledition erschienen) und „The House of Exorcism“ (1975) bei Mario Bava direkt weitergeschrien, aber „Baron Blood“ ist da eine Premiere.

Machen wir uns nichts vor, mit dieser klassischen Art von Horrorfilm kann man Zuschauer das Fürchten heutzutage nicht mehr lehren. Dazu sind die jüngeren Genrebeiträge mit ihren auf Shock und Überraschung ausgelegten Schnitten einfach technisch zu fortgeschritten. Dennoch hat „Baron Blood“ eine sehr überzeugende, charmant altmodische Stimmung. Die passt perfekt zum Setting in dem alten Gemäuer und den nächtlich nebeligen Gassen, durch die Eva vor der mysteriösen Gestalt mit dem Umhang fliehen muss.

Darstellerisch bleibt „Baron Blood“ einiges schuldig. Alles scheint auf Elke Sommer abgestimmt zu sein. Der italienische Darsteller Antonio Cantafora bleibt als junger Amerikaner ebenso blass wie Joseph Cotton („Der dritte Mann“) mit seinem diabolischen Overacting pomadig wirkt. Das mag auch mit zusammengewürfelten Drehbuch zu tun haben, das haufenweise Versatzstücken der Gruselliteratur, die man heute vielleicht Gothic Novels nennen würde, zusammenpanscht, ohne auf eine wirkliche Stringenz zu achten. Das Sammelsurium aus Motiven und Charakteren mag aber auch eine Hommage gewesen sein.

Die Mario Bava Collection ist auch bei „Baron Blood“ sehr gut ausgestattet, besteht aus einer Blu-ray und zwei DVDs. Neben der europäischen Version und der um ca 6 Minuten gekürzten US-Fassung gibt es auf den DVDs noch einige Extras. Der Audiokommentar von tim Lucas ist kenntnisreich und die drei Featurettes beinhalten aktuellere Interviews mit dem noch lebenden Beteiligten, eine nett zusammengestellte filmische Location-Tour und eine altere 15-minütige italienische Doku über „Baron Blood“ oder „Gli orrori del castello di Norimberga“ wie der Film auf Italienisch betitelt wurde.

Alles in Allem macht nicht nur die vorbildliche Ausstattung die Collector‘s Edition von „Baron Blood“ zu einer lohnenswerten Anschaffung. Nicht nur Mario Bava Fans können sich auf einen unterhaltsamen Gruselabend freuen.

Film-Wertung:7 out of 10 stars (7 / 10)

Mario Bava Collection IV – Baron Blood
OT: „Gli orrori del castello di Norimberga“
Genre: Horror,
Länge: 98 Minuten (euro-Fassung), 91 Minuten (US-Version)
Regie: Mario bava
Darsteller: Elke Sommer, Antonio Cantafora, Joseph Cotton,
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Koch Film
Kinostart: nicht in der BRD, 27.10.1972 (US)
DVD-VÖ: 22.06.2017