Song To Song: Fließen lassen

Von wegen verdienter Ruhestand. Der amerikanische Filmmacher Terrence Malick (74 Jahre alt) scheint im Alter erst so richtig aufzudrehen. Beinahe möchte man meinen, der Mann muss noch etwas loswerden, bevor ihm die Kraft ausgeht. Mit seinen jüngsten Werk „Song to Song“ widmet er sich oberflächlich der Musikszene, ebenso wie er in „Knight of Cups“ das Filmbusiness und in „To the Wonder“ die Kirche als Schauplatz seiner sehr eigenwillig erzählten Geschichten gewählt hat. Vielleicht kann oder soll man die drei Filme als Trilogie verstehen, aber das ist nur eine der vielen Fragen, die „Song to Song“ aufwirft.

Wer schon eine Begegnung mit einem neueren Werk von Terrence Malick hatte, weiß, dass Handlung in erzählerischen sinne nicht wirklich zu dem zählt, was der Filmmacher vermitteln will. Stets sind seine Charaktere irgendwo und machen irgendetwas, aber vor allem geht es um die Darstellung einer Art inneren Monologs, um den Figuren nahe zu kommen. Das hat eine ganz eigene filmische Ästhetik und im Grunde greift Malick ebenso wie sein Kameramann Emanuel Lubezki („Gravity“, „The Revenant“) dabei auf dieselben Stilmittel zurück, die auch schon das in Cannes mit der goldenen Palme ausgezeichnete Drama „Tree of Life“ ausgezeichnet haben.

In „Song to Song“ erfährt man die Namen der Figuren nicht,  die durchaus absichtlich als gewisse Stereotypen angelegt sind, aber immer auch genügend Individualität besitzen, um als Personen wahrgenommen zu werden. Der Zuschauer versteht, dass es irgendwie ums Musikbusiness geht, um Kreativität, Geschäft, Träume, Hoffnungen und Erfolg.

Die junge Songwriterin Faye (Rooney Mara) lernt in Austin, Texas, bei einem Musikfestival den erfolgreichen  und charismatischen Musikproduzenten Cook (Michael Fassbinder) kennen. Cook ist fasziniert von der jungen Musikerin und verspricht ihr erste Karriereschritte. Hier in Cooks Umfeld lernt Faye auch den ambitionierten Musiker BV (Ryan Gosling) kennen und zwischen beiden stellt sich eine Art Seelenverwandtschaft ein. Zwischen den beiden Männern und der Frau bildet sich ein seltsames Amalgam zwischen Erotik und Karriere. Bis Cook sich als der egozentrisch erfolgssüchtige Produzent zeigt, der er glaubt, sein zu müssen, um erfolgreich zu bleiben. Zudem wird Cooks kurze Aufmerksamkeitsspanne auch schon von seiner nächsten Entdeckung, der Kellnerin Rhonda (Natalie Portman) abgelenkt.

Erzählt wird das von Malick als frontal ansatzlose Konfrontation mit dem Seelenleben der Figuren. Diese reden zumeist aus dem Off auf das Publikum ein, als lägen sie beim Psychoanalytiker auf der Couch, erzählen, ja beichten, sie von ihren Befindlichkeiten und emotionalen Zuständen. Diese seltsame Diskrepanz zwischen Intimität und Fremdheit hat etwas von zufälligen Begegnungen im Zug, bei denen einem Wildfremde ihr Herz ausschütten. Und letztlich bringt es Faye auf den Punkt, als sie sich fragt, ob man sich nicht einfach treiben lassen könne. Einfach leben von einem Lied zum nächsten, so wie man beispielsweise auch ein Musikfestival genießt.

Es muss wohl dieses Lebensgefühl sein, dass Terence Malick in „Song to Song transportieren will. Dazu hat er auch hinter den Kulissen eines Musikfestivals in Austin gefilmt und einige namhafte Musiker spielen sich quasi selbst. So wie etwa Lykke Li, Patti Smith und andere. Überraschender Weise wird bei näherem Hinsehen daraus sogar so etwas wie eine Parabel auf das Musikbusiness, die sehr gut und detailliert hinter die Kulissen blickt.

Zudem gelingt es Terence Malick immer wieder namhafte und großartige Darsteller vor die Kamera zu holen, die der Zuschauer einfach ergebnisoffen bei ihren großteils improvisierten Szenen beobachten kann. In „Song to Song“ brillieren vor allem Michael Fassender (wann tut er das einmal nicht) und Rooney Mara, die erst vor kurzem mit ihrer Rolle als Una in („Una und Ray“) eine umwerfend intensive und schillernde Darstellung hingelegt hat.
Aber wie eingangs erwähnt, Terence Malick hat eine sehr eigene Art, Filme zu machen, darin kann man viele Aspekte des Lebens entdecken oder man findet dazu keinen Zugang und das esoterische Rauschen fließt an einem vorbei.

Sofern es im Leben um „Zusammenhangserlebnisse“ geht, ein Gefühl der Verbundenheit mit der Welt um einen herum, lohnt es sich die Schönheit der fließenden und flatternden Momentaufnahmen in „Song to Song“ zu entdecken.

Film-Wertung:7 out of 10 stars (7 / 10)

Song to Song    
OT: Song To Song
Länge: 129 Minuten, USA, 2016
Genre: Drama
Regisseur: Terrence Malick
Darsteller: Michael Fassbender, Rooney Mara, Ryan Gosling, Natalie Portman
FSK: Freigegeben ab 12 Jahren
Vertrieb:  Studiocanal
Kinostart: 25.05.2017